Naturschutz:Wasser fürs Moor

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Waren über Stock und Matsch unterwegs ins Wildmoos: Georg Zankl vom Bauernverband, Gilchings Bürgermeister Manfred Walter, Michael Padberg vom Unternehmerverband, Planer Alexander Siuda, Landrat Stefan Frey und Projektleiterin Petra Gansneder von der Unteren Naturschutzbehörde sowie etliche Begleiter. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Mit mehr als einhundert Torfdämmen wird das einst trocken gelegte Gilchinger Wildmoos aufwendig renaturiert. Regierung und Landkreis investieren damit in den Klima- und Hochwasserschutz.

Von Patrizia Steipe, Gilching

Das sumpfige Erdreich bebt und wackelt unter dem Gewicht eines riesigen Moorbaggers mit extrabreiten Ketten. Ein Arbeiter hat ihn mitten im Wald auf eine Art Floß aus Baumstämmen gestellt. Er lässt die mächtigen Baggerschaufeln immer wieder in die Tiefe hinabfahren, schöpft feuchte, schwarze Erde, häuft sie dann auf einen Torfdamm und klopft sie mit der Schaufel fest. Im Naturschutzgebiet "Gilchinger Wildmoos", einem der größten Hoch- und Übergangsmoore im Landkreis Starnberg, sollen 34 der insgesamt 45 Hektar Moor wiedervernässt werden. Im Januar wurde der zweite Abschnitt der im Vorjahr begonnenen Maßnahmen fortgesetzt.

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Nachdem sie zunächst etliche standortfremde Fichten gefällt haben, bauen die Arbeiter nun die Torfdämme. Im vergangenen Jahr wurden die ersten 20 Torfdämme errichtet, heuer kommen 90 dazu. Sie sollen verhindern, dass über die Gräben Wasser aus dem Moor abfließt. Dafür werden Nut- und Federbretter zusammengefügt, quasi als Sperre in das Erdreich der Gräben gerammt und mit Torf abgedichtet. "Das verhindert, dass die Bretter vermodern", erklärt Petra Gansneder, Leiterin des Moorprojekts in der Unteren Naturschutzbehörde Starnberg. "Der Bagger steht ja wie auf einem Wasserbett", staunt Georg Zankl, Kreisobmann des Bauernverbands Starnberg. Der Landwirt ist einer von etwa 130 Eigentümern einer Moorparzelle, die der Wiedervernässung zugestimmt oder sie an den Landkreis verkauft haben. Gemeinsam mit Vertretern des Landratsamts, der Gemeinde Gilching, des Unternehmerverbands, Mitgliedern des Umweltausschusses und der Naturschutzbehörden besucht er das Projektgebiet. Die Arbeiten sind schon von weitem durch die kreischenden Kettensägen, die Akkuschrauber und Motorengeräusche zu hören. Dabei muss die Gruppe wiederholt durch Matsch und Pfützen stapfen und über umgefallene und vermodernde Baumstämme klettern. An diesem Tag wird einer der letzten Entwässerungsgräben trocken gelegt. "Das Moor soll wieder in seinen Originalzustand versetzt werden", erklärt Gansneder. Finanziert wird das Projekt zu 90 Prozent von der Regierung, zehn Prozent muss der Landkreis zahlen.

Mit schwerem Gerät sind Spezialisten im Moor unterwegs, um Sperren in die vor Jahrzehnten angelegten Entwässerungsgräben einzubauen. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Seit letztem Jahr sieht man schon deutliche Erfolge. Cornelia Siuda, Moorexpertin und zuständig für das Klimaprogramm "Moore Bayern" bei der Regierung von Oberbayern zeigt auf eine leichte Erhöhung. "Diesen Damm haben wir voriges Jahr angelegt", erklärt sie. Auf einer Seite hat sich bereits eine kleine Wasserfläche mit Grasinseln gebildet. Die dünne Eisdecke reißt als die Delegation vorbeistapft und die Umgebung zum Schwingen bringt. Ein paar Schritte weiter sieht es völlig anders aus. Die Fläche konnte nicht vernässt werden und liegt trocken, da der Eigentümer nicht zugestimmt hat. "Manche wollen eben nicht", bedauert Siuda.

Um auf dem weichen Boden mit dem Bagger arbeiten zu können, wurde ein Holzweg vorbereitet. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die große Anzahl an Eigentümern im Wildmoos ist historisch bedingt. Vor etwa 100 Jahren wurden die Torfparzellen an die Bevölkerung verteilt, damit die Familien Torf zum Verheizen stechen konnten. Um die mühsame Arbeit zu erleichtern, wurde ein Hauptgraben und unzählige kleine Seitengräben zur Entwässerung des Moores gezogen. Bis in die 50er-Jahre wurde Torf gestochen, danach blieb ein von unzähligen Gräben durchzogener Wald zurück. Das hat zur Folge, dass das Moor allmählich austrocknet. 1979 wurde das Wildmoos zum Naturschutz- und 2000 zum FFH-Gebiet (Fauna-Flora-Habitat) erklärt. Mittlerweile breitet sich jedoch eine Vegetation aus, die die Moorpflanzen zu verdrängen droht. "Wenn wir warten, wird das ein schlechter Wald", mahnt Siuda und zeigt auf ein paar kümmerliche Fichten, die dem Boden zusätzlich Wasser entziehen, sich aber wegen der schlechten Qualität nicht als Bauholz eignen.

Moore können helfen, Hochwasser zu verhindern

Dabei haben Moore einen großen Nutzen. Siuda reißt einen Büschel Torfmoos aus und holt zum Vergleich etwas trockenes Nadelwaldmoos. "Torfmoos kann das 30-fache seines Eigengewichts binden", erklärt sie und quetscht als Beweis beide Moose. Während das Wasser aus der einen Hand tropft, bleibt die andere trocken. Bei Starkregenereignissen ist die wasserbindende Fähigkeit des Torfmooses von unschätzbarer Wirkung. "Damit können Niederschlagsspitzen um drei Tage verzögert werden", erklärt die Landschaftsökologin. Das könnte Hochwasser verhindern. Ein weiterer Vorteil ist, dass Torf Kohlenstoffdioxid bindet. Wenn das Moor austrocknet, wird es jedoch wieder freigesetzt. Siuda hofft nun, dass im Wildmoos bald die typische Moorvegetation wie Spirke oder Mooreiche, Sonnentau, Moos- und Rauschbeere wieder gedeiht. Das Moor ist aber auch ein wichtiger Rückzugsraum für Vögel oder Wildtiere. Nicht zuletzt können mit den renaturierten Flächen Ökopunkte gesammelt werden. "Pro Quadratmeter gibt es einen", erklärt Zankl.

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