Nachlass:Schnell noch das halbe Haus verschenken

Lesezeit: 2 min

Teure Immobilien wie diese Seevilla gibt es im Fünfseenland reichlich. (Foto: Nila Thiel)

Weil sich die Regelungen für die Erbschaftssteuer zum Jahreswechsel ändern, sind Notare gerade im Dauerstress. Was Michael Volmer aus Starnberg Immobilienbesitzern empfiehlt.

Von Carolin Fries, Starnberg

Michael Volmer sagt, er würde immer schneller. 20 DIN A4-Seiten Überlassungsvertrag vorlesen, das schafft der 53-Jährige inzwischen in knapp 20 Minuten. Der Notar aus Starnberg ist seit Wochen ausgebucht und gnadenlos durchgetaktet mit Terminen - und zwar von morgens um acht bis abends um sieben. Viele Starnberger wollen ihren Nachlass noch in diesem Jahr regeln und Immobilien zumindest teilweise ihren Nachkommen übertragen. Denn zum Jahreswechsel ändern sich die Regeln für die Erbschaftssteuer. Experten gehen davon aus, dass Erbschaften von Häusern und Wohnungen künftig um 20 bis 30 Prozent teurer werden.

Eine Nachricht, die erst im November durchsickerte und viele Menschen im Fünfseenland nervös machte - schließlich gehören die Menschen in Starnberg zu den reichsten der Republik. Und Volmer, der hier seit elf Jahren sein Büro hat, weiß: "Der Trieb zum Steuersparen ist in Deutschland mindestens so ausgeprägt wie der Sexualtrieb."

Die geplante "Anpassung der Vorschriften der Grundbesitzbewertung" bedeutet, dass sich die Steuern künftig - vereinfacht gesagt - stärker am Wert der Immobilie orientieren und damit um ein Vielfaches steigen können. Vor allem in boomenden Regionen, in denen die Immobilienpreise seit 2009 - aus diesem Jahr stammen die aktuell noch geltenden Werte - explodiert sind. Im Fünfseenland ist der Verkehrswert etwa für Ein- oder Zweifamilienhäuser in den vergangenen 13 Jahren massiv gestiegen. Laut Marktbericht des Immobilienverbands Deutschland (IVD) aus dem Sommer dieses Jahres müssen Interessenten im Schnitt zwei Millionen Euro für ein freistehendes Einfamilienhaus aufbringen.

Wird so eine Immobilie vererbt, fallen entsprechend Erbschaftssteuern an. Dabei gilt ebenfalls seit 2009 ein unveränderter Freibetrag von 500 000 Euro bei Ehepartnern und 400 000 Euro bei Kindern. Bei den Werten der Immobilien im Fünfseenland reichen diese Freibeträge in der Regel nicht aus, um steuerfrei zu vererben. Mitunter ist das Erbe und entsprechend die Erbschaftssteuer so hoch, dass Eltern Sorge haben, dass ihre Kinder die Erbschaftssteuer nur mit einer Kreditaufnahme zahlen können. Deshalb übertragen sie Anteile ihrer Immobilien bereits zu Lebzeiten - alle zehn Jahre ist eine Überlassung in Höhe des steuerfreien Betrags möglich.

Der Notar rät, den Nachlass bereits mit Anfang 60 zu regeln

"Es rufen wahnsinnig viele Leute an, die wissen sollen, was sie machen sollen", sagt Volmer. Sein Büro berät grundsätzlich jeden, solange keine zusätzliche Kalkulation eines Steuerberaters benötigt wird. Was Volmer feststellt: Viele Familien haben Pläne in den Schubladen, die sie nun herausholen und schnell noch umsetzen wollen. Grundsätzlich eine gute Idee, findet Volmer. Doch seien viele Immobilienbesitzer, die sich an ihn wenden, schon über 70 oder 80 Jahre alt. Volmer spricht in diesen Fällen vom klassischen "Vermeidungstyp": Eine Überlassung soll helfen, die Steuerlast der Kinder zu reduzieren. Er empfiehlt jedoch, sich bereits mit 60 Jahren Gedanken über die Weitergabe des Besitzes zu machen. "Das passt zeitlich gut mit der Planung des eigenen Renteneintritts zusammen", erklärt Volmer.

Meist sei dann noch genug Zeit, Gespräche mit den Kindern zu führen und entscheidende Dinge zu klären. Denn das gibt es nicht selten: Dass familienintern kein Übereinkommen herrscht, wer einmal was erben soll. In solchen Fällen rät Volmer von überhasteten Überlassungen ab. "Wer noch Klärungsbedarf hat, sollte in Ruhe eine Lösung suchen."

Im 30-Minuten-Takt haben er und sein Kollege Nikolaus Klöcker in den vergangenen Wochen Überlassungen beurkundet. Zum Jahresende habe sich eine regelrechte Welle aufgebaut. "Eine längere Vorlaufzeit wäre besser gewesen", meint Volmer. Doch die Pläne der Regierung wurden erst Mitte Oktober veröffentlicht. So sind er und seine Kollegen nun einfach nur froh, wenn das neue Jahr startet - mit ein wenig mehr Ruhe und weniger Terminen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusMacaron-Backkurs
:Ein Gebäck, das Demut verlangt

Nur wenige trauen sich zu, die empfindlichen Mandelbaiser selbst zu backen. In einem Kurs lernen Hobbybäcker, warum sie nicht vergessen dürfen, das Blech heftig auf den Tisch zu schlagen.

Von Carolin Fries und Nila Thiel

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: