Jahresrückblick:Wie viele dürfen noch kommen?

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Gauting Aufbau der Containeranlage für Flüchtlinge beim Gautinger Verkehrskreisel nach Pentenried; Notbehausung für Flüchtlinge (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die Zahl der Geflüchteten im Landkreis Starnberg ist im Jahr 2023 weiter gestiegen. Die Kommunalpolitik rund um Landrat Stefan Frey stellt das vor enorme Herausforderungen, weshalb der CSU-Politiker den Druck auf den Bund erhöht.

Von Linus Freymark, Starnberg

Die Schlagzeile auf bild.de an jenem 26. Oktober ist gewohnt alarmistisch: "Zu wenig Platz für Flüchtlinge - Landrat spricht schon vom Beschlagnahmen" heißt es dort. Im Text erfährt man dann: Starnbergs Landrat Stefan Frey (CSU) will Liegenschaften aus Beständen des Bundes beschlagnahmen, um dort Geflüchtete unterzubringen, sofern Berlin die Flächen nicht freiwillig zur Verfügung stellt. Frey, wahrlich nicht als Hardliner unter den bayerischen Landräten berüchtigt, zündet damit die nächste Eskalationsstufe im Streit mit dem Bund.

Wie so gut jede Kommune in Deutschland ist auch der Landkreis Starnberg ohne Unterbrechung auf der Suche nach Unterkünften. Neue Kapazitäten kommen hinzu, bisherige brechen weg, so geht das eigentlich das ganze Jahr über. Aber weil es mit den Kasernen Pöcking und Feldafing Immobilien aus Bundesbeständen gibt, deren Freiflächen sich laut Frey gut für das Aufstellen von Containeranlagen eignen würden, ist der Kreis früh auf Kriegsfuß mit den Verantwortlichen in der Hauptstadt.

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Die Auseinandersetzung mit Berlin verfolgt Frey seit Jahresbeginn: Der Landrat hätte im Januar gerne auf Freiflächen rund um die Kasernen in Pöcking und Feldafing Container für Geflüchtete aufgestellt. Der Bund aber verweigert seine Zustimmung. Die Begründung: Der Kernauftrag der Bundeswehr, die Landes- und Bündnisverteidigung, dürfe nicht beeinträchtigt werden. "Die Auswirkungen auf die eigene Auftragserfüllung dürfen hier nicht außer Acht gelassen werden", erklärt eine Sprecherin des Territorialen Führungskommandos der Bundeswehr Ende Januar auf SZ-Anfrage. Frey hält dagegen, er fühlt sich von der Bundespolitik alleingelassen. "So kann man mit einer Krise nicht umgehen", erklärt er mit Blick nach Berlin.

Auch deshalb ist der Landkreis gezwungen, anderswo nach Plätzen für Containeranlagen zu suchen - und findet sie in Wörthsee, Tutzing und Feldafing. Als die Gemeinden über die Standorte beraten, kommt es zu hitzigen Debatten, mancherorts wehren sich Anwohner heftig gegen die avisierten Container in der Nähe ihrer Häuser. In Tutzing ist die Situation besonders verfahren: Die Gemeinde hatte Areale am stillgelegten Minigolfplatz und der Traubinger Straße im Visier. Gegen beide gab es jedoch Vorbehalte in der Kommunalpolitik und der Bevölkerung. Letztlich helfen die Klosterschwestern der Gemeinde aus der Patsche: Sie bieten ihre Klosterwiese an als Standort für Containeranlagen. 100 bis 150 Menschen können dort eine Bleibe finden. Allerdings sind die Container noch immer nicht installiert, laut Landrat Stefan Frey (CSU) dauert es wohl bis zum Frühjahr 2024, bis die ersten Menschen dort einziehen können.

Ansonsten verläuft die Unterbringung der Geflüchteten im Vergleich zu anderen Landkreisen einigermaßen geräuschlos. Aber auch in Starnberg merkt man die Folgen der seit Jahren andauernden Ausnahmesituation: Die für die Integration der Neuankömmlinge unabdingbaren Ehrenamtlichen sind allmählich am Ende ihrer Kräfte. Auch fehlt es an Deutschkursen. Und so ist es den Verantwortlichen zwar gelungen, die Geflüchteten unterzubringen, ohne dabei Freys oberste Prämisse über den Haufen zu werfen: Die Unterbringung in Turnhallen soll so lange wie möglich vermieden werden. Aber was wird aus den Geflüchteten, wenn sie länger in Deutschland bleiben? Für eine gelungene Integration braucht es mehr als ein paar Container und das Nötigste zum Leben. Auch deshalb - und wohl auch wegen der Landtagswahl - werden die Rufe nach einer Begrenzung der Zuwanderung im Herbst lauter. "Irgendwo muss mal eine Grenze sein", erklärt Landrat Frey Anfang Oktober. "Wir können nicht ständig weitere Unterkünfte aus dem Boden stampfen."

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