Dießen:Grundstein für ein Mitmach-Museum

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Bei der Grundsteinlegung in Dießen (von links): Kunstschlosser Walter Spensberger, Architekt Axel Frühauf, Stiftungsvorstand Heribert Kirsch und Judith Janowski, die Generalsekretärin der Stiftung. (Foto: Georgine Treybal)

Besucher sollen Werk und Schaffensprozess des Komponisten Carl Orff erleben können und dürfen dort selbst musizieren und experimentieren. Ein Café soll auch als Eventlocation dienen.

Von Armin Greune, Dießen

Es sei ein schwieriges Erbe, das die Carl-Orff-Stiftung angetreten habe, sagt deren Generalsekretärin Judith Janowski: "Lieselotte Orff gab Vorstand und Kuratorium eine harte Nuss zu knacken." Sollte das Anwesen südlich von Dießen nach dem Tod der Witwe des Komponisten im Jahr 2012 eine stille Gedenkstätte oder ein öffentlicher Treffpunkt werden? Nun, die Entscheidung für ein neues, familienfreundliches Museum mit großem musikpädagogischem Bereich ist 2019 gefallen. Als nach einem Architektenwettbewerb das Münchner Büro von Axel Frühauf mit der Planung beauftragt wurde, bestand noch vage Hoffnung, den Museumsanbau bis zum 125. Geburtstag Orffs fertigstellen zu können. Zum 130. könnte es klappen: Am vergangenen Freitag wurde auf dem Bauplatz beim Ziegelstadel der Grundstein gelegt. Erstmals wurde dabei auch ein Ausstellungskonzept vorgestellt, das der Dießener Architekt und Szenograf Tobias von Wolffersdorff entwickelt hat.

Der Neubau wird Wohn- und Arbeitshaus von Carl Orff L-förmig verbinden und von Osten gesehen ein markantes, acht Meter hohes Tonnendach tragen. So wird an der Rückseite ein mit einer Pergola abgegrenzter, kleiner Lichthof geschaffen. Auch der mehr als zwei Hektar große Landschaftspark des denkmalgeschützten Anwesens soll den Besuchern offen stehen.

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Wolffersdorffs interaktives Konzept sieht vor, die Besucher an der Kasse mit einem Medienguide auszustatten, über den sämtliche Hör- und Filmstationen wahrgenommen werden können. Außerdem lassen sich damit Texte auf Englisch, für Blinde oder Familienführungen abrufen. Im vorderen Teil des Ausstellungsraums steht als Prolog Orffs Papiertheater, das ihn als Kind zum Theaterspielen inspirierte. Darunter ist ein Kasperletheater für Kinder aufgebaut; der Audioguide gibt dazu Musik wieder, die den Komponisten in der Kindheit prägten.

Den Raum dominiert eine hufeisenförmige Theke: Auf der Außenseite werden Titelblätter der Kompositionen präsentiert, im Medienguide sind dazu Ausschnitte aus Orffs Werken zu hören. Im Inneren der Vitrine liegen Perkussionsinstrumente aus, die illustrieren sollen, wie sich das Schulwerk entwickelt hat. Im Zentrum des Thekenbogens kann man in eine digital erweiterte Realität eintauchen und selbst Musik produzieren.

Eheringe des Ehepaars Orff und Schriftstücke werden in einen Krug gelegt, der unter dem Grundstein deponiert wurde. (Foto: Georgine Treybal)

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Der Komponist Carl Orff hat viele Jahre in Dießen gelebt und gearbeitet. (Foto: Johannes Simon)
So soll das Museum einmal aussehen. (Foto: Orff-Museum)

Weitere Medienstationen informieren über die weltweite Verbreitung des Orff-Schulwerks und das Theaterschaffen des Künstlers: Dazu sind Filme über verschiedene Inszenierungen von Carmina Burana oder die Verwendung des Eröffnungschores in Werbung und Serien zu sehen.

Im nachgebauten Arbeitszimmer 2.0 lässt eine Medienstation nachvollziehen, wie Orff beim Komponieren vom Schreibtisch zum Flügel und zurück wechselte. Auf einem Sofa können Besucher in Partituren blättern oder in ausliegenden Büchern biografische Details nachlesen. Kinder dürfen mit verschiedenen Materialien Orffs Klangexperimenten an den Flügelsaiten nacheifern.

Auch das reale Arbeitszimmer des Komponisten ist zu besichtigen. Im Vermittlungsraum zwischen Alt- und Neubau liegt eine Auswahl von Orff-Instrumenten samt Spielanregungen zum Ausprobieren bereit. Im vormaligen Wohn- und Esszimmer wird die Familiengeschichte des Komponisten vorgestellt, in der Küche gegenüber soll ein Lokal mit Terrasse und Gartenzugang entstehen. "Café und Klangbar Musiké" bietet sich auch als Eventlocation an, in der Küche sollen Produkte aus dem hauseigenen Garten Verwendung finden.

In Vorfreude auf die kommenden Attraktionen habe sie "im Frühsommer ihre neue Leidenschaft für Bagger entdeckt", scherzte Janowski bei der Grundsteinlegung. Der Kuratoriumsvorsitzende und ehemalige Bürgermeister Herbert Kirsch merkte launig an, dass in seiner ansonsten streitfreudigen Gemeinde "nicht eine Bürgereinwendung" zum Bauvorhaben eingegangen war. Unter dem Grundstein wurde ein Krug versenkt, der unter anderem die Eheringe von Orff, ein Säckchen Kleingeld und einen Wunschzettel enthält.

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