Kultur:Gauting will Filmfest gar nicht mehr fördern

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Nach den Querelen im Frühjahr stehen im Sparhaushalt der Gemeinde null Euro. Kino- und Festival-Chef Matthias Helwig findet das nur noch absurd.

Von Michael Berzl, Gauting

Tausende besuchen seine Festivals, für das Programm in seinen Kinos erhält er eine Auszeichnung nach der anderen, in Expertenrunden ist Breitwand-Chef Matthias Helwig aus Gilching ein begehrter Gesprächspartner. Da darf er sich dann von Bundes- und Landespolitikern anhören, wie wichtig das Kino als "letzte kulturelle Begegnungsstätte" ist, wie Staatsministerin Monika Grütters (CDU) zuletzt in Münster sagte. Auch dort war Helwig zu einer Preisverleihung eingeladen. Ausgerechnet in Gauting, wo er das größte und schönste seiner drei Kinos betreibt, wo er sein Büro hat und damit die Breitwand- und Festival-Zentrale sitzt, fühlt er sich komplett unverstanden; dort erhält er nicht die Unterstützung, die er für angemessen hält. Im Haushaltsentwurf steht jedenfalls für die kommenden beiden Jahre eine Null.

Für das Fünfseen-Filmfestival im nächsten Jahr hat er einen Zuschuss in Höhe von 15 000 Euro beantragt, doch daraus wird wohl nichts werden. Bei den Haushaltsberatungen im Finanzausschuss haben die Grünen an Dienstag 10 000 Euro vorgeschlagen, doch das wurde mit großer Mehrheit abgelehnt. Ob es überhaupt Geld für das Festival gibt, soll an diesem Donnerstag entschieden werden.

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Matthias Helwig fühlt sich düpiert, weil ihm die Gemeinde Gauting nur 5000 Euro für sein Filmfestival geben will. Jetzt können die Bürger per Internet spenden.

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Das hat eine Vorgeschichte. Auch im vergangenen Jahr wollte Helwig von den Gautingern 15 000 Euro, bewilligt wurden aber nur 5000 Euro. Der Breitwand-Betreiber scheint das geradezu als Affront empfunden zu haben und verzichtete lieber ganz. "Weil der angebotene Zuschuss 2018 in keinem Verhältnis zur Größe und Bedeutung des Festivals vor allem in Gauting stand", schreibt er in seinem aktuellen Antrag. Auch im Haushaltsentwurf des Rathauses findet sich der Hinweis, dass der reduzierte Zuschuss vom Veranstalter abgelehnt worden sei. Und dann heißt es lapidar: "Daher ab 2019 keine Mittel eingestellt."

Die Debatte im Finanzausschuss war kurz, aber es war unübersehbar, dass es da atmosphärische Störungen gibt zwischen Kommune und Kinochef. Zu dem Antrag, der in der vergangenen Woche eingegangen sei, sagte Bürgermeisterin Brigitte Kössinger (CSU): "Wir können die 15 000 Euro nicht bezahlen und wir wollen sie nicht bezahlen. Wenn jemand sagt, 5000 waren unangemessen wenig, dann bleiben wir gleich bei null Euro." Der Kompromissvorschlag des Grünen-Gemeinderats Jens Rindermann, der das "Leuchtturmprojekt" zumindest mit einem geringeren Betrag fördern wollte, war schnell erledigt. Als dann Tobias McFadden (Piratenpartei) wie auf dem Basar 5000 Euro anbot, wollte Michael Vilgertshofer (CSU) Bedenkzeit, um in der Fraktionen darüber zu beraten.

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Filmfest-Chef Matthias Helwig sieht sich um einen Zuschuss der Gemeinde Gauting gebracht. Der Kino-Betreiber glaubt: Das könnte daran liegen, dass er sich als Gemeinderat in Gilching gegen das umstrittene Gewerbegebiet der Nachbargemeinde stellt.

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Das Filmfestival erhält mehrere Zuschüsse aus öffentlichen Kassen. Helwig bekommt nach eigenen Angaben 40 000 Euro vom Freistaat, 13 000 Euro vom Bezirk Oberbayern, 30 000 von der Stadt Starnberg, 25 000 vom Landkreis, 5000 Euro von der Gemeinde Seefeld, 2500 aus Wörthsee und 1500 aus Weßling. Aus Gauting kamen heuer statt des kommunalen Zuschusses über ein von der Gemeinderätin Christiane Lüst initiiertes Crowdfunding-Projekt 10 000 Euro zusammen. Der Etat für das Festival beläuft sich auf etwa 300 000 Euro. Etwa 60 Prozent finanziere er aus Einnahmen und Spenden. In seinem Zuschussantrag bezeichnet er die öffentliche Förderung als für den Fortbestand des Filmfestival "unerlässlich".

Zum Gebaren der Gautinger fehlen Helwig zunächst die Worte. "Was soll ich da noch sagen?" Wie die Gemeinde sich verhält, findet er "absurd". Es ist - so sein gewagter Vergleich - als würde Berlin die Berlinale nicht fördern. Und er muss lachen, als er berichtet, dass es sonst ausgerechnet Unionspolitiker seien, von denen er viel Unterstützung erfährt. Zur Eröffnung des diesjährigen Filmfestivals war CSU-Medienminister Georg Eisenreich gekommen. Als das Gautinger Breitwand-Kino im Oktober in Münster für ein hervorragendes Programm im Jahr 2017 ausgezeichnet wurde, erklärte Kulturstaatsministerin Grütters, wie wichtig es sei, "den Kulturort Kino zu erhalten und zu stärken". Bei einer Diskussion über das "Zukunftsprogramm Kino" in Berlin saß Helwig unter anderem mit Elisabeth Motschmann, der kulturpolitischen Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, auf einem Podium. Den nächsten Preis holt er sich Ende November in Schweinfurt ab. Zur Feier gehöre ein CSU-Mediengespräch.

Viel Anerkennung also, aber zu wenig Geld. Wenn die 15 000 aus Gauting fehlen, habe das durchaus Auswirkungen. "Dann muss man halt abspecken, das ist ganz einfach. Dann kann man zum Beispiel einen Künstler, den man gerne hätte, nicht holen", erklärt er.

© SZ vom 15.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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