Kunstaktion:Vom Kreuz befreit

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"Birdman" Hans Langner inmitten seiner Jesusfiguren. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Der "Birdman" Hans Langner hat eine neue Obsession: Er nimmt Jesusfiguren von Kreuzen ab und verleiht ihnen goldene Flügel.

Von Felicitas Amler, Starnberg

Die Aktion wirkt wie bestellt zum aktuellen Urteil über den bayerischen Kreuzerlass: Der in Starnberg lebende Künstler Hans Langner, genannt "Birdman", befreit unablässig Jesusfiguren vom Kreuz. Auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Dezember, wonach die Kreuze in staatlichen bayerischen Gebäuden bleiben dürfen, hebt Langner allerdings gar nicht ab. Dergleichen tagesaktuelle Vorgänge bewegen ihn nicht so sehr wie sein grundsätzlicher Wunsch, "Jesus nach 2000 Jahren endlich zu entkreuzigen". So hat er inzwischen an beinahe hundert Kruzifixe Hand angelegt, hat den Jesusfiguren Flügel verliehen und sie vergoldet. Damit sei Jesus "endlich frei", sagt er, und könne in die Sonne fliegen.

"Jeden, den ich treffe, frage ich, ob er ein Kruzifix zu verschenken hat", berichtet Langner. Nun ist die Kreuzigung Jesu für gläubige Christen das Symbol der Erlösung der Menschen - da könnte man annehmen, dass Langner mit der Entkreuzigung auch auf Kritik stößt. Aber nein, sagt er, kein einziges Mal sei seine Aktion beanstandet worden. Er greift das Wort "Erlösung" auf und erklärt kühn: "Ich gebe Jesus die vollkommene Erlösung."

Und Langner plant noch einen Schritt weiterzugehen. Er möchte sämtliche Kreuze, von denen er Jesusfiguren entfernt hat, zu einem großen kreisförmigen Haufen stapeln und diesen anzünden: "Aus meiner Sicht sollte auch das Kreuz erlöst werden." Ob er allerdings, wie er es plant, einen Pfarrer findet, bei dem er dieses Feuer legen kann, darf bezweifelt werden.

Den Namen "Birdmann" hat sich der Künstler vor 27 Jahren mit einer Performance erworben, bei der er seinen Körper mit Honig einschmierte und die Federn eines Kissens über sich ergoss. Danach zeichnete und malte er jahrelang nichts als Vögel, auf Papier und Stoff, auf Heuballen und Geschirr, auf Schränken und Stühlen. Genauso manisch gibt er sich nun seinem Kruzifix-Projekt hin, das er keinesfalls als Gottesleugnung verstanden wissen möchte. Vielmehr betont er: "Ich hatte vor vielen Jahren eine Gotteserfahrung. Ich habe erkannt, dass alles, was ist, Gott ist. Da öffnet sich das Herz und ist unschließbar. Man wird frei."

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