Jahresrückblick 2021:Von der dritten in die vierte Welle

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Das Pandemiegeschehen bestimmt das öffentliche Leben im Fünfseenland. Starnbergs Corona-Koordinator Thomas Weiler bedauert, dass die Impfquote seit Sommer kaum gestiegen ist.

Von Carolin Fries, Starnberg

Es war ein hoffnungsfroher Start ins Jahr: Kurz nach Weihnachten wurde die erste Bürgerin im Landkreis gegen das Coronaviurus geimpft, Ende Januar ging das Impfzentrum in Gauting in Betrieb und recht bald war klar: In kaum einem anderen bayerischen Landkreis beteiligen sich so viele Ärztinnen und Ärzte an der Impfkampagne wie in Starnberg. "Im Sommer sind alle geimpft", freute sich Landrat Stefan Frey (CSU) im April.

Zum Jahresende scheint alle Hoffnung geschwunden, das Coronavirus hat mit Delta und Omikron neue Varianten kreiert, die das Pandemiegeschehen zusätzlich befeuert haben. "Es brennt an allen Enden und Ecken", sagt Starnbergs Pandemiekoordinator Thomas Weiler. "Die reguläre Versorgungsqualität können wir nicht mehr aufrecht erhalten." Konkret heißt das: Herzinfarkt- oder Schlaganfallpatienten müssen streckenweise über eine Stunde transportiert werden, um in einem Intensivbett versorgt werden zu können. Zudem seien viele Pfleger und Ärzte ausgebrannt. "Eine Kollegin erzählte mir kürzlich, sie schlafe jetzt nicht mehr am Sofa ein, sondern schon abends am Esstisch."

Weiler ärgert das, denn "diese massive vierte Welle wäre verhinderbar gewesen". Er meint, in der dritten Welle im Frühjahr habe man doch gelernt, wie das geht. "Da war ich stolz, wie wir das gemeistert haben." Auch im Landkreis habe die zunehmende Zahl an Infektionen im März die Kliniken an die Grenze der Belastbarkeit gebracht. Das Landratsamt meldete das 100. Todesopfer, die Inzidenz stieg über 100 und es gab Einschränkungen und Distanzunterricht. Die Hotellerie-Betriebe und Gastronomen protestierten.

Erst im Mai sollte sich die Lage wieder entspannen. Der Landkreis ist der erste im Münchner Umland, in dem die Biergärten wieder öffnen dürfen, es folgen die Kinos und die Seenschiffhart. Zum Monatsende haben auch die Hotels und Freibäder wieder geöffnet und vereinzelt finden auch wieder Konzerte statt.

Im Sommer schließlich gerät die Impfkampagne ins Stocken. Anfang Juli müssen Hausärzte Impfstoff des Herstellers Astra Zeneca wegwerfen, wenig später landet auch der von Biontech im Müll. Der Landkreis versucht, die Spritzen möglichst attraktiv zu machen. Niemand braucht mehr einen Termin, der Impfstoff kann frei gewählt werden, das Impfzentrum bietet die Immunisierung mitunter bis spät in die Nacht an. Außerdem gibt es Impfen to go mit Seeblick an der Promenade, auf dem Schiff, oder im Kino zum Start des jüngsten "James Bond" -Films. Der Titel passt: "Keine Zeit zu sterben". Dennoch tut sich nur wenig, lange stagniert die Quote unter 70 Prozent der Landkreisbevölkerung.

Im Herbst gibt es schließlich die Quittung. Im November gilt zunächst wieder ein Besuchsverbot für die Kliniken, dann werden pauschal alle Christkindlmärkte gecancelt und die Impfaußenstellen wieder ertüchtigt, um möglichst rasch viele Menschen boostern zu können. Die Kliniken sind schnell belegt, denn "im Herbst ist grundsätzlich viel los," erklärt Weiler. Und heuer im Vergleich zum Lockdown-Herbst 2020 sogar noch mehr. Obendrein habe der Mangel an Pflegepersonal die Lage verschärft, weil deshalb weniger Betten betrieben werden können. "Wir mussten außerdem erfahren, dass die Immunabwehr der früh Geimpften nachlässt", sagt Weiler.

Von Januar an würde man sich nun "auf erhebliche Kontaktbeschränkungen " einstellen müssen, so Weiler. Und dennoch sei der Start ins Jahr 2022 nicht hoffnungslos. "Ich habe immer gesagt, dass es zwei Jahre dauern wird", so Weiler. Er geht davon aus, dass die Pandemie 2022 überwunden wird. Spätestens im Sommer, so hofft er, könnten die Menschen wieder aufatmen.

© SZ vom 27.12.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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