Massenentlassung:Bäckerei-Filialen werden aufgeteilt

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Bei vielen Geschäften der Bäckermeisterei Meier ist klar, wer sie übernehmen wird. Einzig das Stammhaus in Starnberg ist bereits geschlossen.

Von Astrid Becker und Christian Deussing, Starnberg

Im ehrwürdigen Stammhaus der Bäckerei-Familie Meier an der Starnberger Hauptstraße gehen bereits an diesem Dienstag die Lichter aus. Am letzten Tag standen die Kunden vor gelichteten Regalen, Verkäuferinnen durften mit Senior Gernot Meier noch mit auf das Abschiedsfoto. Sein Sohn Stephan hatte das Unternehmen vor zwölf Jahren als alleiniger Inhaber übernommen und das Filialnetz auf 19 Geschäfte ausgeweitet. Der Umsatz soll zwischen 2,5 und fünf Millionen Euro betragen haben. Nun will sich der promovierter Betriebswirt als Pächter stärker um sein Café Luitpold in München kümmern und mehr Zeit für die Familie haben - so lautet zumindest die offizielle Version.

Seit Dienstag ist das Stammhaus der Starnberger Bäckerei Meier in der Hauptstraße geschlossen. (Foto: Georgine Treybal)

Die Meier-Filialen schließen zum 2. April. Den Kuchen haben sich die Konkurrenten inzwischen weitgehend aufgeteilt und werden etliche Läden nahtlos am 3. April weiterbetreiben. Rackl übernimmt unter anderem die Filiale an der Hanfelder Straße und vielleicht auch an der Maximilianstraße, wo aber offenbar auch Höflinger im Rennen ist. Höflinger soll zudem in Berg, Gauting, Pöcking und Tutzing und Weilheim zugegriffen haben.

Angeblich werden viele Mitarbeiter der Geschäfte übernommen. Allerdings wurde den 45 Beschäftigten der Meier-Zentrale an der Emslander Straße per "Massenentlassung" gekündigt. Bei vielen Mitarbeitern landeten die Kündigungen erst am 13. März in den Briefkästen, am selben Tag wurde die Betriebsversammlung einberufen. Auch langjährige Meier-Mitarbeiter wurden vom plötzlichen Aus böse überrascht. So spät zu informieren und die Mitarbeiter bis zum letzten Tag in die Produktion und den Verkauf einzubinden, bezeichnet die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) als "Sauerei". Deren Geschäftsführer Mustafa Öz bedauert, dass weder Betriebsrat noch Sozialplan vorhanden seien.

Das historische Foto stammt aus dem Jahr 1918. (Foto: Stadtarchiv Starnberg, Bestand Wörsching)

Nur sehr wenige Unternehmen hätten in dieser Branche einen Betriebsrat, sagt dazu Christopher Kruse, Geschäftsführer des Landes-Innungsverbandes für das bayerische Bäckerhandwerk. Es sei aber "schade", dass so ein traditionsreiches Unternehmen wie Meier auf dem Markt verschwinde. Das treffe "sicher einzelne Mitarbeiter sehr hart", doch überall im Bäckerhandwerk würden "gute Kollegen gesucht", betont Kruse. Dass die Firma Meier keinen Betriebsrat habe, spreche zudem für eine "gute Stimmung" im Betrieb. Dem Vernehmen nach soll aber gerade das Arbeitsklima nicht das beste gewesen sein und den angeblichen Personalmangel noch verschärft haben.

Stephan Meier war persönlich auch am Montag nicht zu erreichen. Er hatte lediglich am 13. März angekündigt, sich verstärkt um sein Café Luitpold kümmern zu wollen. 2009 hatte er das Münchner Kaffeehaus übernommen, das einst als größtes in Europa galt. Hier zu dinieren, galt im 19. Jahrhundert als besonders chic in der besseren Gesellschaft. Die Literaten gaben sich hier die Klinke in die Hand, Stefan George etwa, Henrik Ibsen oder Ludwig Ganghofer. Auch die Starnberger Dichter Georg Queri und Gustav Meyrink sollen sich dort stundenlang gestritten haben. Der Simplicissimus wurde dort aus der Taufe gehoben - und viele Jahrzehnte später war wohl auch Loriot dort gern zu Gast.

Die Familie Meier bei der Gründung ihres Backwarenhandels. Die Bäckerei an der Hauptstraße gibt es heute noch - zumindest das Gebäude. (Foto: Stadtarchiv Starnberg, Bestand Wörsching)

Als Stephan Meier den Pachtvertrag unterschrieb, wusste er bereits, dass er viel Geld in dieses Lokal stecken würde. Ein größerer Umbau stand damals, 2010, an. Das Café sollte mit neuem Interieur einerseits an seine glorreiche Vergangenheit anknüpfen, andererseits aber auch jüngeres Publikum an sich binden. Von mindestens einer großen sechsstelligen Summe ist die Rede, die Meier angeblich investiert haben soll. Hohe Ausgaben jedenfalls, die er wieder erwirtschaften muss. Sein Konzept ist dafür breit aufgestellt: Da sind kulturelle Veranstaltungen, da ist das Restaurant, in dem er seine Gäste abends verwöhnen will, da ist der normale Kaffeehausbetrieb, da ist die Produktion, bei der der Gast schon mal zuschauen darf. Und da ist das Catering für Firmenevents oder Hochzeiten. Genug Arbeit also für einen Unternehmer, der sich zudem wohl auch wachsender Konkurrenz ausgesetzt sieht: Man denke einfach mal an die vielen Lokale, die es mittlerweile in der Nähe des Café Luitpolds gibt. Zum Beispiel an der Theatinerstraße.

© SZ vom 28.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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