Kino:Sagen und Mythen auf der Spur

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Beim Dreh von "Alpgeister", dem neuen Dokumentarfilm, hat der Regisseur und Filmemacher Walter Steffen die Sagenwelt recherchiert. (Foto: Walter Steffen/oh)

Walter Steffens neue Dokumentation "Alpgeister"

Von Martina Grießbacher, Seeshaupt

Für seinen neuen Dokumentarfilm begab sich Walter Steffen auf eine Spurensuche. Er machte sich auf, um die alten Mythen und Legenden der Alpen zu finden. Es hat ihn interessiert, welche Sagen aus früheren Zeiten auch heute noch präsent sind. "Es ist schade, dass die Geschichten, durch die wir mit unserer Region verbunden sind, immer mehr verloren gehen", sagt der Seeshaupter Regisseur und Drehbuchautor. Denn Erzähler gebe es viele, nur an Zuhörern fehle es, so Steffen. Was mit "Alpgeister" entstanden ist, geht über die Nacherzählung alter Mythen hinaus. Der Film thematisiert die ursprüngliche Spiritualität der Menschen in der Region und die starken Bindung der indigenen Völker in den Alpen zu Mutter Erde.

Die Idee zu seinem mittlerweile zwölften Dokumentarfilm kam Steffen im Herbst 2017. Aufgewachsenen auf einem Bauernhof in Oberstdorf im Oberallgäu hat ihm die Bäuerin, die er als seine "Fast-Großmutter" bezeichnet, immer wieder alte Mythen und Sagen erzählt. "Erzählt, nicht vorgelesen", betont der 64-Jährige. Ein halbes Jahr lang hat er für sein neues Werk recherchiert. Nachdem finanzielle Angelegenheiten und Organisatorisches geklärt waren, starteten die Dreharbeiten vor ziemlich genau einem Jahr. Dafür waren Steffen und sein Team viel unterwegs: von Aschau im Chiemgau über Berchtesgaden, den Herzogstand, das obere Isartal, Garmisch-Partenkirchen und Oberstdorf bis hin zum Karwendel in Tirol. Es sei inhaltlich notwendig gewesen, an so vielen Orten zu drehen, erklärt Steffen. "Denn die Natur kennt keine Grenzen", fügt er hinzu. Gefilmt wurde an insgesamt 25 Tagen, im vergangenen Januar war der Film dann abgedreht. Seit November 2018 lief die Postproduktion, in der der Filmemacher an Schnitt, Musik und Soundtrack des Streifens feilte. "Das ist die eigentliche große, schöne und kreative Arbeit", sagt der Seeshaupter. Anfang Juni war der Film schlussendlich fertig. Noch bevor ein einziger Kinobesucher "Alpgeister" gesehen hat, wurde Steffens neuestes Werk für den Hauptpreis des Naturvision-Filmfestivals in Ludwigsburg nominiert. Dieses sei europaweit das wichtigste Festival mit Filmen rund um die Themen Natur, Wildlife und Umwelt, wie seine Sprecherin Maren Martell kürzlich mitteilte.

Ursprünglich wollte Steffen nur fiktionale Filme machen. Als Drehbuchautor hat er bisher mehr als 50 Spielfilme geschrieben. Seinen ersten Dokumentarfilm "Bulldogs", in dem er Traktorgeschichten vom Starnberger See erzählt, hat er "nur zum Spaß" gemacht. Doch seitdem hat ihn dieses Genre nicht mehr losgelassen. "Das war sehr besonders für mich", erzählt Steffen. Am meisten habe ihm gefallen, sich auf unterschiedliche Menschen einzulassen und ihnen eine Stimme zu geben. "Selbst nach zwölf Filmen ist es noch immer erfüllend für mich, das zu tun", sagt er. Mit seinen Dokumentarfilmen will der Seeshaupter die Region immer weiter entdecken und das mit Menschen teilen. Auch seine bisherige Lebenserfahrung prägt seine Arbeit. Durch die vielen unterschiedlichen Jobs, die er in jungen Jahren gemacht hat - Steffen war nach seinem Abitur unter anderem als Skilehrer, Hafen- oder Fabrikarbeiter tätig -, sei es für ihn einfacher, auf Menschen einzugehen und über sie zu schreiben. "Ich wollte nie ein einziges Fach studieren, sondern das Leben", meint er. Über Praktika und Volontariate hat er schließlich das Filmhandwerk von der Pike auf gelernt und macht seitdem genau das, was er auch schon als Kind tun wollte: Filme machen.

"Alpgeister" ist aber nicht das einzige Eisen, dass Steffen gerade im Feuer hat. Sein aktuelles "Lieblingsprojekt", dass er nun seit mittlerweile sieben Jahren umsetzen möchte, ist eine Art Streamingdienst für die Region. "Ola-TV", eine Kurzform für Oberland-TV, wird schließlich in diesem Herbst auf Sendung gehen. Und zur Abwechslung sei auch ein neuer Spielfilm in Planung, erzählt der 64-Jährige.

Der Dokumentarfilm "Alpgeister" feiert am 4. Juli auf der Flussbühne Wolfratshausen Prämiere, ab dem 18. Juli ist er dann deutschlandweit in den Kinos zu sehen. Am 26. Juli wird er im Starnberger Seebad im Rahmen des Kino Open Airs gezeigt, wo Walter Steffen persönlich mit dabei sein wird.

© SZ vom 21.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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