Pöcking:Schlagzeugunterricht beim Profi

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Hajo von Hadeln eröffnet in seiner neuen Heimat Pöcking eine eigene Schule für Drummer, die "Pataflafla" heißen soll, benannt nach einer Schlagabfolge auf der kleinen Trommel. Der Profi-Schlagzeuger selbst hält sich mit Boxtraining und Laufen fit. (Foto: Arlet Ulfers)

Hajo von Hadeln eröffnet im Oktober seine eigene Drummer-Schule im Kulturzentrum Beccult. Er selbst hat bei berühmten Lehrern gelernt und spielt jeden Sonntag live in der Sportsendung "Doppelpass".

Von Gerhard Summer, Pöcking

Es gibt erstaunliche viele schlechte Schlagzeugerwitze, und Hajo von Hadeln kennt sie angeblich alle. Zum Beweis spult er gleich mal fünf, sechs Stück ab, ganz so, als gelte es, die Sache im Schnelldurchgang zu erledigen. Der bärtige Drummer war vorher 45 Minuten laufen, von hier bis Machtlfing und zurück. Er sitzt gerade entspannt an einem Tisch im Dachgeschoss seines gemieteten Hauses in Aschering, von seinen wuscheligen Haaren perlen noch kleine Schweißtropfen. Die Einrichtung ist kurios bis kühn. Mitten im Raum hängt ein großer brauner Boxsack aus Leder. Ein riesiges Hirschgeweih, eine Holzleiter und ein "Flat Ride", ein altes türkisches Becken, sind Wanddekor. Wie man also merkt, dass ein Drummer vor der Tür steht? "Das Klopfen wird immer schneller."

Kann es sein, dass der umtriebige Musiker, der sich schon auch mal selbst auf den Arm nimmt und bald seine eigene Drummer-Schule im Pöckinger Beccult eröffnen will, so etwas wie die Idealbesetzung für Talk-Runden wäre? Gut möglich. Denn der 53-Jährige, der sich mit Joggen und Boxtraining fit hält, steckt voller Geschichten. Manchmal sprudelt es nur so aus ihm heraus. Er erzählt dann zum Beispiel, dass er als Jugendlicher bei Gert Fröbe in Eurasburg war, weil seine Oma Renate von Hadeln einst bei der Münchner Künstleragentur Jovanovic arbeitete und ihn öfters zu Terminen mitnahm. Und dass er im Pool des berühmten Schauspielers und Morgenstern-Rezitators plantschte, später "Goldfinger" mit dem Bösewicht Fröbe im Kino sah und Fan der Geheimagenten-Thriller wurde.

Bald darauf, mit 13 Jahren, hörte er das genialisch schleppende Drum-Intro von Paul Desmonds Standard "Take Five" auf Platte und wusste sofort, "das muss ich machen". Er jobbte als Ticketabreißer bei den Kaltenberger Ritterspielen, um sich 400 Mark für sein erstes Schlagzeug zu verdienen, ein organgefarbenes Drumset. Und Ende der Neunzigerjahre stellte er eine große James-Bond-Band auf die Beine. Seine Mitstreiter und er planten eine kleine Tour mit fünf bis sechs Auftritten samt Bond-Quiz, dabei hatten sie zu dem Zeitpunkt noch nie geprobt und kein einziges Mal zusammen "Skyfall", "Live And Let Die" oder "Golden Eye" gespielt. Aber das würde sich schon ergeben. Oder?

Gruppenbild mit einem prominenten Gast der Sportsendung "Doppelpass" (v.li.): der frühere FC-Bayern-Spieler und Fußballtrainer Stefan Effenberg mit Hajo von Hadeln, Wolfgang Schädlich und Philipp Zimmermann. (Foto: privat)

So viel Zuversicht dürfte typisch sein für Hadeln. Der Optimismus hat allerdings auch eine solide Basis. Der Mann ist inzwischen seit fast drei Jahrzehnten als Profi im Geschäft und mischt in diversen Formationen mit, etwa bei Jasmin Bayer & Band und dem auf Bossa Nova, Jazz, Soul und Funk abonnierten Hi Fly Orchestra. Außerdem gehört er zu den erfahrensten TV-Schlagzeugern Deutschlands. Mit seinem Trio tritt er seit nunmehr 18 Jahren immer sonntags live in der TV-Show "Doppelpass" auf Sport 1 auf. Wobei die Fernsehzuschauer nur Schnipsel mitbekommen, denn was Hadeln, Wolfgang Schädlich (Keyboard) und Philipp Zimmermann (Bass) in den Werbepausen spielen, hören einzig die Studiogäste.

