Hochwasser-Chaos:Fünfseenland kämpft mit Wassermassen

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Land unter im Fünfseenland: In Traubing kämpfen die Anwohner mit Sandsäcken gegen das Wasser, der Schiffsverkehr funktioniert nur eingeschränkt - und Kinder flüchten aus einem Zeltlager.

C. Deussing u. M. Berzl

Überall Wasser: Im Fünfseenland sprudelt es an allen Ecken aus Kanaldeckeln und überflutet Fahrbahnen und Wiesen. Der Dauerregen lässt die Pegel von See und Würm weiter bedrohlich ansteigen; seit Freitagmorgen pro Stunde um einen Zentimeter.

Überall Wasser: Der Dauerregen lässt die Pegel von Bächen und Seen über die Ufer treten - auch in Traubing. (Foto: STA)

Am Starnberger See fehlten am Freitagnachmittag zum Stand des Pfingsthochwassers 1999 nur noch fünf Zentimeter. Schiffe können die meisten Stege nicht mehr anfahren. Einige Straßen, Fahrradwege und Unterführungen sind schon gesperrt. Finanzminister Georg Fahrenschon will am Montag nach Starnberg kommen, um sich über die Hochwasserlage zu informieren.

Besonders brisant ist die Situation am Schwarzen Graben in Traubing: Anwohner schichten Tausende Sandsäcke auf, die bei der Feuerwehr gefüllt wurden, um die Fluten einzudämmen. Ein Schrebergarten wird verwüstet, während hinter der Schreinerei Spatz bedrohlich das Wasser vorbeischießt. Wo sonst ein kleiner Bach plätschert, strömt jetzt ein fast 20 Meter breiter Fluss. "Es donnert hinein, und wir sind die Blöden", schimpft Landwirtin Anna Kögel. Das Wasser sickert in die Tenne, ihre Weide hat sich in einen See verwandelt.

Jetzt müsse ihre Familie Schlamm und die Scherben von der Wiese beseitigen. Verärgert ist auch Anlieger Bernd Satzger, der mit Helfern eine Barriere mit 300 Säcken errichtet hat. In Traubing gebe es häufig Hochwasser, weil kein Regenrückhaltebecken vorhanden sei, betont der Bauingenieur. Das müsse sich endlich ändern.

Auch die Rott, die durch Raisting fließt und in die Ammer mündet, ist an mehreren Stellen über die Ufer getreten. Eine Wiese im Ort ist großflächig überflutet; dort steht stellenweise knietief das Wasser. Der Zufluss und die Ammer füllen nun erst den Ammersee, so dass sich die Situation an dessen Ufern in den nächsten Tagen noch zuspitzen könnte.

Dramatische Szenen haben sich in der Nacht zum Freitag auf einer Wiese in Stillern bei Raisting abgespielt. Gegen 3 Uhr wurde die Einsatzzentrale der Polizei alarmiert, weil ein Zeltlager überschwemmt wurde. 30 Kinder kamen in einem Schulhaus unter, das der Bürgermeister in der Nacht öffnen ließ.

Schiffverkehr nur eingeschränkt möglich

Am Starnberger See sind die Häuschen in der Wassersportsiedlung am stärksten betroffen. Die Feuerwehr ist dort im Dauereinsatz, berichtet Kreisbrandinspektor Anton Graf. Gestern wurden weitere Sandsäcke geliefert, um Grundstücke zu sichern. In der Unterführung am Bahnhof am See hat das Technische Hilfswerk (THW) einen 60 Meter langen Alu-Steg errichtet, damit Fahrgäste noch trockenen Fußes zu den Bahnsteigen gelangen. Das Wasser sei von unten durch die Gullys hineingedrückt, sagte THW-Einsatzleiter Jan- Peter Wens. Um weitere Einsätze zu koordinieren, haben sich Mitarbeiter der Stadtverwaltung am Vormittag zu einem Krisengespräch getroffen, teilte Ordnungsamtsleiter Augustin Ullmann mit.

Die Schifffahrt auf dem Starnberger See ist nur noch eingeschränkt möglich. Vom heutigen Samstag an können Passagiere nur noch in Starnberg und Tutzing zu- und aussteigen. Der Grund: Die Schiffe liegen weit oberhalb der Stege, der Zugang wird daher zu steil. "Es ist zu gefährlich", sagte Schifffahrts-Geschäftsführer Walter Stürzl.

Im Grubmühlerfeld wurde ein Abfluss zu den tiefer gelegenen Wiesen geschaffen, damit dort das Wasser abfließen kann. So soll die Überschwemmungsgefahr in den flussabwärts gelegenen Orten verringert werden. Die Gemeinde Gauting hat vorsichtshalber den Parkplatz beim Schwimmbad gesperrt. Irene Lang-Reeves, die gleich daneben wohnt, ist bereits um 4 Uhr morgens aufgestanden, um die Würm zu beobachten. Sie ist froh, dass am Ufer eingewachsenen Sandsäcke vom Pfingsthochwasser 1999 noch Schutz bieten. Wer Sandsäcke benötigt, kann sich unter 08141/22700-606 an die integrierte Leitstelle in Fürstenfeldbruck wenden.

© SZ vom 07.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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