Nepomuk:Die untreue Blaumeisin

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Eine Blaumeise sitzt auf einem Ast im Garten. (Foto: Patrick Pleul/dpa)

Der Seegeist staunt, was Forscher über das Paarungsverhalten von Vögeln herausgefunden haben.

Seien wir mal ehrlich. Es gibt doch eine entscheidende Frage, die Gartenbesitzer und Vogelfreunde im Frühjahr bewegt: durchfüttern oder nicht? Die einen hängen der These an, dass man den Piepmätzen nur bei Dauerfrost und geschlossener Schneedecke feinstes Spezialfutter kredenzen sollte. Spätestens Ende März, so sagen sie und berufen sich gern auf Forscher, soll man dann mit dem Füttern aufzuhören, damit die Tiere im April ungestört brüten können.

Und dann gibt es die andere Fraktion, die egal - ob man es hören will oder nicht - verkündet: Es muss durchgefüttert werden, weil die Vögel im Garten, auf den Äckern und in der Luft nicht mehr genügend Nahrung finden und sowieso viel zu wenige Insekten herumschwirren.

Aber Korn hin, Korn her: Es gibt heute eine wichtigere Erkenntnis mitzuteilen. Diese ist allerdings recht intim. Ich hoffe, dass ich euch damit jetzt nicht arg in Verlegenheit bringe. Denn es geht schlicht darum, warum Blaumeisen-Weibchen ihren Männchen alle schnabellang untreu werden. Ja, ihr habt richtig gelesen: Die Meisen-Damen sind ständig auf der Suche nach neuen Flattermännern: erfahrenere, schnäbelfreudigere und womöglich auch blauere. Erfolg bei Seitensprüngen haben bei Blaumeisen vor allem ältere Männchen. Ob sie auf Weibchen womöglich attraktiver wirken, ist noch unklar. An mangelndem Fremdgeh-Interesse der Jüngeren scheint es jedenfalls nicht zu liegen, wie Forschende herausfanden.

Aber ich kann euch verraten: Es gibt noch einen viel wichtigeren Grund. Und den hat die Gruppe um den Ornithologen Bart Kempenaers vom Max-Planck-Institut für biologische Intelligenz in Seewiesen zwischen Pöcking und Andechs in einer Studie herausgefunden: Das ständige Fremdfliegen machen die Weibchen nur, um die genetische Vielfalt ihrer Nachkommen zu erhöhen. Es geht also gar nicht um banale Schnäbelfreude, sondern um intelligente Arterhaltung.

Der Nepomuk hat immer etwas Neues auf Lager. (Foto: Bernd Schifferdecker)

Aber es kommt noch besser: Bei einem groß angelegten Feldexperiment in einer Blaumeisenpopulation in einem Wald bei Landsberg hat man offenbar beobachtet, dass sich die Weibchen trotz allem nur einen einzigen festen Partner aussuchen. Sein Job ist es dann, den Nistplatz zu verteidigen und bei der Aufzucht der Jungen zu helfen. Ein echter Hausmann also. Und während er den gemeinsamen Nistkasten schön und gemütlich macht, flattert das Weibchen gern mal schnell zu einem etwas weiter entfernt lebenden Meisen-Schönling in den Nachbarwald, denn dessen Gene unterscheiden sich stark von den eigenen. Darum ist Inzucht bei Blaumeisen dank der treulosen Gattinnen kein Thema. Soviel für heute in Sachen Tierliebe.

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