Es sei freilich nicht die positive Lebenseinstellung allein, die ihn antreibe, sondern vor allem seine Leidenschaft für dieses "geile Instrument" und fürs Schlagzeugspielen, sagt Hadeln. Der Umstand also, "dass man für etwas brennt". Als junger Mann sei das für ihn einfach klar gewesen, dass er nach New York, London oder Rio de Janeiro fliegen müsse, um bei einem berühmten Drummer Stunden zu nehmen oder mit einer Band zu jammen. Wo er übernachtete? Bei einem Freund, der gerade in den USA oder in Großbritannien studierte. Wie er an sein Idol rankam? Und die Telefonnummer ausfindig machte? Egal, er habe sich darüber nicht groß Gedanken gemacht. Das würde sich schon ergeben.

Hadeln ist allein aus diesem Grund weit gereist. Jazz lernte er bei dem Miles-Davis-Drummer Jimmy Cobb und bei Rick Hollander. Den kubanischen Stil brachte ihm César Granados bei. Und Brazil-Drumming perfektionierte er bei Celso Almeida, Portinho und Duduka de Fonseca. Auch mit seinen diversen Bands ist der Schlagzeuger herumgekommen. Mit dem Hi Fly Orchestra etwa ging er auf Europa- und Südkorea-Tour.

Leidenschaftlicher Drummer: Hajo von Hadeln daheim in Aschering, im Hintergrund lehnen seine Musikschätze an der Dachschräge, etwa 200 Schallplatten. (Foto: Arlet Ulfers)

Die Lockdowns in der Pandemie waren für den Drummer, der seit 2019 in Aschering bei Pöcking lebt, ein Schlag in die Magengrube. Alle Auftritte - abgesagt. Die Fernseh-Gigs - weggebrochen. "Da schiebst du schon Panik, wenn du auf Null runtergefahren wirst", sagt Hadeln, da halfen auch Zuversicht, viele Kontakte und die in seinem Fall geringen staatlichen Corona-Hilfen wenig. Doch zum Glück hatte er schon 2014 damit angefangen, Schlagzeugstunden zu geben, auch als Privatlehrer an der Munich International School in Starnberg und dem Post Modern Music Department der Kyung-Hee-Universität in Seoul. Immer wieder fragten ihn nämlich Konzertbesucher, ob er auch unterrichte. Er sei erst skeptisch gewesen, habe dann aber gemerkt, "dass ich das gut kann". Anfangs hatte Hadeln nur drei, vier Privatschüler in München, durch Mundpropaganda wurden es mit der Zeit an die 25. "Für mich war das die Rettung im Lockdown", sagte er, er habe damals Anfängern und Fortgeschrittenen von Aschering aus per Skype beigebracht, wie man mit zwei Beinen, zwei Armen und Köpfchen eines der schwierigsten und sperrigsten Instrumente zum Klingen bringt.

Schlagzeuger Hajo von Hadeln aus Pöcking mit seiner Band beim Sport-Talk "Doppelpass". (Foto: Hajo von Hadeln)

Nun macht Hadeln seine eigene Schlagzeugschule auf, die "Pataflafla" heißen soll, also wie eine lautmalerisch benannte Schlagabfolge auf der kleinen Trommel, ein sogenanntes Drum-Rudiment. Im Pöckinger Kulturzentrum Beccult hat er einen Mehrzweckraum gemietet, für ihn und seine Schüler stehen dort zwei Drumsets bereit. Unterricht soll immer montags, dienstags und mittwochs sein, los geht's am 4. Oktober. Hajo von Hadeln denkt, dass er mit 30 Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen starten wird. Stilistisch ist der Drummer und James-Bond-Fan ohnehin breit aufgestellt. Er verstehe sich auf Funk, Soul, Boogaloo und Bebop genauso wie auf Pop und Rock. Was die härtere Gangart betrifft, schätze er Greenday und Jimi Hendrix, AC/DC, die frühen Coldplay und Indie-Pop-Musiker wie Peter Licht. Nur Metal, "das ist nicht meins."

Eine Woche später schickt Hajo von Hadeln eine Mail. Es gebe da noch eine tolle Geschichte, schreibt er, die im Gespräch unerwähnt blieb. Sony Pictures habe sich mal für einen Song des Hi Fly Orchestra interessiert, "Mambo Atomico". "Wir wurden uns einig" - und das Stück sei tatsächlich in den Anfangsszenen der amerikanischen Filmkomödie "Jumping the Broom" gelandet. "War schon ein Hammer."

Weitere Infos, Preise und Anmeldung unter www.pataflafla.de .

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