Asylpolitik in Bayern:Umzug binnen kürzester Zeit

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Die Gemeinschaftsunterkunft Breitbrunn sollte ein Flüchtling aus Eritrea schnell verlassen. Dagegen hat sich Widerstand formiert. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Ein gut integrierter, anerkannter Flüchtling aus Breitbrunn, der als Baumpfleger arbeitet, sollte nach Zolling umsiedeln. Erst im letzten Moment lenkt die Regierung von Oberbayern ein - allerdings nur vorerst.

Von Christian Deussing, Breitbrunn

Er ist fleißig, zuverlässig und seit fast einem Jahr bei einer Baumpflegefirma in Dießen beschäftigt. Nun aber wurde der anerkannte Flüchtling aus Eritrea von der Regierung von Oberbayern aufgefordert, innerhalb kürzester Zeit die Gemeinschaftsunterkunft in Breitbrunn mit seiner Ehefrau und den zwei kleinen Kindern zu verlassen. Die Familie soll vorübergehend in die Gemeinschaftsunterkunft nach Zolling bei Freising ziehen, weil sie "laut Aktenlage" bisher keinen eigenen Wohnraum gesucht oder gefunden habe. So teilte es die Regierung in einem Schreiben dem Eritreer mit.

Diese Anordnung sei "willkürlich und eine Farce", klagte Julia Rothbauer, Koordinatorin des Asylhelferkreises in Breitbrunn am Montag. "Die Familie ist hier integriert, der Mann hat einen festen Job, die Arbeitgeber und unser Dorf stehen hinter ihm, die Kinder weinen und sind völlig durch den Wind." Die dreijährige Tochter geht schon in den Breitbrunner Kindergarten. Rothbauer betreut die Familie seit Längerem und kennt ihre positive Entwicklung. Die Asylhelferin betonte, dass sich der ehemalige Kindersoldat aus Eritrea sehr wohl um eine Wohnung bemüht habe - und jetzt endlich eine mögliche Bleibe in Aussicht habe. Das alles werde nun "zunichte gemacht" mit der plötzlichen Anordnung der Regierung, dass die Familie in die Gemeinschaftsunterkunft Zolling möglicht innerhalb eines Tages umzuziehen habe, ärgert sich Rothbauer über den Vorgang. Den Fall hat jetzt Rechtsanwalt Stefan Wiesinger übernommen. Der Breitbrunner hält die Aufforderung der Behörde für "rechtswidrig", weil keine stichhaltigen Gründe oder mögliche Verstöße in dem Schreiben an die betroffene Familie genannt würden. Zudem sei eine angemessene Frist notwendig, eine bezahlbare Wohnung in der Ammersee-Region zu finden.

Man könne die Familie nicht so einfach vor die Tür setzen, die Menschen seien im Dorf mittlerweile verwurzelt. Überdies dürfe der Familienvater auf diese "absurde Weise" nicht seinen Job verlieren, sagt der Anwalt. Der Baumpfleger ist längst eine wichtige Kraft im Betrieb geworden, was seine Chefs bestätigen. Der 33-jährige Flüchtling hofft jetzt darauf, wirklich eine Wohnung zu finden.

Der Fall hat am Montag die Gemüter vieler Helferkreise im Landkreis bewegt. Die Regierung von Oberbayern hatte sich an diesem Tag nicht dazu geäußert . European Homecare, der private Dienstleister in der Unterkunft, dürfe "prinzipiell" nichts zu Vorfällen oder Belegungszahlen sagen, betonte ein Sprecher der Organisation auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung. Dies obliege dem Betreiber der Unterkunft, also der Regierung von Oberbayern. Diese lenkte einen Tag später, am Dienstag, ein: Sie setzte den sofortigen Umzug vorübergehend aus. Ihre Anordnung nannte sie ein Angebot an die Familie, damit diese nicht obdachlos werde. Nachdem die Familie nun vorgebracht habe, ein privates Wohnungsangebot zu haben, sehe die Regierung von Oberbayern "zunächst vorübergehend" davon ab, den Umzug durchzusetzen, so die Stellungnahme.

Vorerst also darf der anerkannte Flüchtling mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Breitbrunn bleiben. Damit hat er auch gute Chancen, seinen festen Job als Baumpfleger in Dießen zu behalten.

© SZ vom 21.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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