Coronavirus in Bayern:Test bringt keine Sicherheit

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Die Zahl der isolierten Menschen steigt nach Neuinfektionen auf bis zu 200.

Von Carolin Fries, Gauting

Ein weiterer Mitarbeiter des Stockdorfer Autozulieferers Webasto hat sich mit dem Coronavirus infiziert. Wie das Gesundheitsministerium am Dienstag mitteilte, handelt es sich um einen 58 Jahre alten Mann aus dem Landkreis München. Er soll sich bei einem seiner erkrankten Kollegen angesteckt haben. Damit sind aktuell acht Webasto-Mitarbeiter in Bayern infiziert sowie zwei Kinder eines Angestellten aus dem Landkreis Traunstein.

Ärzte waren bereits vergangenen Freitag davon ausgegangen, dass alle Familienangehörigen des Mannes aus dem Chiemgau infiziert sind. Doch zunächst fielen nur sein Testergebnis sowie das seines fünf Jahre alten Kindes positiv aus. Nun wurde der Erreger auch bei dem zweijährigen Kind nachgewiesen. Die Tests der Ehefrau und des Säuglings erweisen sich nach wie vor als negativ, sie werden aber nachgetestet, wie das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) mitteilt. "Ein negatives Ergebnis schließt die Möglichkeit einer Infektion mit 2019-nCoV nicht sicher aus", erklärt eine Sprecherin des LGL. Auch deshalb müssten sich Personen, die länger als 15 Minuten Kontakt mit einem der Infizierten hatten, unabhängig von ihrem Testergebnis für die maximale bislang bekannte Inkubationszeit von 14 Tagen zu Hause isolieren. Das sei laut LGL "die einzig sichere Vorgehensweise". Am Dienstag befanden sich laut LGL-Präsident Andreas Zapf zwischen 150 und 200 Personen in Bayern in Isolation.

Alle Erkrankungen stehen in Verbindung mit einer Chinesin, die Ende Januar in der Stockdorfer Webasto-Zentrale bei Workshops die Mehrzahl der Infizierten in Deutschland angesteckt hat. Anders als zunächst angenommen, soll diese ihre bayerischen Kollegen doch nicht vor dem Ausbruch ihrer Erkrankung angesteckt haben. Wie das Wissenschaftsmagazin Science berichtet, fühlte sich die Chinesin bereits während ihres Aufenthalts in Deutschland krank, nahm aber Medikamente ein, um die Symptome zu unterdrücken. "Sie hatte wohl schon eine leichte Symptomatik, hat das aber auf den Jetlag zurückgeführt", sagte Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU). Wissenschaftler und Ärzte hatten zunächst befürchtet, dass der Erreger womöglich schon in der Inkubationszeit übertragen werden kann.

143 Webasto-Mitarbeiter hatten sich in der vergangenen Woche in der Zentrale in Stockdorf für Abstriche eingefunden. Zudem wurden zahlreiche Angehörige und Freunde der Erkrankten getestet, die engen Kontakt zu diesen hatten. Dabei kommt die sogenannte PCR-Methode zum Einsatz, welche Fragmente des Virenerbguts vervielfältigt, so dass man die Viren messen kann. Allerdings erklärt das LGL: "Es ist derzeit nicht bekannt, wann die Viruslast in den Sekreten der Atemwege bei Infizierten in allen Fällen ausreichend hoch ist, um sicher nachweisbar zu sein."

Sieben Webasto-Mitarbeiter, darunter eine Person aus dem Landkreis Starnberg, werden nach wie vor im Klinikum Schwabing isoliert. Der Traunsteiner und seine Familie werden im Krankenhaus in Trostberg behandelt. Alle Patienten sind laut Gesundheitsministerium in einem stabilen Zustand. Das gelte auch für einen Erkrankten, bei dem neben erhöhter Temperatur aktuell eine beginnende Entzündung der Atemwege beobachtet werde, teilte die Münchner Klinik mit. Wann die Corona-Patienten wieder nach Hause dürfen, ist noch offen. Laut Huml seien alle noch Virus-Träger. Man könne diese deshalb noch nicht "Richtung Entlassung bringen", sagte sie.

Auch den zwei infizierten Webasto-Mitarbeitern aus China gehe es "den Umständen entsprechend gut", teilte eine Unternehmenssprecherin mit. Symptomfrei soll außerdem der Deutsche sein, der sich nicht bei Webasto, sondern über einen privaten Kontakt bei einem Mitarbeiter des Konzerns angesteckt haben soll und in der vergangenen Woche in Spanien auf der Insel La Gomera ermittelt und positiv getestet wurde. Auch bei den vier weiteren Deutschen, die mit diesem den Urlaub verbringen wollten, sei bisher keine Infektion festgestellt worden, teilten die Behörden mit. Alle stünden in einem Krankenhaus auf der Insel unter Beobachtung.

Zur Arbeit in die Stockdorfer Zentrale kamen am Dienstag lediglich etwa 20 Mitarbeiter aus den Bereichen Testing und Prototypenbau. Für den Großteil der 1000 Mitarbeiter bleibt das Areal bis einschließlich kommenden Dienstag geschlossen. In China sind alle elf Webasto-Werke geschlossen. Dort soll die Produktion am 9. Februar starten, wie eine Sprecherin mitteilte. Ausnahme bleiben die beiden Werke in der Provinz Hubei: Dort wollen die Behörden die Verkehrsbeschränkungen laut Webasto voraussichtlich erst am 17. Februar wieder aufheben.

© SZ vom 05.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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