Schondorf:Wenn der See langsam erwacht

Lesezeit: 3 min

Tanja Hust ist Autodidaktin in ihrem Fach: einer sehr speziellen Form künstlerischer Fotografie. (Foto: Georgine Treybal)

Die Dießener Fotografin Tanja Hust präsentiert Bilder aus ihrer Serie "Ammerseele" im Rathaus.

Von Renate Greil, Schondorf

Das Wesen eines Motivs ist ein Weg, den Tanja Hust mit ihren Fotografien beschreitet. Und ihr Hauptmotiv ist der Ammersee. Kein Wunder, wohnt die 51-jährige Autodidaktin doch keine fünf Gehminuten vom Seeufer entfernt in Dießen. 2014 zog sie mit ihrem Mann von München an den Ammersee, aber eigentlich stammt Hust aus Bremen. Nach dem Abitur mit Kunstleistungskurs hielt sie sich an den Rat, statt Kunst doch lieber etwas Vernünftiges zu machen und absolvierte eine Ausbildung zur Bürokauffrau. Sie bildete sich weiter, wurde Betriebswirtin (IHK), beschäftigte sich mit Qualitätsmanagement und Organisationsentwicklung. 2006 zog es sie nach München, wo sie bei einer großen Firma arbeitete. Zehn Jahre später machte sie sich selbständig, zunächst noch in der Organisationsentwicklung.

Fotografiert hat Hust aber schon seit vielen Jahren, früher analog. Nun malt sie statt mit Pinsel und Papier mit der Kamera, denn etwa die Hälfte ihrer Zeit widmet sie der künstlerischen Fotografie. Der Ammersee mit all seinen Facetten und Stimmungen hat die Fotografin dabei in den Bann gezogen. "Es ist ein wunderschönes Erlebnis, wenn der See langsam wach wird", erzählt Hust, die gerne schon eine Stunde vor Sonnenaufgang am See weilt und dabei die Ruhe und Stille genießt. Dabei sei sie eigentlich gar keine Frühaufsteherin, wie sie bekennt, aber für ihre Fotografien sei sie im Sommer schon sehr früh am Morgen unterwegs. Die Stimmungen am See wiederholen sich nicht, sind immer wieder anders, hat sie festgestellt. Wenn es ein besonderes Licht gibt, dann gilt es, sofort zu fotografieren, ansonsten ist der Moment unwiederbringlich vorbei, was Hust schon oft bedauert hat.

Newsletter abonnieren
:SZ Gerne draußen!

Land und Leute rund um München erkunden: Jeden Donnerstag mit den besten Freizeittipps fürs Wochenende. Kostenlos anmelden.

Die besonderen Farbenspiele in Rosa, Lila, Orange und Rot, die sich bei Sonnenaufgang und -untergang auf den See legen, waren ihre ersten Motive. 2017 erstellte sie eigentlich als Weihnachtsgeschenk für ihre damaligen Kunden ihren ersten Ammersee-Kalender. Es blieben hundert Exemplare übrig, die sie in nur drei Wochen über den örtlichen Einzelhandel verkaufte. Das war der Beginn ihres Weges als selbständige Landschaftsfotografin. Gerade in Arbeit ist ihr siebter Kalender für 2024. Vom diesjährigen Kalender, den sie in zwei Größen anbietet, hat sie über sechshundert Stück verkauft. Auch Firmen können Kalender mit ihrem Logo für ihre Kunden herstellen lassen.

Einen Teil ihrer Einnahmen gehen an Naturschutzprojekte vor Ort

Außerdem gibt es Postkarten und Klappkarten, die sie matt auf einem haptisch ansprechenden Papier drucken lässt. Ihre Produktlinie mit realistischen Ansichten des Ammersees nennt sie "Soul Art". Karten und Kalender gibt es bei den Einzelhändlern rund um den Ammersee zu kaufen. An die achtzig Kartenmotive hat sie bereits im Angebot, einige davon sind echte Longseller. Einen Teil ihrer Einnahmen spendet sie an örtliche Naturschutzprojekte vor Ort. So will die Naturliebhaberin auch etwas zurückgeben an ihre Wahlheimat. Den Ammersee erlebt sie auch als Seglerin und als Schwimmerin.

Mit ihrer zweiten Produktlinie widmet Hust sich der künstlerisch geprägten Fotografie, für die sie auch ein Studium bei der Prager Fotoschule in Linz angefangen hat. Ihre Schwarz-Weiß-Fotografien der Serie "White Line" von Booten in der morgendlichen Stille des Sees wirken wie gezeichnet. Der Hintergrund ist in Weiß gehalten. Die Bilder sind "auf die Essenz reduziert", erklärt die Fotografin. Die Betrachtenden können so Landschaften sehen, die sie selbst im Kopf haben.

Wie gemalt wirkt ein Boot in der morgendlichen Stille auf dem Ammersee. (Foto: Georgine Treybal)

Raum für Empfindungen zu schaffen, ist der Fotografin wichtig. Sie zeigt Struktur und Form, die Motive verwischen, manche verlieren ihre Identität. Bei ihrem Lieblingsbild - einer Komposition in Holz und Bewegung - transportiert sie zum Beispiel Leichtigkeit. Dabei arbeitet Hust mit Belichtung und Bewegung. Ihr kommt es darauf, dass sich die Betrachtenden auf die Motive einlassen, das Erkennen des Motivs steht dabei nicht im Vordergrund.

Einen besonderen Blickfang hat die Dießenerin in ihrem Wohnzimmer stehen: ein LED-hinterleuchtetes Wandbild in der Größe ein auf zwei Meter, dessen Helligkeit mit einer App gesteuert wird. Hier arbeitet Hust mit einer Firma aus Utting zusammen. Jüngstes Beispiel dieser Kooperation ist ein zwölf Quadratmeter großes Sonnenuntergangsmotiv der Herrschinger Bucht an einem Neujahrstag für den Spa-Bereich des Hotels "Grefis" in Gräfelfing. Ihre Wandbilder würden eher in Hotels oder in der Gastronomie als im Privatbereich hängen, berichtet Hust. Seit 2018 zeigt sie ihre Bilder auch in Ausstellungen, darunter Gruppenausstellungen in Zürich und München.

Sonnenaufgänge und -untergänge auf dem See gehören zu den Motiven der Fotografin. (Foto: Georgine Treybal)

Gerade läuft die Einzelausstellung "Ammerseele" in Schondorf. Dabei will Hust "neue Einblicke in Orte oder Dinge gewähren, die wir alle kennen, aber noch nie so gesehen haben." Die Ausstellung wurde kuratiert von Silvia Dobler. Zu sehen sind die Bilder bis zum 30. Juni im Sitzungssaal des Rathauses zu den Öffnungszeiten. Eine Midissage mit Lesung und musikalischer Umrahmung findet am 25. Mai um 19 Uhr statt.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusFreizeit
:Wo man rund um Starnberg besonders schön radeln kann

Kaum jemand kennt die Radwege im Fünfseenland so gut wie Janina Bäumler. Mit einer Kollegin hat die Geo-Informatikerin das gesamte Netz erkundet - ihre Erfahrungen nach 300 Kilometern.

Interview von Michael Berzl

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: