Gastronomie und Lebensmittel:Stadtbekannter Geheimtipp

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Renate Ginhold hat mit dem "Café Luna" vor 13 Jahren das erste biologisch-vegetarische Bistro Starnbergs eröffnet, jetzt zieht es die Öko-Pionierin nach Berg.

Von Sabine Bader, Starnberg

Neuland zu erkunden ist immer ein Wagnis. Renate Ginhold ist es eingegangen: Vor 13 Jahren hat sie das erste biologisch-vegetarische Bistro in Starnberg und Umgebung eröffnet - das "Café Luna" am Starnberger Kirchplatz. Dass die Starnberger von Anfang an zum Mittagessen und Kaffeetrinken kamen, zeigt, dass Ginhold offenbar eine veritable Marktlücke ausgemacht hat. Nebenher kauften ihre Gäste oft auch noch Gemüse und Obst in der Bioecke im Gastraum - ein praktisches Miteinander, das dem Bistro bis heute seine besondere Note gibt. Doch jetzt will sich die 58-Jährige verändern. Zum Ende des Monats wird sie das Café Luna an zwei ihrer Mitarbeiter, Nadja Tihli und Michael Hopf, übergeben. Sie möchte stattdessen in der Gemeinde Berg einen biologischen Gemüse- und Obstladen eröffnen.

Ginhold ist eigentlich gelernte Maskenbildnerin. Ihre Ausbildung hat sie in Hildesheim absolviert, danach arbeitete sie in der "Kleinen Komödie" im Bayerischen Hof in München als Maskenbildnerin. Doch das Stadtleben war nichts für sie, Ginhold wollte zurück aufs Land und in die Natur. Schließlich war sie in Wolfratshausen aufgewachsen und in Geretsried zur Schule gegangen. Kurz entschlossen fragte sie also bei Leni und Horst Wendt, den Eigentümern der Schloss-Gärtnerei Weidenkam, nach, ob sie bei ihnen ein Praktikum machen dürfe. Deren Tochter Holde zählte zu ihren Schulfreundinnen, und die Schloss-Gärtnerei bei Münsing ist seit etlichen Jahrzehnten ein Demeter-Betrieb. Die Arbeit in und mit der Natur bereitete Ginhold von Anfang an so viel Spaß, dass sie danach noch eine Ausbildung zur Biogärtnerin im selben Betrieb anschloss und die Maskenbildnerei an den Nagel hängte. Als danach ihre beiden Söhne - mittlerweile 33 und 34 Jahre alt - geboren wurden, musste sie sich in der Anfangszeit mit einem Aushilfsjob begnügen: So begann sie in dem kleinen Obst- und Gemüseladen unterhalb der Bäckerei Meier in Starnberg zu jobben, der ebenfalls der Familie Wendt gehörte.

Das war vor 35 Jahren. Mit den Jahren und zunehmendem Alter ihrer Söhne engagierte sie sich immer mehr im Gemüseladen. Im Jahr 2000 bot ihr Leni Wendt schließlich an, das Geschäft ganz zu übernehmen. Das tat Ginhold, bis 2008 führte sie den kleinen Betrieb weiter. "Dann hatte ich den Impuls, ein Café mit Mittagessen zu eröffnen - und zwar vegetarisch", erzählt sie. Hintergrund: Ginhold ist Vegetarierin und war selbst jahrelang in der Mittagspause hungrig durch Starnberg geirrt. So kam ihr der Gedanke, ein vegetarisches Bistro zu eröffnen. Als sie eines Abends bei einem Glas Rotwein zuhause saß und über den Namen für ihr Lokal sinnierte, erblickte sie einen wunderschönen Mond. Die Idee war geboren: Café Luna. Heute ist das kleine Geschäft quasi ein stadtbekannter Geheimtipp. Hier geht man hin, wenn es schmackhaft, gemütlich und familiär sein soll. Es gibt ein täglich wechselndes Mittagsmenü. Ginhold beschäftigt vier Köche aus unterschiedlichen Ländern.

Das Café Luna verliert seine Gründerin. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Nur einige wenige ihrer Gerichte haben es in den vergangenen 13 Jahren geschafft, ein fester Bestandteil der Speisekarte zu werden. Dazu zählt insbesondere die Gemüselasagne von Annette Frick-Roderer. Die 61-Jährige zählt zu Ginholds Mitarbeiterinnen der ersten Stunde. Alle zwei Wochen steht jeweils montags ihre Lasagne als Tagesgericht auf der Karte. Die Gäste wissen das - und kommen gerade deshalb. Bis zu 40 Portionen müssen dann vorbereitet sein. Der zweite Renner ist - ebenfalls immer montags - der Apfelstrudel aus dem Speisensortiment von Frick-Roderer. Auch der Strudel gehörte bisher zum festen Bestandteil der Karte. Spaßeshalber hat Ginhold sogar einmal ausgerechnet, welche Gesamtlänge der bisher verzehrte Apfelstrudel in 13 Jahren wohl haben könnte. Sie kam auf mehr als 300 Meter.

So schwer der 58-Jährigen der Abschied von ihrem Café Luna fällt, so groß ist auch ihr Wunsch nach Veränderung. "Nach 13 Jahren bin ich ein wenig müde geworden über die viele Arbeit", sagt sie. Gastronomie sei nun mal ein sehr anstrengendes Gewerbe. Natürlich ist sie sehr froh, dass sie ihren Laden selbst in den Lockdown-Zeiten der Corona-Pandemie geöffnet lassen durfte. "Da hat mir mein Gemüsebereich sehr geholfen" erzählt sie. Speisen gab es in dieser Zeit "to go". Sie hofft, dass sie in Berg bald etwas mehr Zeit für ihre Familie haben wird, denn schließlich ist sie auch fünffache Oma.

Jetzt kehrt Ginhold also im wahrsten Sinne des Wortes zurück zu ihren Wurzeln: Karotten, Kartoffeln und Knollensellerie. Natürlich hat sie in der Berger Ortsmitte schon einen Laden in Aussicht. Ihre Waren wird sie natürlich auch weiterhin von der Schloss-Gärtnerei Weidenkam und - so weit möglich - von anderen Betrieben in der Region beziehen. Sie hofft jedenfalls darauf, dass sie das neue Geschäft schon bald eröffnen kann. Die Gemüseecke aus dem Café Luna wird übrigens mit nach Berg umziehen. Dafür wird im Café Luna der Gastraum während einer kurzen Umbauphase vergrößert. Die neuen Betreiber führen das Bistro vegetarisch weiter.

Am 29. Januar, ihrem letzten Samstag im Café Luna, will Renate Ginhold aber erst einmal mit allen, die kommen wollen, um 11 Uhr vor dem Café noch ein Glas Sekt zum Abschied trinken.

© SZ vom 21.01.2022 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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