Musiker im Porträt:Wenn der Regenwald dirigiert

Lesezeit: 4 min

Seit 25 Jahren gemeinsam auf Tour: die Violinistin Esther Schöpf und der Pianist Norbert Groh. (Foto: Georgine Treybal)

Esther Schöpf und Norbert Groh machen seit 25 Jahren gemeinsam Musik. Neue Inspiration holen sie sich dabei immer wieder auf Konzertreisen - wie zuletzt bei einer siebenwöchigen Tour durch Tasmanien.

Von Yara van Kempen, Pöcking

Die Natur kann eine wichtige Inspirationsquelle sein. Und hier, unter diesem regenwaldähnlichen Blätterdach in Tasmanien, da ist sie das natürlich besonders. "Jeden Tag kamen wir in den Genuss eines kostenlosen Vogelkonzerts", sagt Esther Schöpf. Es sei sehr inspirierend gewesen, dem Gesang der Vögel zu lauschen, die doch etwas anders klingen als die im heimischen Europa. Schöpf hat sogar einige Aufnahmen gemacht - vielleicht lässt sich etwas davon ja für ein zukünftiges Projekt verwenden.

Sieben Wochen lang war die Violinistin Schöpf jüngst in Tasmanien unterwegs, diesem australischen Bundesstaat, der aufgrund seiner Insellage doch noch einmal ganz anders ist. Wie fast immer mit dabei: Nobert Groh. Seit 25 Jahren treten die beiden als Duo auf. Und Tasmanien war auch nicht ihre erste gemeinsame Konzertreise.

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2017 waren Schöpf und Groh schon einmal in Australien, 2018 auf einem Kreuzfahrtschiff in der Antarktis - und auch nach Teneriffa geht es regelmäßig. Ihre Musik auf die Bühnen der Welt zu bringen, daraus zögen sie Inspiration und neue Energie, sagen die beiden Musiker. Eine neue Umgebung, die Natur oder eine andere Kultur, das könne eine Form des künstlerischen Aufbruchs sein. Wie schon bei Goethe und seiner italienischen Reise oder bei Leonardo da Vinci mit seiner Naturphilosophie.

Schöpf und Groh haben sich vor 27 Jahren über die Musik kennengelernt. Er, ein junger Dirigent, suchte für ein Projekt eine Geigerin. In Esther Schöpf fand er nicht nur diese, sondern auch eine Lebensgefährtin. Mittlerweile leben die beiden gemeinsam mit ihrer Katze Paula in Pöcking.

Esther Schöpf und Norbert Groh zusammen mit Klaus Kämper (re.) bei einem Auftritt in Pöcking. (Foto: Georgine Treybal)

Schöpf spielt nicht nur professionell Geige, sie ist auch Violinpädagogin. Sie interessiert sich sehr für die Wechselwirkung, die Musik auf die körperliche und seelische Gesundheit haben kann. Dafür studierte sie unter anderem Musikpädagogik und Musikwissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. "Schon meine Mutter war Violinistin", sagt Schöpf - und so war sie immer von Geigen und deren Klängen umgeben. Bereits im Alter von vier Jahren fand Schöpf selbst Gefallen an dem Streichinstrument.

Auch Groh spielt seit frühester Kindheit verschiedene Instrumente wie Klavier, Akkordeon und Klarinette. Heute ist er nicht nur Dirigent, sondern auch Pianist und tritt als solcher auch im Duo mit Schöpf auf. Das Klavierspielen sei mehr als ein Hobby, vielleicht sogar eine Berufung, sagt Groh, "man kann gar nicht anders". Neben dem Dirigieren studierte er auch Klavier und Kammermusik in München, Karlsruhe und Wien. Das Klavier begleitet ihn also schon den größten Teil seines Lebens. Heute unterrichtet er selbst, unter anderem an der Musikhochschule München.

Der beeindruckendste Konzertsaal war in einer alten Goldgräberstadt

Das Verreisen im Auftrag der Musik ist den beiden aber besonders wichtig. Auf der gerade beendeten Tour durch Tasmanien hatten sie ein buntes Programm mit insgesamt sechs Veranstaltungen. Sie begannen ihre Konzertreise privat für einige Tage in Singapur und reisten dann weiter nach Australien. In der St. Michael's Uniting Church im Zentrum von Melbourne wurde das Programm eröffnet. Noch am selben Tag ging es am Nachmittag zur nächsten Veranstaltung. Und zwar zum Open Day des University House. In einer alten viktorianischen Villa wurde Salonmusik dargeboten.

