Nicht nur die Vernissage, die Anfang Dezember wegen des Wintereinbruchs abgesagt werden musste, fand mit erheblicher Verspätung statt, auch die Ausstellung selbst war bereits für 2018 geplant, musste jedoch zweimal verschoben und zuletzt ohne ihren ursprünglichen Ideengeber realisiert werden. Daniel J. Schreiber, der ehemalige Direktor des Buchheim-Museums, war bei der mit viel Publikum nachgeholten Eröffnungsfeier am Freitagnachmittag zwar nicht anwesend, aber er war dennoch sehr präsent, als "seine" Ausstellung über den Maler Leo von König eröffnet wurde. Wann immer sein Name erwähnt wurde, brandete Applaus im großen Ausstellungssaal auf.

Wesentliche Vorarbeiten für die jetzt präsentierte Ausstellung, mit der man König einen angemessenen Platz in der Kunstgeschichte verschaffen will, gingen auf Schreiber zurück, sagte Erich Schneider, der seit der fristlosen Entlassung Schreibers im vergangenen August als Interimsdirektor des Museums fungiert. Man freue sich, dass Schreiber eine neue Anstellung in Landshut gefunden habe und wünsche ihm eine glückliche Hand, betonte er im Namen der Buchheim-Stiftung. In die durch Schreibers Weggang entstandene Bresche sei nun Manuel Schimansky gesprungen, der ursprünglich als Co-Kurator verpflichtet worden war.

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Schimansky, der 2017 in einem von Schreiber geleiteten Seminar an der Ludwig-Maximilians-Universität erstmals mit den Arbeiten von Leo von König in Kontakt gekommen war, schilderte die Ausstellung "Leo von König. Liebe, Kunst & Konventionen" als ein über viele Jahre erarbeitetes Projekt, ausgehend von 48 bis dahin unbekannten Gemälden Leo von Königs, die 2014 aus dem Nachlass der Eheleute Buchheim ins Museum gekommen waren. Die zumeist abgespannten Leinwände waren beim Räumen des mittlerweile abgerissenen Wohnhauses von Lothar-Günther und Diethild Buchheim in einem Schuppen aufgetaucht, sie waren in einem sehr vernachlässigten Zustand. Als Schreiber 2018 nach Restaurierungspaten suchte, meldeten die Erben nach Leo und Anna von König Ansprüche auf die Bilder an, was zu einer ersten Verzögerung des Ausstellungsprojekts führte, die zweite war der Corona-Pandemie geschuldet.




Bis heute konnte nicht geklärt werden, wie die Gemälde in Buchheims Besitz gelangt waren. Er selbst berichtete in seinem Roman "Die Festung", dass er 1944, unmittelbar nach Königs Tod, von dessen Tochter Mechthild gebeten worden war, das Berliner Atelier zu räumen. Buchheim schnitt nach eigenen Angaben alle Gemälde aus den Rahmen und brachte sie nach Tutzing zu den Königs. Als Dank hatte er damals ein Gemälde erhalten, das Leo von König mit seiner zweiten Frau Anna zeigt.
Es gehört seit Langem zum Inventar des Museums und ist jetzt ebenfalls in der Ausstellung zu sehen. Bei den im Nachlass aufgetauchten Leinwänden habe es sich um eine Art "Negativ-Auslese" gehandelt, die Buchheim zu einem späteren Zeitpunkt erhalten habe, sagte Schreiber vor Jahren in einem Interview. Das mag auch erklären, warum nun nach einer mit den Erben erzielten Einigung die Hälfte des Konvoluts als Schenkung oder als langfristige Leihgabe ins Buchheim-Museum zurückgekehrt ist.



Schimansky erläuterte außerdem, dass man die Fundstücke, von denen viele unsigniert und einige nicht fertiggestellt seien, nicht in den Fokus gerückt, sondern in eine thematisch geordnete Ausstellung eingebettet habe. Entstanden sei eine große monografische Übersicht, die neben mythologischen und religiösen Sujets auch Landschaften und Tierbilder zeigt, vor allem aber Leo von König als Porträtmaler würdigt. Auch auf Königs "ambivalente Rolle" während der NS-Zeit sei man mit dem an der Wand angebrachten Buchheim-Zitat "Er hat sie alle gemalt" eingegangen, so Schimansky. Nicht nur hochkarätige Gemälde aus den Beständen des Buchheim-Museums, auch weitere Leihgaben aus der Familie und aus anderen Museen ergänzen die umfangreiche Retrospektive.
Auch Bernhard Maaz, Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, würdigte Leo von König als vornehmlich von Eduard Manet und James McNeill Whistler beeinflussten Maler, nicht zuletzt aber als Porträtisten mit feinsinniger Haltung und sublimer Malkultur. Er führte den Kunsthistoriker Wilhelm Hausenstein als "Kronzeugen" an, der den 1871 geborenen Leo von König in seinen Erinnerungen als Repräsentanten einer untergegangenen Zeit, als "Edelmann" und "Ritter" schilderte - zugleich aber in seinem Tagebuch notierte, dass Leo von König mit seiner Frau Anna und seiner Geliebten Lola Grunelius zu Besuch gewesen sei.