Jahresrückblick:Widerstand am Wendegleis

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Wo geht's denn hier zum See? Bahnhof und Gleise trennen die Stadt vom See - ein Umstand, der die Starnberger schon lange ärgert. Doch ein Umbau würde Millionen verschlingen. (Foto: Nila Thiel)

Das Jahrhundertprojekt "Seeanbindung" kostet Starnberg 177 Millionen Euro, doch die Stadt ist nahezu pleite. Jetzt muss neu verhandelt werden mit der Bahn.

Von Peter Haacke, Starnberg

Die Stadt, die Bahn, der See und die Seeanbindung: Das Thema ist in Starnberg seit Jahrzehnten ein Dauerbrenner - mit ungewissem Ausgang. Tief gespalten ist die Meinung in Bevölkerung und Politik ob der Sinnhaftigkeit des komplexen Vorhabens, das zwar "nice to have" wäre, aber auch unbezahlbar erscheint: 177 Millionen Euro soll laut einer vagen Schätzung der Umbau der Bahnanlagen am See, die Neugestaltung der Seepromenade und eine Verlegung des Regionalzughalts an den Bahnhof Nord kosten. Größte Herausforderung dabei: die Finanzierung. Die Stadt ist so gut wie pleite, und in der Kalkulation fehlen 80 bis 90 Millionen Euro - Geld, so die große Hoffnung, das Bund und Freistaat spendieren sollen. Doch der große Geldsegen lässt bislang auf sich warten.

Ende Januar präsentiert Starnbergs Bürgermeister Patrick Janik (CSU, UWG, SPD, BLS) einen Vertrag, den er nach monatelangen Verhandlungen mit Vertretern der Deutschen Bahn (DB) ausgehandelt hat: Die technischen Fragen sind geklärt, die Stadt hat ein Jahr lang Zeit, die Finanzierung zu sichern. Im Rahmen einer Infoveranstaltung werden die Pläne am 1. März den Bürgern präsentiert, große Begeisterung kommt dabei jedoch nicht auf. Neben Zweifeln an der Finanzierbarkeit formiert sich vor allem im Süden der Stadt Widerstand bei betroffenen Anwohnern: Zwischen Oberfeld, Oberer Seeweg und Oskar-von-Miller-Straße soll ein technisch notwendiges Wende- und Abstellgleis gebaut werden. Befürchtet werden Lärmbelästigungen und Eingriffe ins Landschaftsbild.

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Der Widerstand am Wendegleis wächst. Neben den politischen Gruppierungen meldet sich der Verein "Schöner zum See" zu Wort, die Anwohner gründen die Initiative "Lebenswertes Starnberg für alle" mit dem Ziel, Wende- und Abstellgleis nebst Zufahrt und die "irrsinnige Geldausgabe".

Kritik erntet die Stadt auch, nachdem sie im Mai einer alten Forderung nachkommt: Sie veröffentlicht die Bahnverträge, doch einige Passagen sind geschwärzt. Der Stadtrat benennt im Juni einen fünfköpfigen Lenkungskreis für die Verhandlungen mit der Bahn, derweil schießt die FDP quer: Sie fordert, die Verträge mit der DB zu kündigen. Notfalls soll es dazu ein Bürgerbegehren geben.

Im Dezember zieht die Stadt die Sicherheitsreißleine. Allen Hintergrundgesprächen zum Trotz ergeben sich keine finanziellen Zusagen, man wird mit der Bahn 2024 weiter verhandeln. Das ist immer noch besser als eine Schadenersatzklage über 170 Millionen Euro, die sich ebenfalls über Jahrzehnte hinziehen dürfte.

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