Am beeindruckendsten sei aber das Konzert in der Anglican Church on Agitation Hill in der berühmten Goldgräberstadt Castlemaine gewesen. Die Stadt wurde 1851 während des Goldrauschs gegründet. 1858 war die Kirche fertiggestellt, in der Schöpf und Groh 165 Jahre später auftraten. Die Bauzeit der Kirche betrug vier Jahre. Ein außergewöhnlicher und vielleicht auch etwas skurriler Konzertsaal.

Norbert Groh im tasmanischen Regenwald. (Foto: privat)
Esther Schöpf und Norbert Groh beim Auftritt in der Anglican Church on Agitation Hill in Castlemaine. (Foto: privat)

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Das Duo bei einem Open-Air-Konzert im Innenhof des Museums Mona. (Foto: privat)

Weiter ging es nach Tasmanien. Neben dem "Music Shoalhaven 75th Anniversary Concert" besuchten sie auch das Museum Mona. Ein architektonisch eindrucksvoller Ort, denn das Museum ist zusätzlich zu seiner zum Wasser auslaufenden Panoramafront in einen Felsen integriert. Mit der Kombination aus Klassik und Jazz habe der Auftritt im Innenhof des Museums dann fast schon "Festivalcharakter" gehabt, erzählt Schöpf.

Neben der Musik und der Kultur spielten auf der Konzertreise auch Eindrücke von der Natur eine große Rolle. So bekam Nobert Groh erstmals einen Tasmanischen Teufel zu Gesicht. Durch die dünne Besiedlung Australiens und Tasmaniens bleibt der Natur dort viel Raum. Zwar waren die Wege zwischen ihren einzelnen Stationen für Schöpf und Groh mitunter sehr weit. Das Gefühl, nicht eingeengt zu sein, schafft dann aber eine ganz neue Freiheit. Auch der Sternenhimmel habe ohne all die Lichtverschmutzung in einer ganz anderen Schönheit gestrahlt, sagt Schöpf. "Dadurch wird Raum, Zeit und Ruhe für Inspiration und Kreativität geschaffen", schwärmt sie von den langen Autofahrten durch das australische Hinterland.

Der Lieblingssong des Duos, der die Reise in gewisser Weise auch geprägt und begleitet hat, ist "Fly me to the moon". Die Originalversion von Bart Howard, die ursprünglich "In other words" hieß, hatten sie auch am ersten Veranstaltungstag im University House im Programm. "Das Lebensgefühl, welches das Stück vermittelt, hat uns die ganze Zeit über begleitet", sagt Schöpf.

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Musik passt überall hin und hat immer ihre Daseinsberechtigung. Die Möglichkeit, Musik mit verschiedenen Ausdrucksformen, Künstlern, Menschengruppen und Orten zu kombinieren, liegt den beiden besonders am Herzen. Musikstile zu mischen, beispielsweise Klassik mit Jazz zu verbinden, ergibt ein breitgefächertes Repertoire für jeden Anlass. Von Klassik über Salonmusik und Tango bis hin zu Hörspielmusik kann das Künstlerduo einiges vorweisen. Sie verstehen sich als Interpreten der Musik, nicht als Macher.

Schöpf und Groh suchen auch die Verbindung zu anderen Künsten wie Theater, Film, Malerei, Literatur und Tanz, zum Beispiel Ballett. Durch den Perspektivwechsel, den man durch die Brille anderer Künstler erhalte, könne Musik ganz neu interpretiert werden, sagt Schöpf. In Kooperation mit dem Bayerischen Rundfunk gestalteten sie etwa zehn Jahre lang literarisch-musikalische Veranstaltungen. Groh komponierte dabei auch passende Stücke zu Texten und Geschichten, die dann auf Bayern 2 gesendet wurden.

Die Motivation, Musik zu machen, sei neben dem Berühren der Menschen das "gegenseitige Fließen, miteinander Schwingen wie Wasser", sagt Groh. Damit ist nicht nur das Zusammenspiel der Künstler auf der Bühne gemeint, sondern auch die Interaktion zwischen Publikum und Künstler. Für die Zukunft wünschen sich die beiden, das Reisen und die Musik weiterhin miteinander verbinden zu können. Und sie wünschen sich, die Bereicherung, die sie auf solchen Reisen erfahren, in den Alltag und in neue Projekte einfließen lassen zu können.

Zu sehen und vor allem zu hören sind die beiden demnächst im Münchner Hofspielhaus mit ihrer Wiederaufnahme von "Tango Tango", dabei wird das Duo von einer kubanischen Sängerin unterstützt. Im November werden sie auch in Pöcking in der Kirche Sankt Pius auftreten, samt Chor und Streichorchester.

Weitere Informationen zu diesen und anderen Veranstaltungen finden Sie hier .

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