"Vorsicht Strahlung" steht als neongelber Warnhinweis an der Tür zum Dach des neuen Hörsaalgebäudes in der Pöckinger General-Fellgiebel-Kaserne. Es bietet sich also nicht an, auf das Dach zu steigen, um die wunderbare Aussicht über die sanfte Hügellandschaft in Richtung Maising zu genießen. Denn die Strahlenbelastung durch die bis zu 80 Antennen und Satellitenschüsseln hier ist enorm. Hinzu kommen die mobilen Funkanlagen, die vor Ort auf Fahrzeuge montiert werden, damit die Kommunikation über die beiden Satelliten der Bundeswehr aufrechterhalten werden kann.
Darunter sind große Kisten aufgereiht, um die Funkanlagen zu ihrem Einsatz vor Ort zu transportieren. Alle Antennen auf dem Dach sind direkt mit den Hörsälen darunter verkabelt. In der Schule werden bis zu 6000 Netzwerkadministratoren und Fachinformatiker pro Jahr für alle Waffengattungen der Bundeswehr ausgebildet. "An guten Tagen", wie der Kommandeur der IT-Schule, General Rainer Simon, sagt, werden bis zu 900, in Spitzenzeiten sogar bis zu 1000 Lehrgangsteilnehmer unterrichtet. Für alle Stützpunkte ist ein Stammpersonal von 700 Angestellten notwendig, davon alleine 500 Mitarbeiter in Pöcking.
Im Jahr 2010 wurde der Ausbau der Pöckinger Kaserne zu einem modernen IT-Technologiezentrum geplant. 2014 war Baubeginn für das zentrale Schulungsgebäude mit 80 Hörsälen und 300 Büros für die Ausbilder. Im Gegenzug zur Pöckinger Erweiterung sollte damals das knapp 32 Hektar große Areal der Feldafinger Kaserne aufgegeben werden. Doch als das neue Hörsaalgebäude in Pöcking vor drei Jahren bezogen wurde, hatten sich die Planungen der Bundeswehr geändert.
Die 40 Hörsäle für den IT-Bereich und die restlichen 40 für die Offiziersausbildung sind mit modernster Technologie ausgestattet. Auch die beiden neuen Wohngebäude mit den 127 Einzelzimmern entsprechen nach Angaben von General Simon einem Hotelstandard. Hier können die Lehrgangsteilnehmer in Ruhe lernen. Das sei in den früheren Vier- bis Sechs-Bett-Zimmern nicht möglich gewesen. Im Erdgeschoss gibt es barrierefreie, rollstuhlgerechte Zimmer. Früher seien verwundete Soldaten vom Dienst freigestellt worden. Heute könnten sie sich hier weiterbilden und werden weiterhin bei der Bundeswehr integriert. "Es ist das modernste Hörsaalgebäude in Deutschland", erklärt der Kommandeur stolz.
Doch in den Neubauten ist es schon jetzt wieder zu eng. Da aber eine zusätzliche Erweiterung in Pöcking nicht mehr möglich ist, hatte die Bundeswehr entschieden, dass die Feldafinger Kaserne weiterhin benötigt wird. Für die Gemeinde Feldafing war das ein herber Rückschlag, da sie das 32 Hektar große Areal direkt am Starnberger See zehn Jahre lang überplant hatte und dabei Kosten in Millionenhöhe angefallen waren. Das sei nicht optimal gelaufen, räumt General Simon ein.
Er bemüht sich darum, an die einst so gute Zusammenarbeit mit der Gemeinde wieder anzuknüpfen. Als das Siemens-Schulungszentrum in der Nähe abgerissen wurde, durfte der Bauschutt über das Bundeswehrgelände abtransportiert werden, um eine Beeinträchtigung der Anwohner in der Siemensstraße zu vermeiden. Auch sei auf dem Kasernenareal schon mehrmals ein Hubschrauberlandeplatz für die Klinik zur Verfügung gestellt worden.
Nun stehe man mit Klinikleitung und Gemeinde in Verbindung, weil auf dem Gelände der Bundeswehr weitere Bauvorhaben geplant seien, sagt der General. Auf dem Gelände der Klinik, das damals abgeteilt worden ist, steht noch immer die Heizung für die Bundeswehrgebäude. Das soll nun geändert werden. Zudem muss die Kaserne, in der derzeit 150 Soldaten untergebracht sind, erweitert werden. Es fehlen noch 400 Zimmer für die Unterbringung der Lehrgangsteilnehmer sowie 200 Büroräume und 30 Hörsäle. Bis zum Jahresende muss laut Simon ein Nutzungskonzept erstellt werden. "Wir sind voll im Planungsprozess", betont er.
Die damaligen Umstrukturierungspläne, wonach in Pöcking sowie in der Bundeswehreinrichtung in Lagerlechfeld bei Landsberg die IT-Ausbildung für alle Streitkräfte, also neben dem Heer auch für Luftwaffe und Marine, zusammengezogen werden, sind umgesetzt worden. Neu ist, dass von April an auch das Ausbildungszentrum in Flensburg der IT-Schule zugeschlagen wird. Ziel sei es, dass es in Zukunft eine IT-Ausbildung "aus einer Hand" gebe, betont der Kommandeur.
Er stellt allerdings klar, dass hier nur die Ausbildung für Netzwerk-Administration sowie für Fachinformatiker angeboten wird. Die Spezialausbildung an der Waffe bleibe weiterhin bei den einzelnen Streitkräften. Als Beispiel nennt der General die Luftwaffe. In einem Flugzeug seien alleine etwa 80 Computer eingebaut. Diese Ausbildung gebe es nur vor Ort und nicht in der IT-Schule in Pöcking.
Wie der General betont, will sich die IT-Schule nicht verstecken. Sie wird daher zuweilen für einzelne Gruppen geöffnet, etwa für Besuche vom Forum Feldafing. Auch eine gemeinsame Veranstaltung mit der Universität Nürnberg ist geplant. Zudem werden die Soldaten teilweise von zivilen Lehrkräften unterrichtet, beispielsweise im Bereich der Laufbahnausbildung für Offiziere. In einem Hörsaal unterrichtet gerade ein Jurist in den Fächern Rechtsausbildung und Dienstrecht.
Im Saal auf der anderen Seite der Anlage geht es um Führungslehrgänge. Hier lernen die Offiziere anhand von Aufzeichnungen, wie ihre Mimik und Gestik bei Vorträgen optimiert werden kann. Zuweilen arbeitet die Bundeswehr laut General Simon auch mit der Evangelischen Akademie sowie der Politischen Akademie in Tutzing zusammen.
Ende März wird der aufwendige Zusammenschluss aller IT-Schulen in Deutschland abgeschlossen sein. Daher wird die Schule in Pöcking am 31. März offiziell aufgelöst. Am nächsten Tag, also am 1. April, wird sie unter dem neuen Namen "Ausbildungszentrum CIR" (Cyber-Informationsraum) wiedereröffnet.