Sanierung:Nächster Halt: Gauting-Bürgerbahnhof

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Die Architektin Anne Beer gewinnt mit ihrem Entwurf, der den Erhalt des alten Ziegelgebäudes und flache Anbauten samt Dachterrasse vorsieht, den von der Gemeinde ausgeschriebenen Wettbewerb.

Von Michael Berzl, Gauting

"Gautinger Bürgerbahnhof" steht in einer geschwungenen weißen Schrift an der Fassade. Die Ziegelmauern des mehr als 100 Jahre alten Empfangsgebäudes sind freigelegt, auf beiden Seiten sind einstöckige Flachbauten in dazu passender Optik hinzugefügt. Auf einer Dachterrasse werden Gäste eines Cafés bewirtet. So könnte es einmal aussehen am Gautinger Bahnhof, wenn die Ideen der Architekturprofessorin Anne Beer Wirklichkeit werden. Die Stadtplanerin hat mit ihrem Vorschlag eine Art Wettbewerb gewonnen, den die Gemeinde ausgeschrieben hat.

Am Dienstag hat sie zusammen mit dem Landschaftsarchitekten Clemens Fauth ihr Konzept im Bauausschuss vorgestellt, vom kommenden Montag an sind ihre Pläne zusammen mit den Beiträgen aus fünf weiteren Büros einen Monat lang im Rathaus ausgestellt. In einem Punkt sind sie sich alle einig: Der historische Bahnhof soll stehen bleiben.

Das ist nur ein Detail in den Planungen, die sich über den Bereich vom Post-Gelände bis zum Ende des Park&Ride-Platzes bei der Ammersee-Unterführung erstrecken. Aber es ist von großer Bedeutung für die Gautinger, denn sie hängen sehr an dem alten Bahnhofsgebäude, das um 1900 in klassischer Ziegelbauweise errichtet worden war und wohl noch lange stehen bleiben wird. Neun Jahre ist es nun her, dass sich eine große Mehrheit im Gemeinderat für einen Abriss ausgesprochen hatte. Nach diversen Untersuchungen, einem Ideenwettbewerb, Bürgerbeteiligungen und Appellen zum Erhalt liegen nun weitere Entwürfe vor, wie sich der Bahnhof und sein Umfeld entwickeln könnten. Vorgegeben war dabei, dass parallel zu den Gleisen unter dem jetzigen Park&Ride-Platz eine Tiefgarage mit 280 Stellplätzen entsteht.

Mehrfachbeauftragung nennt sich das Verfahren, das die Gemeinde diesmal gewählt hat, um Vorschläge für die städtebauliche Entwicklung rund um den Bahnhof zu bekommen. Nach der Auslobung im vergangenen Dezember gab es mehrere Schritte von einem Colloquium im Frühjahr bis zur Abschlusspräsentation im September, bei der die Entscheidung gefallen ist, welcher Beitrag die besten Noten erhält. Auch im Ausschuss erhielt Beers Vorschlag fast durchgängig Lob aus verschiedenen Fraktionen. Vize-Bürgermeister Jürgen Sklarek (Mifü) etwa erklärte: "Das ist sehr überzeugend. Man sieht, was man alles mit dem alten Bahnhof machen kann." Fast 13 Jahre ist es nun her dass die Gemeinde das Gelände gekauft hat.

Welchem Zweck das Gebäude einmal dienen soll, ist gar nicht vorgegeben. Beer sprach zwar mehrfach von einem "Kultur-Bahnhof", betonte aber jedes Mal, dass es sich dabei lediglich um einen Arbeitstitel handele. Insgesamt umfasst der Planbereich mehr als drei Hektar. Auf dem Post-Gelände, das sich in Privateigentum befindet, könnte sich die Architektin Stadtwohnungen und ein Gründerzentrum in Häusern mit drei Etagen vorstellen. Beim Busbahnhof mit Wendeschleife, der neu angelegt wird, könnte nach ihren Vorstellungen Platz für einen Wochenmarkt geschaffen werden. Weiter in Richtung Ammerseestraße schlägt sie günstigen Wohnraum in einfachen Holzbauten vor. Beer sprach von "Starter-Wohnungen", etwa für Studenten, musste aber auf Nachfragen einräumen, dass nicht geklärt ist, ob das an der Stelle wegen der Lärmbelästigung durch vorbei fahrende Züge und S-Bahnen rechtlich überhaupt zulässig wäre. Auch Flächen für Co-Working, also gemeinsam genutzte Büroräume, wären dort denkbar.

Bei einer Fahrradabstellanlage mit 558 Stellplätzen auf zwei Etagen könnte nach dem Entwurf auch eine Verleihstation oder eine Packstation untergebracht werden. Um Bäume zu retten, würde die Architektin die Fläche der geplanten Tiefgarage verkleinern und dazu die Stellplätze anders anordnen. Mit kritischen Worten bedachte Beer den im November vorgestellten Entwurf aus dem Büro Obermeyer: "Die Garage ist nicht wirtschaftlich organisiert. Das sieht jeder Laie."

Kritik an Beers Vorstellungen kam lediglich von UBG-Gemeinderat Richard Eck, der die Änderungen an der Tiefgaragenplanung nicht so einfach hinnehmen wollte. Schließlich seien die Feinheiten mit dem Büro Obermeyer "in stundenlangen Gesprächen erarbeitet worden".

Recht distanziert klangen die Äußerungen der Architektin, die sich gerne gewählt ausdrückt, über den Gebäudekomplex mit Wohnungen und Läden, den die Erlanger Immobilienfirma Sontowski gerade an der Bahnhofstraße und damit in unmittelbarer Nachbarschaft des Plangebiets errichtet. Den Neubau nannte sie "vom Maßstab durchaus respektabel", was man "eher als singulären Schwerpunkt begreifen sollte". Zum Bahnhof hin entstehe eine "sehr hohe, fünfgeschossige Flanke". Sie habe versucht, "die Engstelle wieder zu entlasten, den Maßstab etwas runterzustaffeln."

Die Entwürfe von Architekturbüros für den Gautinger Bahnhof und sein Umfeld werden im ersten Stock des Rathauses ausgestellt. Bei der Eröffnung am kommenden Montag, 14. Oktober, von 19.30 bis 22 Uhr, ist auch die Architektin Anne Beer anwesend, um Fragen zu ihrer Arbeit zu beantworten.

© SZ vom 10.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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