Pilotprojekt im Landkreis Starnberg:Per Anhalter durch Gauting

Lesezeit: 2 min

Zwei Bänke mit blauen Seitenteilen in der Grubmühlerfeldstraße und am Angerweg signalisieren den Autofahrern in Gauting, dass Senioren mitgenommen werden wollen. Ein Jahr lang will man jetzt die Akzeptanz der Initiative testen.

Von Blanche Mamer, Gauting

"Ich musste gar nicht lange warten. Die drei ersten Autos sind vorbeigefahren, das vierte hat gehalten. Es war eine sehr freundliche junge Frau, die mich mitgenommen hat", sagt eine 81-jährige Bewohnerin der Seniorenresidenz am Angerweg in Gauting. Das erzählt sie am Montag beim Start des Pilotprojektes "Mitfahrerbank". Der Gautinger Seniorenbeirat hatte das Vorhaben initiiert, extra gekennzeichnete Bänke für ältere Leute aufzustellen. Vorbeikommende Autofahrer sollten anhalten und die Senioren aus der Peripherie ins Ortszentrum mitnehmen, oder auch umgekehrt.

Die Mitfahrerbank ist ein Konzept des Caritas-Verbandes Westeifel, der dafür 2014 den Publikumspreis des "Orange Social Design Award" des Kultur-Spiegel erhalten hat. Seniorenbeiratsmitglied Barbara Weisser aus Unterbrunn hat sich für das Vorhaben engagiert und es federführend vorangetrieben. Im Februar hatte der Verkehrsausschuss der Gemeinde vorerst zwei Bänke genehmigt. Es werden die ersten im Würmtal sein und im Landkreis Starnberg. Allerdings: In Schondorf am Ammersee gibt es sie bereits.

Ein Jahr lang will Gauting die Akzeptanz der beiden Bänke an der Grubmühlerfeldstraße testen. "Dann soll geprüft werden, ob es weitere Standorte geben kann. Bei der Suche muss darauf geachtet werden, dass es keine Konkurrenz zu bereits existierenden Bus-Strecken gibt", sagte Vizebürgermeister Jürgen Sklarek. Eine der beiden markierten Bänke befindet sich in der Grubmühlerfeldstraße 2c, vor dem Seniorenwohnhaus des Verbands Wohnen, der, so Sklarek, sofort bereit war, Grund zur Verfügung zu stellen.

Die stabile Sitzgelegenheit mit den speziellen blauen Seitenteilen steht ganz idyllisch zwischen zwei in ovale Form geschnittenen Hainbuchen. Dass es sich um eine besondere Bank handelt, sieht der Autofahrer, der vom Hauptplatz kommt, allerdings erst in letzter Minute. Damit steht eine erste notwendige Verbesserung bereits fest: Es muss ein gut sichtbares Hinweisschild aufgestellt werden. "Sicher wird es ein paar Wochen dauern, bis die Autofahrer die Bedeutung der Mitfahrerbank kennen", sagt Seniorenbeiratsvorsitzender Klaus Wagner. Es gibt aber keinen Zweifel, dass die Initiative angenommen wird.

In Schondorf ist die spezielle Bank an der Bahnhofstraße längst akzeptiert: Hier kann sogar das Ziel wie Dießen oder München angezeigt werden. Annegret Burchardt aus Münster mit Sohn Mats und dessen Freund Theo finden die Mitfahrinitiative super. (Foto: Nila Thiel)

"Als ich am Samstagmittag auf der Bank am Angerweg saß, hat die Autofahrerin gleich gewusst, dass ich mitgenommen werden will", berichtet die rüstige Seniorin, die ungenannt bleiben will. An der Kreuzung am Hauptplatz sei sie ausgestiegen, um zum S-Bahnhof hoch zu gehen. Sie fahre regelmäßig, mindestens einmal in der Woche nach München, um einen kranken Verwandten zu besuchen. Für den ganzen Weg, von der Seniorenresidenz zum Bahnhof, brauche sie zu Fuß 20 bis 25 Minuten. Im Winter sei die Strecke über die Treppen an der Hangstraße indes schon beschwerlich, da lohne es sich im Auto mitgenommen zu werden.

Nicht alle Bewohner aus dem Betreuten Wohnen sind so optimistisch. Eine gehbehinderte Seniorin befürchtet längere Wartereien und kältebedingte Schmerzen im Bein. Eine andere sagt, sie könne nicht gut alleine einsteigen. Ein Aspekt, der Beachtung brauche, seien die Rollatoren, sagt Jutta Gergov, die zuständige BRK-Verantwortliche in der Seniorenresidenz. Man müsse den Tragegriff nur anziehen, dann klappe das Hilfsgerät zusammen, erklärt sie.

© SZ vom 23.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: