Hochwasser in der Region:Pumpen und Sandsäcke stehen bereit

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Die Würm ist seit Wochen randvoll - und es ist weiter Dauerregen angesagt: Das Wasserwirtschaftsamt München warnt vor weiter steigenden Pegeln an Würm und Isar.

Martin Bernstein und Armin Greune

Mehr als ein Meter Pegelstand in Obermenzing - die Würm ist bereits seit Wochen randvoll. Doch das Wasserwirtschaftsamt München warnt vor erneutem Hochwasser. Bereits gestern Vormittag forderte die Behörde dazu auf, "alle Vorkehrungen zu treffen, damit in den Abendstunden Sicherungsmaßnahmen durchgeführt werden können, wenn die ungünstigsten Niederschlagsprognosen zutreffen".

Sandsackbarrieren: So wie in Starnberg könnte es bald wieder an vielen Orten entlang der Würm aussehen. Der Dauerregen am Alpenrand lässt das Hochwasser des Sees und seines einzigen Abflusses erneut ansteigen. (Foto: Georgine Treybal)

Hintergrund der Vorwarnung: Der Deutsche Wetterdienst (DWD) sagte für die Nacht, vor allem aber auch am Dienstag tagsüber "schauerartig verstärkten und in den Staulagen auch ergiebigen Dauerregen" voraus. 50 bis 80 Liter Regen pro Quadratmeter könnten binnen eines Tages zusammenkommen.

Der erneute Dauerregen trifft auf bereits seit dem Wochenende wieder ansteigendes Hochwasser im Starnberger See und in seinem einzigen Abfluss, der Würm. "Die momentan prognostizierten Niederschläge der kommenden Nacht lassen aber noch höhere Wellen erwarten", warnte gestern das Wasserwirtschaftsamt München. Tatsächlich stiegen die Pegel am Montag erneut an.

In Leutstetten werde vermutlich Meldestufe 3 wieder überschritten, so das Wasserwirtschaftsamt. Auch an der Isar könne Meldestufe 1 in München und Freising nicht ausgeschlossen werden. Mit dem siebten Starkregen dieses Sommers wäre dann auch ein neuer Rekordhochwasserpegel des Starnberger Sees zu erwarten. Dabei hoffen die Anlieger der Starnberger Wassersportsiedlung ohnehin seit vier Wochen vergebens auf einen Rückgang der Flut.

Für den Segelclub Würmsee auf dem Gelände der Rambeck-Werft war es eine glückliche Fügung, dass just vor der großen Flut eine Firma aus Oberstdorf am 5.August ihr neues mobiles Deichsystem in Starnberg vorführte: Auf zehn Meter Länge wurden die mit Wasser vollgepumpte Schläuche verlegt. Bis heute leistet die Barrikade auf der Terrasse vor dem Versorgungstrakt des Clubgebäudes wichtige Dienste.

"Schnell und gut" lautet auch das Urteil von Hermann Straub, Präsident des SC Würmsee über den vom Umwelttechniker Richard Brinker vertriebenen Mobildeich. Ein zehn Meter langes Modul lässt sich im Kofferraum eines Autos transportieren, mit zwei bis vier Personen lassen sich innerhalb einer Stunde 100 Meter Schlauchwall aufbauen. "Wäre die Firma Brinker nicht an jenem Mittwoch hier gewesen, hätte der See alles überflutet", sagt Straub. Nur weil wegen der Demonstration Helfer bereit standen, wurden vorsorglich auch noch 500 Sandsäcke aufgeschichtet - drei Tage bevor der See einen neuen Rekordpegel erreichte. Mittlerweile laufen im Segelclub 13 Pumpen rund um die Uhr und um Clubhaus und Casino sind 1100 Sandsäcke verbaut worden - der Schlauchdamm ersetzt fast 200 Säcke.

Trotz der positiven Erfahrungen will der Segelclub den Mobildeich nicht dauerhaft anschaffen: "Das verschlingt für uns zu viel Geld, wir brauchen ihn ja nur alle zehn Jahre mal", meint Straub. "Das System ist wohl eher für rasche Einsätze an Fließgewässern geeignet", findet auch Helmut Schweickart, Vize-Kommandant der Starnberger Feuerwehr: "Es hält auf jeden Fall, was es verspricht." Für die ehrenamtlichen Helfer, die meist großflächige Überschwemmungen bekämpfen müssen, bleibe dennoch der klassische Sandsack das Mittel der Wahl: Bei einem Stückpreis von 2,50 Euro sei dies meist die kostengünstigste Lösung - auch wenn der Sack nach einmaligen Gebrauch entsorgt werden muss.

Grundsätzlich empfiehlt Schweickart von Hochwasser Betroffenen, auch konstruktiven Gebäudeschutz in Betracht zu ziehen: Alu-Stecksysteme mit elastischen Lippen, die ein Garagentor abdichten, oder selbstverschließende Kellerfenster, die von einem Schwimmer gesteuert werden. Entscheidend sei, ob ein Anwesen durch Oberflächengewässer oder aufsteigendes Grundwasser gefährdet sei.

Letzteres ist entlang der Würm, aber auch im Münchner Norden häufig der Fall. Die Betroffenen in Feldmoching oder Karlsfeld wollen nicht glauben, was ihnen die Wasserwirtschaftler sagen - dass nämlich der extrem hohe Grundwasserstand schuld an den nassen Kellern sei. In Feldmoching macht man den im Jahr 2000 fertiggestellten Nord-West- Sammelkanal dafür verantwortlich.

Die Anwohner der Karlsfelder Krenmoosstraße haben die großen Bauprojekte aus der Nachbarschaft in Verdacht: den Bau der Fernwärmeleitung und die 2,2 Hektar große Baugrube der Neuen Mitte. Womöglich hätten Fehler der beteiligten Baufirmen einen Rückstau des Grundwassers verursacht, in dessen Folge die Keller voll Wasser liefen, argwöhnen die Betroffenen. In einer von 145 Anliegern unterzeichneten Unterschriftenliste fordern sie von der Gemeinde nun umfassende Aufklärung.

© SZ vom 31.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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