Autofreier Sonntag:Irritierendes Informationsdefizit

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Ein Mann läuft auf einer leeren Straße: In Starnberg wird es diesen Anblick am autofreien Sonntag nicht geben. (Foto: N/A)

Starnberg sperrt seine Innenstadt am 11. September nicht für den Verkehr, weil das Landratsamt zu spät über die Initiative informiert hat.

Von Linus Freymark, Starnberg

Was wäre das für ein Zeichen gewesen: eine autofreie Starnberger Innenstadt anlässlich des "Autofreien Sonntags" am 11. September. Sicher, das Datum ist unglücklich gewählt, was aber nichts daran ändert, dass die Initiative in diesem Jahr ganz besonders auf die politische Agenda drängt: Die Menschheit hat es fertiggebracht, ihren natürlichen Lebensraum, den Planeten Erde, um 1,2 Grad hochzuheizen, es braucht einschneidende Veränderungen, wenn es wenigstens mit dem Ziel klappen soll, den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen. Und dann gibt es ja auch noch den Despoten in Moskau, der nur mit dem Finger schnipsen muss, um Deutschland in die Energiekrise zu stürzen. Kurzum: Die Lage ist bescheiden und Energiesparen das Thema der Stunde - erst recht, wenn die Temperaturen bald wieder fallen. So ein autofreier Sonntag wäre also durchaus eine zeitgemäße Aktion.

Sicher, mit einem Tag ohne Auto lassen sich all diese Probleme nicht in den Griff kriegen. Aber es wäre ein starkes Zeichen gewesen, wenn sich Städte und Gemeinden geschlossen an der Initiative beteiligt hätten. Anders als während der Ölkrise 1973 hätte es sich dabei nicht um ein von der Bundesregierung verordnetes Verbot gehandelt, sondern um eine freiwillige Entscheidung auf kommunaler Ebene. Starnberg hat sich nun dagegen entscheiden, die Stadtverwaltung hat in der Beschlussvorlage mehr als eine Seite Argumente gegen eine Sperrung der Starnberger Innenstadt für den Autoverkehr gesammelt. Unter anderem könnten Anwohner, die am letzten Ferienwochenende aus dem Urlaub zurückkommen, von der Sperrung überrascht werden und hätten keine Möglichkeit mehr, nach Hause zu fahren. Zudem wäre der Aufwand, den die Sperrung mit sich brächte, für einen Tag unverhältnismäßig. Das Irritierende daran: Keiner der Punkte wäre mit ausreichend Vorlauf unlösbar gewesen.

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Dass die Stadt kaum Zeit für die Planung hatte, liegt am Landratsamt: Die Behörde hatte beschlossen, dass der Landkreis am autofreien Sonntag teilnimmt und die Planung an die Gemeinden übertragen. Allerdings haben die Verantwortlichen offenbar vergessen, den Kollegen in den kommunalen Verwaltungen auch Bescheid zu geben, in Starnberg ging die erste Information dazu erst Ende Juni ein. Im bürokratischen Deutschland ist das zu spät. In der Starnberger Verwaltung ist das Erstaunen darüber groß, die Verwaltung kann sich das nur dadurch erklären, dass die Aktion "wohl innerhalb des Landratsamtes nicht ausreichend kommuniziert wurde". Dadurch sei dann ein "Informationsdefizit" innerhalb der Behörde entstanden. Schade.

Denn durch dieses "Informationsdefizit" steht der Landkreis nun vor der seltsam anmutenden Situation, dass er sich zwar an der Initiative beteiligt, seine Kreisstadt aber ausschert. Zwar gibt es beim autofreien Sonntag auch noch eine ganze Reihe weiterer Aktionen, die sich mit nachhaltiger Mobilität auseinandersetzen. Aber eine wirklich autofreie Innenstadt wäre ein Zeichen gewesen, das den Ernst der Lage und den Willen der Politik zur Verkehrswende unterstrichen hätte. Dass das nun auch an fehlender Planung scheitert, ist bedauerlich, und die Entscheidung der Stadträte gegen die Sperrung vernünftig: Die Innenstadt kurzfristig zu sperren, würde Autofahrer wohl eher auf die Palme statt aufs Rad bringen. Nun geht es darum, solche ärgerlichen Fehler in Zukunft zu vermeiden und gemeinsam das zu forcieren, was der Ferienausschuss in seinem Beschluss ebenfalls anvisierte: einen wirklich autofreien Sonntag 2023.

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