Bildende Kunst:Besuch im wundersamen Kunstladen

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Einbauschrankkünstler Dirk Eckert betrachtet die Welt bei der Ausstellung der "Künstler aus dem Einbauschrank" durch seine kaugummirosarote Skulptur "Bubble - Ein Blick aus der Filterblase". (Foto: Georgine Treybal)

"Die Künstler aus dem Einbauschrank" präsentieren ihre kreativen Ideen in der ehemaligen "Getränkequelle Schwarz" in Herrsching. Der Blick in die temporäre Galerie ist bis zum 5. Mai möglich.

Von Katja Sebald, Herrsching

Sie haben es also wieder getan: Die Herrschinger Kreativtruppe, die unter dem Namen "Die Künstler aus dem Einbauschrank", oder auch kurz "DKADE", leerstehende Gebäude in temporäre Galerien und Event-Locations verwandelt, hat die ehemalige "Getränkequelle Schwarz" in der Madeleine-Ruoff-Straße angemietet und ihr noch einmal Leben eingehaucht. Am vergangenen Freitag fand die Vernissage für die Ausstellung "Kunst an der Quelle" statt, die noch an den kommenden beiden Wochenenden zu sehen sein wird.

Mit "Kunst im Einbauschrank" mischten sieben befreundeten Künstlerinnen und Künstler 2012 erstmals die Herrschinger Kulturszene auf, 2014 wurde die Gruppe mit dem Kulturförderpreis des Landkreises Starnberg ausgezeichnet. Seither hat sich die "Besetzung" auf drei Positionen verändert. "Die Künstler aus dem Einbauschrank" sind aber nach wie vor zu siebt - auch wenn Christof Jenauth bei der aktuellen Ausstellung nicht mit von der Partie ist.

Die sieben "Nebenerwerbskünstler", die alle aus kreativen Berufen kommen, haben in der Vergangenheit eine marode Villa voller Einbaumöbel, ein Mietshaus mit insgesamt 36 Zimmern oder ein Industriegebäude mit mehr als 1000 Quadratmetern Fläche bespielt. Im Vergleich dazu haben sie sich mit den 86 Quadratmetern in dem schnöden Flachbau aus den 1970er-Jahren eine relativ überschaubare Aufgabe gestellt - allerdings müssen sie diesmal drei Monate lang Miete zahlen, weitgehend ohne Sponsoren auskommen und deshalb auch ein großes Rahmenprogramm stemmen, um sich zu refinanzieren. Zu ihren charmantesten Ideen gehören dabei "Künstlergetränke", deren Flaschenetikette sie individuell gestaltet haben und die man gegen eine Spende erwerben kann.

In der Ausstellung werden die Besucher willkommen geheißen. (Foto: Georgine Treybal)

Auch sonst dreht sich bei diesem Event vieles um Getränke und ihre Folgen. So wurden etwa die Besucher der Vernissage von einem Turm aus gelben Getränkekisten empfangen, den Gesine Dorschner so hoch gestapelt hat, dass er das Dach des Gebäudes durchbrochen hat - der Titel "Drink Big" war naheliegend. Ein weiterer, noch höherer Kistenturm soll bis zum zweiten Ausstellungswochenende errichtet werden. Dorschner experimentierte auch mit verschütteten Getränken für eine Serie von bezaubernden Druckgrafiken.

Felix Maizet hat auf einer Fensterbank die zwar kleine, aber durchaus eindrucksvolle Installation mit dem Titel "Bier auf Wein..." angebracht. Das verwendete Material umschreibt er mit "Mixed Media". Wie gesagt, es geht um alkoholische Getränke und ihre Folgen, die manchmal durchaus unappetitlich sein können. Maizet lässt außerdem ein blindes Huhn einen Korn finden und zeigt auf einem Sockel eine weitere Installation aus Bierflaschen, die den Titel "Bis einer umfällt..." trägt.

"Bis einer umfällt...", heißt die Installation von Felix Maizet. (Foto: Georgine Treybal)

Dirk Eckert präsentiert sich wie schon in den früheren Ausstellungen mit seinen Zeichnungen, Illustrationen und Installationen voller beißendem Humor. Er betrachtet die Welt durch die Skulptur einer kaugummirosaroten Filterblase und zeigt auf einem Votivbild einen Hans-Guck-in-die Luft, die Hände in der Lederhose und abgehoben mithilfe einer rosaroten Kaugummiblase. Und auf einem Täfelchen die bittere Erkenntnis: "Konnt ich nicht wissen, wie fragil sie war, die freie Welt, in der ich lebte. Konnt ich nicht spüren, wie hoch sie war, die Höhe, in der ich schwebte."

Dirk Eckert präsentiert seinen "Ex Voto der Demokratie"... (Foto: Georgine Treybal)
...und die "Frau mit Kaugummi'. (Foto: Georgine Treybal)

Heiter wie eh und je aber sind die klimperäugigen Mädchenfiguren von Monika Roll. Sie gehen diesmal baden, trinken Wasser, Limo und Brause, vielleicht auch "Schampus Royal" und bunte Cocktails mit Strohhalm und Sonnenschirmchen - Alkoholexzesse muss man bei ihnen trotzdem nicht befürchten.

Enno Müller-Spaethe zeichnet für die Beschriftung auf den Schaufenstern dieses wundersamen Kunstladens verantwortlich. Ebenso wie Nina Fritzsche ist er vor allem für das Rahmenprogramm der Ausstellung zuständig: An den kommenden Wochenenden erwartet die Besucher ein spannender Mix aus Kunst, Live-Konzerten, Tanz-Performances, Comedy, Lesungen und Überraschungs-Aktionen. Danach überlassen die "Künstler aus dem Einbauschrank" ihren Laden, in dem es auch diesmal einen Shop mit Kunst zum Mitnehmen gibt, vier Gastausstellerinnen. Termine und Öffnungszeiten unter dkade.de.

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