Ausstellung in Seeshaupt:Die Leidenschaften der ehemaligen Bunte-Chefin

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Für ihre Skulpturen ist Annette Girke in der Kunstszene in der Region bekannt. Hier: "Berti, klein" in Bronze und Alu. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Bei einer Vernissage in Seeshaupt gesteht Patricia Riekel ihr Faible für die Bilder der Starnberger Malerin Annette Girke. Ihre Werke sind unter dem Motto "Lucky Break" in der Seeresidenz zu sehen.

Von Katja Sebald, Seeshaupt

Das Geheimnis ist gelüftet: Die weitaus meisten Bilder der Starnberger Malerin Annette Girke verschwinden über kurz oder lang in der Wohnung von Patricia Riekel. Die ehemalige Bunte-Chefredakteurin hielt am Sonntagnachmittag in der Seeshaupter Seeresidenz eine launige und sehr persönliche Vernissagenrede für Annette Girke, in der sie sich als leidenschaftliche Sammlerin ihrer Bilder outete. Geheimnisse lauerten in diesen Bildern, Geschichten hinter den Geschichten. Deshalb verspüre sie zuweilen große Lust, in eines dieser Bilder zu schlüpfen, um diese Geschichten aufzuspüren, verriet sie. Und weil das nicht möglich sei, müsse sie eben von Zeit zu Zeit ein solches Bild erwerben.

Annette Girke, 2019 mit dem Kunstpreis der Stadt Starnberg ausgezeichnet, ist nicht nur Malerin, sondern auch Bildhauerin. Zur Kunst fand sie erst spät und über einige Umwege. 1965 in Bamberg geboren und aufgewachsen wollte sie eigentlich Modedesign studieren, absolvierte dann aber auf Wunsch ihrer Eltern, die eine Fabrik für Gummistrümpfe und Bandagen hatten, ein ungeliebtes Studium der Textilwirtschaft und ein ebenfalls ungeliebtes Aufbaustudium im Bereich BWL. Es folgten verschiedene Stationen in der Textil- und Modebranche.

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Erst eine krankheitsbedingte Pause führte zu einem Richtungswechsel: 2001 begann sie, zunächst als Schülerin des Bildhauers Max Wagner, zu modellieren. Einige Zeit später entdeckte sie auch das Malen für sich. Sie absolvierte ein dreijähriges Studium der Malerei an der privaten Akademie der Bildenden Künste in Kolbermoor, das sie 2016 abschloss. Seither entstehen Skulpturen und Malerei parallel. Die Arbeiten von Annette Girke waren in zahlreichen Ausstellungen zu sehen, unter anderem in Berlin, Salzburg und Madrid.

Die Künstlerin Annette Girke hat schon an vielen Orten ihre Bilder und Skulpturen ausgestellt, vor drei Jahren etwa in Starnberg. (Foto: Arlet Ulfers)

Auch in Seeshaupt präsentiert sich Girke als Malerin wie auch als Bildhauerin. Im Foyer der Seeresidenz sind die Bronzeskulpturen zu sehen, für die sie in der Region bekannt ist: Der fast lebensgroße Feldhase vor allem, den es im Laufen, aufrecht stehend und seit neuestem auch liegend dargestellt gibt. Seiner lässigen hundeartigen Liegeposition verdankt die Ausstellung den Titel "Lucky Break".

Wie der Hase entstand auch der Eisbär durch eine gekonnte Beschränkung auf das Wesentliche. Mehr Detailreichtum gibt es bei einem Nashorn oder bei einem Mammut, das auf einem hölzernen Surfbrett stehend präsentiert wird. Und bei einigen abstrakten Formfindungen offenbart die Künstlerin die Experimentierfreude, die sie auch als Malerin auszeichnet.

"Infinity" lautet der Name der Bronze-Skulptur, dahinter "Rag Rug I und II" in Acryl auf Leinwand. (Foto: Franz Xaver Fuchs)
Synthetisches Fell dient als Malgrund für das Bild mit Bootshütten im See. (Foto: Franz Xaver Fuchs)
"Noon in Hanbury Garden I". (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Ausgangspunkt für die meisten Gemälde von Annette Girke ist ein Foto oder eine Kombination aus mehreren Fotos. Auch eine bestimmte Situation, eine Landschaft, ein Traum können zur Inspiration für ein neues Bild werden. "Schlussendlich male ich nur für mich", sagt sie, "ein Thema, das mich interessiert. Wenn dann etwas herauskommt, was ich als herzeigbar erachte, ist es gut. Wenn nicht, auch gut. Ich versuche, mir die Freiheit zu erhalten, meine Themen selbst auszusuchen, neue Malstile, Interpretationen und Formate auszuprobieren und nicht nur einem bewährten Muster zu folgen."

Bilder mit einem psychedelischen Effekt

Aus einer eher zufälligen Versuchsanordnung entstand auch die Idee, einmal nicht auf Leinwand zu malen, sondern auf einem aufgerauten Vliesstoff, einer Art synthetischem Fell. Die Oberflächenstruktur dieses höchst ungewöhnlichen Malgrunds verändert sich beim Auftragen der Farbe. Unterschiedliche Pinselbewegungen, ein Tupfen, ein Streichen in die eine oder andere Richtung oder ein Kreisen hinterlassen jeweils andere Spuren auf der samtartigen Oberfläche. Sie sind fixiert, sobald die Farbe getrocknet ist. Und auch die unbearbeitet gebliebenen Stoffpartien haben einen ganz eigenen, ebenfalls sehr plastischen Charakter.

Girke stellt in diesen Fellbildern vorzugsweise Landschaftssituationen, den Blick auf einen Weg in den Wald, einen Biergarten am See unter hohen Bäumen, einen Wohnwagen vor dem Waldrand oder ein paar Liegestühle zwischen Palmen dar. Die unnatürlich grellen Töne der synthetischen Felle, die den Bildhintergrund bilden, und die satt aufgetragenen Acrylfarben, vor allem aber die eigenwillig reliefartigen Oberflächenstrukturen verleihen diesen Bildern einen geradezu "psychedelischen" Effekt.

Die Ausstellung "Lucky Break" ist noch bis zum 8. September in den Räumen der Seeresidenz Alte Post in Seeshaupt zu sehen.

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