Trockenheit:Wasserpegel am Starnberger See so niedrig wie selten

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Mehr als ein halber Meter Wasser fehlt dem Starnberger See, die Fische leiden. Besserung ist nicht in Sicht.

Von Sabine Bader, Starnberg

Wer dieser Tage am Ufer des Starnberger Sees spazieren geht oder radelt, dem fällt es sofort auf: Der Wasserspiegel ist so niedrig wie seit Jahren nicht mehr. Zwischen der Seeburg und Ammerland sind plötzlich Strände entstanden, wo sonst das Wasser bis zum Uferbewuchs schwappt. Die Stege wirken wie auf Stelzen, an ihren Pfählen sind blankgewaschene Stellen freigelegt. Nach Angaben von Experten ist der Pegel seit Januar um mehr als einen halben Meter geschwunden - genau genommen um 56 Zentimeter. Bezogen auf die Größe des Starnberger Sees von fast 57 Quadratkilometern fehlt damit eine gigantische Wassermenge von 30 Millionen Kubikmetern.

Der Hochwassernachrichtendienst des Freistaats stuft den Pegelstand derzeit in die Kategorie "sehr niedrig" ein. Das bedeutet laut den Statistiken, dass der Wasserstand niedriger ist als 90 Prozent aller Werte. Im Umkehrschluss heißt das: Nur in höchstens zehn Prozent der Fälle wurden im Lauf der Jahrzehnte noch niedrigere Werte gemessen. "Aktuell liegt der Seewasserspiegel 583,99 Meter über Normalnull und damit 17 Zentimeter über dem niedrigsten Niedrigwasserstand von 583,82 Meter", sagt der Leiter des Wasserwirtschaftsamts Weilheim, Roland Kriegsch. Er kann auf einen extrem langen Betrachtungszeitraum von mehr als hundert Jahren zurückblicken - auf Pegelmessungen seit dem Jahre 1908.

"So einen extrem niedrigen Wasserstand hatten wir fast noch nie", sagt Michael Schubert vom Institut für Fischerei in Starnberg. Schubert, der dort den Arbeitsbereich Fluss- und Seenfischerei leitet, sorgt sich weniger um den See und die meisten Fische darin, als um eine ganz bestimmte Art: die Seeforelle. Dieser Seefisch will laut Schubert jetzt in die Fließgewässer - in diesem Fall Maisinger Bach und Lüßbach - einwandern, um dort zu laichen. Das allerdings können die Tiere jetzt nicht, weil das Wasser darin zu niedrig ist. "Seeforellen brauchen eine gewisse Wassertiefe", erklärt Schubert. Auch die seltene Mühlkoppe hat es in diesem Jahr besonders schwer, weil der Wasserspiegel im Maisinger Bach so stark absank, dass ihr fast kein Lebensraum mehr blieb.

Der Grund für den extrem niedrigen Wasserpegel: die geringen Niederschlagsmengen in diesem Jahr, was zu niedrigen Grundwasserständen führte. Der wenige Regen wurde von den Böden aufgesogen. Andererseits herrschten "hohe Temperaturen, die auch jetzt noch deutlich über dem langjährigen Mittelwert liegen" und laut Wasserwirtschaftsamt Weilheim "eine erhöhte Verdunstung bewirkt" haben. Nun muss man wissen, dass der Starnberger See auch über keinen nennenswerten oberflächlichen Zufluss verfügt. Er speist sich in der Hauptsache aus dem Grundwasser und durch kleine unterirdische Zuläufe, die momentan aber kaum noch Wasser abzugeben haben. Am Ammersee fällt der Rückgang des Pegels heuer nicht einmal halb so groß aus.

Um 56 Zentimeter ist der Wasserspiegel des Sees gesunken, was sich an diesem Privatsteg zeigt. (Foto: Sabine Bader)

Max Kugelmüller ist bereits seit 1980 Fischer am Starnberger See. Er blickt also auf einen fast 40-jährige Erfahrungsschatz zurück. Der 78-Jährige hat sein Fischrevier nahe der Roseninsel. Allerdings macht er, wie er sagt, dabei einen möglichst großen Bogen um die prähistorischen Pfahlbauten Unterwasser. "Der See ist schließlich groß genug, da muss man nicht genau dorthin fahren", findet er. Kugelmüller tut gut daran, denn dem Unesco-Weltkulturerbe droht die Erosion. Darum ist Wassersport in der Nähe verboten.

Aus dem Wasser ragen die mehr als 5000 Jahre alten Pfahlbauten bislang aber noch nicht. "Da sind noch immer etliche Zentimeter Wasser drüber", schätzt Kugelmüller. Noch von Wasser bedeckt sind auch Relikte einer Pfahlbausiedlung in Ufernähe vor Kempfenhausen. Im Jahr 1984 hatte man sie aus der Luft entdeckt.

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Für diese Woche sagen die Meteorologen noch keinen Regen und weiterhin milde Temperaturen voraus. Aber auch wenn es bald regnen sollte, "wird sich am derzeitigen Wasserstand des Sees kurzfristig nichts ändern", glaubt Kriegsch. Auch hier werde der Klimawandel deutlich. "Das kann man nicht mehr wegdiskutieren."

© SZ vom 13.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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