Fischertag in Dießen:Die Renken machen sich rar

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Auch bei Simon Rauch in Dießen bleibt der Räucherofen meistens kalt: Den Ammerseefischern gehen seit zwei Jahren nur noch wenige Renken in die Netze. (Foto: Johannes Simon)

Die Erträge der Berufsfischer am Ammersee sind stark zurückgegangen, als Hauptkonkurrenten gelten Kormoran und Fischotter. Nun wollen sie probeweise Netze mit engeren Maschen auswerfen.

Von Armin Greune, Dießen

Der jährliche Fischertag, traditionell zu Peter und Paul begangen, ist für die Ammerseefischer stets ein festliches Ereignis. Doch Feierstimmung wollte am Mittwoch trotz Blasmusik und Büttenrede im Dießener "Unterbräu" nicht so recht aufkommen. Vor allem, weil die Renkenfänge in den vergangenen zwei Jahren drastisch zurückgegangen sind. Hinzu kommt, dass die neue Ausführungsverordnung zum Bayerischen Fischereigesetz vorsieht, dass der Besatz mit Aalen in Ammersee und Starnberger See künftig verboten wird. Und schließlich droht sich neben dem alten Feind Kormoran ein weiterer Beutekonkurrent breit zu machen: "Der Otter ist wieder flächendeckend in Oberbayern vertreten, von der Salzach bis zum Lech", sagte Bernhard Gum, Fischereiberater beim Bezirk Oberbayern. Auch wenn die Tiere bislang noch nicht an den stehenden Gewässern im Fünfseenland beobachtet wurden, sei dies wohl nur eine Frage der Zeit: "Es werden wie die Biber immer mehr werden", prophezeite Gum. Wie im Fall der einst ausgerotteten Nager hat der Freistaat angesichts zunehmender Schäden in der Teichwirtschaft einen Fischotter-Managementplan aufgestellt sowie drei Berater eingestellt.

Der Kormoran ist ein stets hungriger Geselle und gilt den Berufsfischern am Ammersee als hartnäckiger Konkurrent, der den Renken-Bestand drastisch minimiert. (Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Den Berufsfischern am Ammersee setzt jedoch vor allem die Kormorankolonie dort zu. Auf 24 Tonnen hatte der Genossenschaftsvorsitzende Bernhard Ernst im Jahr 2018 den jährlichen Ertragsverlust durch Kormorane geschätzt. Im gleichen Jahr gingen den 34 Fischerdynastien am Ammersee noch 31 Tonnen Fisch in die Maschen, zum Großteil Renken. 2021 wog der Gesamtfang Gum zufolge nur noch 6,2 Tonnen: "Die Fische wachsen langsam", doch immerhin seien beim Probefischen Renken aller Jahrgänge vertreten gewesen. Insgesamt aber sei der Ertrag freilich höchst dürftig, wenn sich bei Beprobungen im 600 Meter langen Netz weniger als zehn Renken fänden. Generell seien im vergangenen Jahr die Fänge in allen oberbayerischen Seen stark zurückgegangen, sagte Gum "und 2022 ist leider noch keine Trendwende in Sicht".

Im Gegenteil: Von Saisonbeginn an befänden sich "die Fänge auf einem unglaublich niedrigen Niveau", sagte Regina Metzger. Die 38-jährige Fischwirtin aus Riederau vertrat als zweite Vorsitzende Bernhard Ernst, der im April aus gesundheitlichen Gründen vom Amt zurückgetreten war. Der Uttinger Berufsfischer Klaus Marx berichtete, dass sein Ertrag seit 2019 auf zehn Prozent zurückgegangen sei: "Ich hab zum dritten Mal in 60 Jahren nichts gefangen." Er setzte sich vehement dafür ein, die Maschenweite der Netze zu verringern, damit sich wenigstens ein paar kleinere Renken erbeuten ließen. So wurde bei zwei Gegenstimmen beschlossen, in den kommenden vier Wochen probeweise neben den 37 Millimeter- auch 35 Millimeter-Netze auszuwerfen und die Ergebnisse zu vergleichen.

Albert Deß, Präsident der Berufsfischer, wettert gegen die "Minderheit von Naturschützern" und verspricht, die deutsche Sprache "von 45 Geschlechtern reinzuhalten"

Angesichts der mageren Erträge könne man nur hoffen, "dass unsere Messe heute hilft", meinte Metzger. Wie seit vielen Jahren begann "Peter und Paul" in Dießen mit dem Kirchenzug nach St. Johann, wo das Fischeramt zelebriert wurde. Abschließend kehrte man zum geselligen Austausch zurück in den Gasthof, wo die Blaskapelle Entraching nicht ganz zunftgemäß den "Bozener Bergsteigermarsch" intonierte. Während Fischerfamilien und Gäste Weißwürste verspeisten, wurde auch die kulturelle Bedeutung der seit 1691 bestehenden Genossenschaft gewürdigt: Diplom-Restaurator Christian Mack referierte über Reparaturen an der 1901 gefertigten Zunftfahne, in die ein Gemälde mit Jesus und den Fischern am See Genezareth eingezogen ist. Für eine eher unfreiwillig-humoristische Einlage sorgte der ehemalige CSU-Parlamentarier, Bauernverband-Lobbyist und Präsident der Bayerischen Berufsfischer Albert Deß: Er räsonierte gegen die "Minderheit von Naturschützern", die Politik und Gesellschaft "terrorisieren", versprach die deutsche Sprache "von 45 Geschlechtern reinzuhalten" und ließ auch am Landfunk kein gutes Haar. In einem Punkt hatte der als Klimawandelleugner bekannte Politiker aber sicher recht: Es war das erste Mal seit mehr als 300 Jahren, dass der Fischertag am Ammersee von einer Frau eröffnet wurde.

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