Starnberg:Bürgermeisterin droht Stadträten

Lesezeit: 2 min

Eva John kündigt Ordnungsgelder an, sollten die Mitgliedern des Bauausschusses keine schriftliche Entschuldigung für ihr Zuspätkommen vorweisen können.

Von Peter Haacke, Starnberg

Die Sitzung des Starnberger Stadtrats am Montag dürfte als eine der denkwürdigsten Veranstaltungen in die Geschichte dieses politischen Gremiums eingehen: Bürgermeister Eva John verlangt von acht Mitgliedern des Bauausschusses, die am Donnerstag aus verschiedensten Gründen entschuldigt erst um 18 Uhr zur Sitzung erschienen waren, bis 2. Februar eine triftige schriftliche Begründung für ihr Fehlen. Die Forderung betrifft auch die jeweiligen Stellvertreter. Andernfalls will John - wie in der Bayerischen Gemeindeordnung vorgesehen - ein Ordnungsgeld von bis zu 250 Euro verhängen lassen. Zudem sollen sich Ludwig Jägerhuber (CSU), der am Donnerstag das Wort "Dummschwätzer" benutzt hatte, und Patrick Janick (UWG) für das Wort "Schmierentheater" öffentlich entschuldigen.

Dass es im Stadtrat nicht immer herzlich zugeht, ist ein offenes Geheimnis. Die Spannung der vorhergehenden Sitzung über fast viereinhalb Stunden entlud sich gegen 23 Uhr wieder einmal beim letzten Punkt der Tagesordnung. Diesmal jedoch blieb es der Bürgermeisterin vorbehalten, sich ausführlich unter "Bekanntgaben/Verschiedenes" zu äußern.

Nach allgemeinem Hinweis auf die Bayerische Gemeindeordnung erinnerte John die Stadträte zunächst an die Pflicht zur Sitzungs- und Abstimmungsteilnahme, ehe sie auf den eigentlichen Kern der Angelegenheit kam: Das Fehlen der Stadträte von CSU, UWG, SPD, BLS, Grünen und Parteifreien am Donnerstag im Bauausschuss. Die Bürgermeisterin hatte den Sitzungsbeginn - entgegen dem ausdrücklichen Wunsch mehrerer berufstätiger Mitglieder - um zwei Stunden auf 16 Uhr vorverlegt. Obwohl das Gremium nicht beschlussfähig war, eröffnete sie die Sitzung. Am Montag verlas John nun die Namen der betreffenden Stadträte und verlangte eine schriftliche Entschuldigung. Andernfalls will sie Artikel 48 der Bayerischen Gemeindeordnung zur Anwendung bringen, wo es heißt: "Gemeinderatsmitglieder sind verpflichtet, an Sitzungen und Abstimmungen teilzunehmen ( . . . ). Gegen Mitglieder, die sich diesen Verpflichtungen ohne genügende Entschuldigung entziehen, kann der Gemeinderat Ordnungsgeld bis zu 250 Euro im Einzelfall verhängen." Das Paradoxe daran: Der Stadtrat müsste also mehrheitlich der Verhängung einer Strafe gegen eine Mehrheit im Gremium zustimmen.

Damit nicht genug: Im Anschluss verlas John etwa 20 Minuten lang monoton diverse bislang unbeantwortete oder unbearbeitete Anfragen und Anträge von Angelika Kammerl (Parteifreie), Martina Neubauer (Grüne) und Stefan Frey (CSU) nebst Antworten der Stadtverwaltung. Die Zwischenfrage von Franz Heidinger (BLS), ob der Vorgang nicht auch per E-Mail zu erledigen sei, konterte John mit den Worten: "Nein, das wird jetzt öffentlich vorgelesen."

Im Gremium herrschte derweil völliges Unverständnis. Frey und Kammerl merkten empört an, dass es noch weitere unbeantwortete Anfragen und Anträge aus dem Vorjahr gebe. Neubauer berichtete, John selbst habe 2016 zweimal Sitzungen unentschuldigt verlassen. John konterte: Sie habe Tickets für eine Kabarettveranstaltung nicht verfallen lassen wollen. Im anderen Fall sei sie wegen der Anzeige zur Prüfung der Wählbarkeit von Kammerl persönlich betroffen gewesen.

Iris Ziebart (FDP) indes zog ganz eigene Konsequenzen aus der Debatte: Sie verließ den Saal vorzeitig - was Christiane Falk (SPD) zur Nachfrage inspirierte: "Wenn eine Dritte Bürgermeisterin vorzeitig geht mit der Bemerkung 'Mir ist das alles zu blöd hier' - wie ist es dann?"

© SZ vom 01.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Starnberg
:Stadträte proben den Aufstand

Viele Bauausschussmitglieder boykottieren frühen Sitzungsbeginn

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: