Vom Asylbewerber zum Firmenchef:Flüchtling übernimmt Gartenbaubetrieb

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Der neue Chef des alteingesessenen Pöckinger Gärtnerei- und Landschaftsbaubetriebs: Michael Kyejjusa. (Foto: Georgine Treybal)

Michael Kyejjusa aus Uganda hat acht Jahre lang in der Pöckinger Firma von Peter Haberzettel gearbeitet, nun tritt er die Nachfolge seines Chefs an.

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Pöcking

Am Büro-Container von Michael Kyejjusa prangt noch immer das Firmenschild seines Vorgängers. Gärtnerei- und Landschaftsbaubetrieb Peter Haberzettel, steht da. Kyejjusa ist 2013 als Flüchtling nach Deutschland gekommen und hat acht Jahre in dem Unternehmen gearbeitet, nun ist er der Firmenchef.

Er hat die Geräte und den Kleinlaster des alteingesessenen Pöckinger Betriebs übernommen und betreut die Stammkunden. Der Gärtner und Landschaftsbauer Haberzettel hatte Ende 2021 die Brücken in seinem Heimatdorf abgebrochen, um seinen Ruhestand in Polen zu verbringen. Da Haberzettel keinen Nachfolger hatte, sollte die Firma ursprünglich geschlossen werden, erzählt Kyejjusa. "Ich fand das sehr schade." Also habe er vorgeschlagen, den Betrieb zu übernehmen. "Er sagte zu mir, wenn du das schaffst, werde ich dich unterstützen."

Seither stehe ihm sein ehemaliger Chef nicht nur telefonisch mit Rat und Tat zur Seite, sondern habe ihm auch den Container und alle Gerätschaften auf Kredit überlassen, erklärt der 39-jährige Kyejjusa. Nur so sei ihm nach acht Jahren als Flüchtling in Deutschland der Start in die Selbständigkeit möglich geworden. "Ich habe viel von Haberzettl gelernt", sagt Kyejjusa. "Er ist wie mein Vater, er hat mir alles beigebracht."

Der Flüchtling aus Uganda war über Umwege zur Gartenbaufirma Haberzettel gekommen. Er hatte einen Bekannten, der bereits in dem Pöckinger Betrieb arbeitete. Und der habe seinen Chef gefragt, ob er noch einen weiteren Flüchtling einstelle. Haberzettel sagte Ja, und Kyejjusa ergriff die Chance. Die Arbeit im Freien bei Wind und Wetter bereite ihm großen Spaß, auch die Kälte in Deutschland mache ihm nichts aus, sagt er.

Kyejjusa, der sich wegen seines für Deutsche schwer auszusprechenden Nachnamens nur mit dem Vornamen anreden lässt, war schon immer ehrgeizig und wissbegierig. Er wollte alles genau wissen, habe immer wieder nachgefragt. Er habe zwar keine Ausbildung, aber sein Chef habe ihm alles gezeigt. "Ich bin kein gelernter Gärtner, aber ich habe Erfahrung. Ich bin ein Gartenpfleger", erklärt er den Umstand, dass er Arbeiten wie das Fällen von Bäumen, für die eine Ausbildung notwendig ist, derzeit noch nicht leisten kann. Doch das soll anders werden. Die erforderliche Ausbildung will Kyejjusa auf jeden Fall nachholen. Derzeit bilde er sich extern weiter, betont er.

Die erste Station in Deutschland war eine Flüchtlingsunterkunft in Tutzing. Dort hatte der damals 31-Jährige als Ein-Euro-Jobber bei der Ambulanten Krankenpflege gearbeitet. Und nebenbei die Mister-Tutzing-Wahl 2014 im Volksfestzelt gewonnen. Die Erfahrung mit Senioren, die er in der Seegemeinde sammeln konnte, kommt ihm heute zugute. Denn die meisten seiner Kunden könnten die Arbeit in ihren Gärten aus Altersgründen nicht mehr selbst bewältigen. Er schneidet bei ihnen Hecken und Büsche, mäht den Rasen, pflegt die Blumenbeete, räumt im Winter Schnee und beseitigt das Laub im Herbst. Er könne gut mit älteren Menschen umgehen, sagt der neue Chef des Gärtnereibetriebs. "Das macht mir Spaß."

Kyejjusa ist zwar erst seit Kurzem selbständig, hat aber noch größere Ziele vor Augen. Zunächst muss er umziehen, weil das Areal einer Landwirtschaft in Pöcking, auf dem er seine Gerätschaften untergebracht hat, verkauft worden ist. "Wir müssen raus", erklärt er. Sein Gartenpflegebetrieb hat schon eine neue Adresse im Pöckinger Gewerbegebiet am Schmalzhof. Und für die Sommermonate, wenn in seiner Firma Hochbetrieb herrscht, könnte sich Kyejjusa sogar vorstellen, einen Mitarbeiter einzustellen. Langfristig will er zudem eine Gärtnerausbildung absolvieren. Es gibt für den ehemaligen Flüchtling noch viel zu tun in dem Land, in dem er eine neue Heimat gefunden hat und in dem er für immer bleiben will.

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