Immobilien:Co-Working bleibt eine Vision

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Gescheiterte Vision: Euroboden plante am Billerberg ein Kreativquartier für bis zu 100 Künstlerateliers und Gewerbebetriebe, mit Pool, Fitness- und Wellnessbereichen. (Foto: Muck Petzet Architekten/oh)

Euroboden wollte bei Inning auf dem Gelände eines ehemaligen Pferdehofs bis zu 100 Büro und Studios errichten mit Kita, Gastronomie und Pool auf dem Dach. Doch das Interesse blieb überschaubar. Nun bietet der neue Eigentümer das Grundstück parzellenweise an.

Von Armin Greune, Inning

Es war eines der größten privaten Bauprojekte im Fünfseenland: Der Investor "Euroboden" plante nördlich von Inning auf dem Gelände eines ehemaligen Pferdehofs zwei gewaltige Gebäude mit insgesamt 21 000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche für Werkstätten, Studios und Büros. Zur Realisierung des ersten Bauabschnitts hatte sich bereits eine Bauherrengemeinschaft gegründet. Doch letztlich fanden sich nicht genug potenzielle Eigentümer: Wie erst jetzt bekannt wurde, hat Euroboden - nach eigenen Angaben einer der führenden Entwickler von städtebaulich sowie architektonisch hochwertigen Immobilien - deshalb das gesamte Grundstück vor vier Monaten veräußert. Der neue Käufer, das 2021 gegründete Architektur- und Planungsbüro Mars und Franke, residiert gleich nebenan am Billerberg. Es hat das Areal in acht Teilflächen in Größen von 1250 bis 3200 Quadratmeter zerlegt und bietet diese derzeit im Internet zum Verkauf an.

Das Gelände, auf dem sich einst der "Ruppaner-Hof" befand, ist inzwischen abgeräumt, Stallungen und Häuser sind eingeebnet. In den Vorjahren hatten dort Kreativschaffende vorübergehend eine Spielwiese gefunden: Anfang 2021 bezog der Kunstverein München im vormaligen Wohnhaus Räume, im Hof fanden Konzerte, Sportfeste und Filmvorführungen statt. Im Jahr darauf stellte Euroboden in Zusammenarbeit mit dem Netzwerk Mucbook-Clubhaus unter dem Schlagwort "Ponyhof der Pioniere" ein Seminarhaus für Start-Ups aus der Umgebung kostenlos zur Verfügung. Zudem fanden auf dem Areal öffentliche Feste, Gründermessen und Symposien zum Thema Co-Working statt.

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Euroboden nutzte diese Veranstaltungen auch, um sein Immobilienprojekt "Billerberg - Your Platform by The Lake" zu bewerben. Das bundesweit für seine ambitionierten Projekte bekannte Unternehmen wollte im Gewerbegebiet jenseits der Lindauer Autobahn "innovative Arbeitswelten" im großen Maßstab schaffen: Co-Working-Spaces, Seminarräume, Gastronomie, Kita, Gemeinschaftsgarten, Basketballplatz, womöglich sogar Wellnessbereiche und ein Pool auf dem Dach. Den Visionen der Planer zufolge sollte all das neben 50 bis 100 Praxen, Büros und Ateliers in einem Komplex untergebracht werden.

Vorgesehen waren zwei 142 Meter lange und 18 Meter breite Gebäuderiegel mit bis zu vier Geschossen. Die einzelnen, flexibel abtrennbaren Einheiten sollten zwischen 68 und 400 Quadratmetern groß sein, maximal ein Viertel der jeweiligen Fläche hätte von Betriebsleitern bewohnt werden können. "Co-Working und Co-Living" propagierte Euroboden-Gründer Stefan Höglmaier in Inning: "Wir wollen nicht nur, aber auch Einheimische an den Billerberg einladen." Als Generalunternehmer hatte er das ehrgeizige Ziel, den Bau zum Fixpreis von maximal 4000 Euro pro Quadratmeter zu errichten. Für die Bauherrengemeinschaft hatten sich zwischenzeitlich unter anderem Ingenieure, Therapeuten, Designer und Anwälte gefunden.

Euroboden-Gründer Stefan Höglmaier warb noch vor einem Jahr in Inning für sein Projekt (Foto: Arlet Ulfers)

Vergangene Woche wurde aber bekannt, dass die Euroboden GmbH angesichts stark gestiegener Zinsen und Baukosten in Zahlungsschwierigkeiten geraten ist. Der Immobilienentwickler will in den kommenden Jahren fast seinen gesamten Grundbesitz verkaufen, um eine Insolvenz abzuwenden. Die 16 700 Quadratmeter am Billerberg sind schon seit April in neuen Händen, denn die geplante Baugemeinschaft habe "im Zuge des veränderten Marktumfeldes und der gestiegenen Zinsen nicht ausreichend Mitglieder gewonnen", wie eine Sprecherin von Euroboden mitteilt. Die Gemeinde Inning war über die Verkaufsabsichten informiert: In nicht öffentlicher Sitzung hatte der Gemeinderat sogar ein Kaufangebot beschlossen, sagt Bürgermeister Walter Bleimaier auf Nachfrage: "Aber das ist natürlich viel zu niedrig gewesen."

Über den tatsächlichen Kaufpreis bewahren Euroboden sowie Mars und Franke Stillschweigen. Die Parzellierung in acht Einheiten habe den Vorteil, dass auch kleinere, mittelständische Betriebe als Käufer in Betracht kommen, sagt Martin Krysinski, der im Inninger Planungsbüro mit dem Vertrieb beauftragt ist: "Es ist reges Interesse da." Es hätten sich aber auch Großabnehmer gemeldet, die das gesamte Gelände erwerben wollten.

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