Raumfahrt:Mal eben aussteigen ins Weltall

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Astronaut Matthias Maurer (links, die Beine nach oben) bei seinem ersten Weltraumausstieg. Rechts neben ihm mit roten Streifen auf dem Raumanzug arbeitet sein amerikanischer Kollege Raja Chari. (Foto: Georgine Treybal)

Astronaut Matthias Maurer muss ein paar Hausmeisterjobs an der ISS machen und die Raumstation dafür erstmals verlassen. Überwacht wird der Außeneinsatz vom DLR-Kontrollzentrum in Oberpfaffenhofen.

Von Carolin Fries, Weßling

Plötzlich klappt die kreisrunde Luke der ISS-Schleuse zurück und ein Mann in weißem Raumfahrt-Anzug mit Helm schwebt heraus, kurz darauf ein zweiter. Der deutsche Astronaut Matthias Maurer und sein amerikanischer Kollege Raja Chari haben die internationale Raumstation ISS für einen Außenbordeinsatz verlassen. Nur durch ein Kabel gesichert schweben sie im Weltall 400 Kilometer über der Erde. Die beiden sind 23 Minuten zu früh dran, laut Einsatzplan sollte der Ausstieg um 13.55 Uhr erfolgen. "Naja, die haben ja gut zu tun", sagt Thomas Uhlig, ehemaliger Flugdirektor im Columbus-Kontrollzentrum des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen. Womöglich haben sie aber auch einfach die Aufregung nicht länger aushalten können. "Ins Weltall aussteigen - für einen Astronauten ist das das Größte", sagt Volker Schmid, Manager der "Cosmic Kiss"-Mission von Maurer.

Der ehemalige Flugdirektor Thomas Uhlig begleitet den Einsatz vom Kontrollzentrum in Oberpfaffenhofen aus. (Foto: Georgine Treybal)

In der Geschichte der ISS war es der 248. Weltraumausstieg, für den 52 Jahre alten Maurer eine Premiere. Als vierter deutscher Astronaut durfte er einen solchen akribisch und von langer Hand vorbereiteten "Einsatz mit höchstem Risiko" absolvieren, so Schmid. Psychisch sei das sehr fordernd, zudem "körperlich harte Arbeit". Im Kontrollzentrum in Oberpfaffenhofen hatten sie ihren "Matthias" jedenfalls genau im Blick, auch wenn es für den Astronauten bei der sechseinhalbstündigen Klettertour über die ISS vor allem Hausmeisterjobs zu erledigen gab. Auf mehreren Bildschirmen verfolgte das Team den Einsatz, Nasa-TV übertrug den "Spacewalk" per Livestream. Einen Roboter könne man diese Aufgaben nicht erledigen lassen, die kognitiven Fähigkeiten des Menschen seien durch eine Maschine auf absehbare Zeit nicht zu ersetzen, so Uhlig.

Alles im Blick: Im Kontrollraum des DLR werden sämtliche Aktivitäten auf der ISS überwacht und gesteuert. (Foto: Georgine Treybal)

Die beiden Astronauten hatten einen Teil des Kühlsystems zu reparieren und neue Schläuche an einem Ventilmodul zu installieren. Zudem musste eine Kamera auf der Auslegerstruktur ausgetauscht werden. Maurer hatte für die Europäische Weltraumorganisation ESA zudem den Auftrag, die kommerzielle Außenplattform "Bartolomeo" betriebsbereit zu machen - dort habe der Stecker für die Strom- und Datenverbindung geklemmt, so Schmid. Klingt nach einem simplen schnellen Handgriff, "ist im All aber kein Spaziergang", wie Schmid erklärte. So stünden die Raumanzüge mit einem Drittel Bar unter Druck, gegen den die Astronauten bei jeder Bewegung anarbeiten müssten. Zudem änderten sich ständig die Lichtverhältnisse, weil die ISS die Erde in 90 Minuten einmal komplett umkreise. Entsprechend arbeiteten Maurer und Chari entweder in gleißendem Sonnenlicht bei etwa 200 Grad Außentemperatur oder in tiefster Dunkelheit bei bis zu minus 200 Grad.

Noch am Morgen hatte Maurer an das Kontrollzentrum gemeldet, dass die Heizung in einem seiner Handschuhe defekt sei. Man war übereingekommen, dass es dennoch funktionieren müsste - und falls nicht, würde der Einsatz eben abgebrochen. Doch von wegen Abbruch: Maurer hangelte sich wie beim Klettern von einem Handgriff zum nächsten und krabbelte über die fußballfeldgroße ISS, Werkzeug und Material im Gürtel um den Bauch und diversen Taschen. Ob alles geklappt hat, sollte sich erst abends gegen 20 Uhr nach Rückkehr in die Raumstation zeigen. Für Maurer stand dann nur noch "sleeping" auf dem Einsatzplan.

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