Erneuerbare Energien:Solarstrom aus dem Klärwerk

Erneuerbare Energien: Auf den fünf Schönungsteichen der Echinger Kläranlage soll eine Fläche von nahezu 11 000 Quadratmetern mit Photovoltaik-Blöcken bebaut werden.

Auf den fünf Schönungsteichen der Echinger Kläranlage soll eine Fläche von nahezu 11 000 Quadratmetern mit Photovoltaik-Blöcken bebaut werden.

(Foto: privat)

Die Kläranlage in Eching am Ammersee soll künftig nicht nur sauberes Wasser, sondern auch sauberen Strom erzeugen. Dafür sollen auf den Schönungsteichen schwimmende Photovoltaikanlagen entstehen - ein weltweit bislang einmaliges Pilotprojekt.

Von Luzi Power-Feitz, Gauting

Schwimmende Photovoltaik-Module auf dem Ammersee? "Das kann man sofort vergessen", sagt Maximilian Bleimaier, der Vorstand der Wasser- und Abwasserbetriebe Ammersee (AWA). Er kennt die Gesetzeslage genau: Auf natürlichen Gewässern sind solche Installationen grundsätzlich verboten. Nur auf künstlichen Gewässern wie etwa einem Baggersee sind schwimmende Photovoltaik-Module erlaubt - das aber auch nur unter strengen Auflagen. Es dürfen nicht mehr als 15 Prozent der Wasseroberfläche bedeckt sein und der Abstand der Konstruktion zum Ufer muss mindestens 40 Meter betragen.

Eigentlich, so könnte man denken, hat sich damit auch die Idee für schwimmende Photovoltaik-Anlagen im Klärwerk in Eching erledigt. Aber nein, dem ist nicht so - und das dank einer zündenden Idee von AWA-Geschäftsführer Bleimaier. Als der darüber nachdachte, wie man für die Kläranlage erneuerbare Energie erzeugen könnte, blieben seine Gedanken an den Schönungsteichen hängen. In den Teichen befindet sich das gereinigte Wasser einer Kläranlage. Die Teiche gehören zum Klärwerk und gelten somit nicht als künstliches Gewässer, sondern als technische Anlage. Schönungsteiche fallen also unter keine wasserrechtlichen Bestimmungen. Das heißt: Die Schönungsteiche der Kläranlage Eching können zur Erzeugung von Solarstrom genutzt werden. Ein Pilotprojekt, das es so weltweit noch nicht gegeben hat. Doch durch die schwimmende Photovoltaikanlage gewinnen die Schönungsteiche nicht nur eine weitere Nutzung. Im Vergleich zu Freiflächen- oder Dachphotovoltaikanlagen ist der Energieertrag hier auch um zehn Prozent höher.

Auf der Suche nach einem Partner ist Bleimaier auf das Gautinger Unternehmen Sinn Power aufmerksam geworden. Die Firma ist unter anderem spezialisiert auf den Bau von Solaranlagen, die auf dem Wasser schwimmen. "Wir mussten natürlich auch andere Unternehmen abklopfen und die Preise abgleichen, um wirtschaftlich zu handeln", erklärt er. "Aber es hat alles gepasst - und besser könnte es uns nicht gehen: Wir können die Technik aus der Region beziehen."

"Floating Solar Eching", so lautet der Name des Projekts nun, an dem auch die Ammerseewerke als Mitbetreiber des Klärwerks beteiligt sind. Auf den fünf Schönungsteichen der Kläranlage in Eching soll eine Fläche von nahezu 11 000 Quadratmetern mit schwimmenden Photovoltaik-Blöcken bebaut werden. Das entspricht etwa 50 Prozent der Wasseroberfläche. Damit würden rund 1500 Megawattstunden Solarstrom im Jahr erzeugt, sagt Eva-Maria Völkel, die Marketingmanagerin von Sinn Power. "Das Ziel ist es, die Kläranlage autark zu machen, sodass mehr Strom erzeugt wird als die Anlage eigentlich benötigt", erklärt Bleimaier. Die überschüssige Energie könne dann zusätzlich in das Stromnetz der umliegenden Gemeinden eingespeist werden.

Erneuerbare Energien: AWA-Geschäftsführer Maximilian Bleimaier war der Ideengeber für das Pilotprojekt.

AWA-Geschäftsführer Maximilian Bleimaier war der Ideengeber für das Pilotprojekt.

(Foto: Arlet Ulfers)

Die Finanzierung des Projekts sei kein großes Problem. "Weil das Projekt sehr innovativ ist, werden die Banken im Landkreis es gerne unterstützen", ist sich Bleimaier sicher. Eine Bürgerbeteiligung wäre eine weitere Möglichkeit der Geldakquise. Auch der Genehmigung des Bauantrags sehen die Projektpartner zuversichtlich entgegen. "Die stehen voll hinter uns", so Bleimaier. Nur die naturschutzrechtliche Absegnung der Baumaßnahmen könnte eine Herausforderung darstellen. Durch ihre Abgeschiedenheit bilden Schönungsteiche Feuchtbiotope - und die sind wichtige Rückzugsorte für Pflanzen und Tiere.

"Wir sehen das Projekt als ökologische Aufwertung der Teiche", so Eva-Maria Völkel von Sinn Power. Die Photovoltaik-Installation sei auf Schwimmkörpern aufgebaut. Zwischen der Wasseroberfläche und den Photovoltaik-Modulen ist also noch Platz. "Das hat viele positive Effekte wie eine verringerte Algenbildung durch weniger Lichtzufuhr und weniger Wasserverdunstung", erklärt Völkel. Der Zwischenraum diene auch als Schutzraum für Tiere, etwa für kleinere Vogelarten. "Studien aus den Niederlanden und der Universität Berkeley zeigen, dass sich an den Konstruktionen sogar Muscheln ansiedeln können", sagt Völkel. "Das Projekt kann also durchaus zur Biodiversität beitragen und neuen Lebensraum schaffen."

Das Projekt wird wissenschaftlich von der TU München begleitet

Das Vorhaben soll von der Technischen Universität München betreut werden. "Es ist uns ein Anliegen, dass wir unser Projekt auf verlässliche Beine stellen, damit wir später wissenschaftliche Erkenntnisse vorweisen können", sagt Völkel. Durch die wissenschaftlicher Begleitung erhoffen sich die Projektpartner wertvolle Erkenntnisse für die Zukunft. "Wir wollen ein Beispiel sein für das, was möglich ist - in der Region, in Bayern, in ganz Deutschland", sagt Völkel mit einem Lächeln. Um Anwohner mit ihrem innovativen Vorhaben vertraut zu machen, seien Info- und Aufklärungsveranstaltungen geplant.

Wie lange es noch dauern wird, bis die Photovoltaikanlagen auf den Schönungsteichen installiert werden können, ist schwer abzuschätzen. Das hänge stark von der Baugenehmigung ab. Doch alle Partner geben sich höchst motiviert: "Je früher wir dieses Projekt realisieren können", sagt Völkel, "desto schneller können wir Kohlendioxid einsparen."

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