Ausstellung:In Hochform

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Das Fritz-Winter-Atelier Dießen zeigt Arbeiten der "Zen 49"-Mitbegründer und ihrer Gastaussteller. Die Bilder belegen, dass Künstler wie Fietz und Geiger bis zuletzt mit großer Konsequenz ihr Lebensthema verfolgt haben

Von Katja Sebald, Dießen

Seine letzte Ausstellung zu Lebzeiten hatte Gerhard Fietz Anfang 1997 im Fritz-Winter-Atelier bei Michael Gausling in Dießen. Der hochbetagte Maler war eigens zur Vernissage aus Bleckede angereist - zwei Wochen später starb er. Galerist Gausling, Großneffe von Fritz Winter, ist also der Künstlergruppe "Zen 49" in zweifacher Hinsicht eng verbunden. Mit der aktuellen Ausstellung will er "Einblicke in das kreative Vermächtnis" der Gruppe bieten, die vor 70 Jahren mit dem Ziel gegründet wurde, "die abstrakte Malerei durch Bild und Wort zu verbreiten".

Geburtsstunde der Künstlergruppe, die für das Wiedererwachen der Moderne in der jungen Bundesrepublik eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen sollte, war der 19. Juli 1949: Nach der Eröffnung einer Ausstellung von Rolf Cavael in der "Modernen Galerie" von Etta und Otto Stangl schlossen sich auf Initiative des britischen Kunstkritikers John Anthony Thwaites und des Malers Rupprecht Geiger zunächst fünf Künstler zur "Gruppe der Gegenstandslosen" zusammen: Zu den Gründungsmitgliedern gehörten neben Geiger und Cavael auch Gerhard Fietz, Fritz Winter und Willy Hempel, bald darauf kamen der deutlich ältere Willi Baumeister und die junge Bildhauerin Brigitte Meier-Denninghoff dazu. Ende 1949 änderte man den Namen der Gruppe in "Zen 49". Die Namenswahl geht vermutlich auf Geiger zurück, der sich in dieser Zeit mit Zen-Budd-hismus beschäftigte. Im April 1950 fand die erste gemeinsame Ausstellung im Central Art Collecting Point in München statt, die anschließend als Wanderausstellung in verschiedenen deutschen Städten zu sehen war. Zahlreiche andere Künstler waren als Gastaussteller dabei.

Markante Formensprache: Gerhard Fietz' Pinselzeichnung auf Papier von 1952 ohne Titel. (Foto: Nila Thiel)

Die Dießener Ausstellung legt den Schwerpunkt auf die Gründungsmitglieder Winter, Fietz und Geiger, zeigt aber auch zahlreiche Arbeiten von diesen Gästen. Insgesamt sind 17 verschiedene Künstler aus dem unmittelbaren Umfeld von "Zen 49" vertreten. Die Entstehungszeit der etwa 50 Zeichnungen, Druckgrafiken, Gemälde und Collagen reicht von 1943 bis 2007. Die Ausstellung zeigt also auch und vor allem, welche Entwicklungen die einzelnen Künstler nach dem hoffnungsvollen Neuanfang unter dem Eindruck des Krieges und der vorangegangenen Verfolgung durch die Nationalsozialisten im Lauf von sieben Jahrzehnten genommen haben. Anhand der eigenen Bestände und der des Fritz-Winter-Hauses in Ahlen, das seine Mutter leitet, kann Gausling seit jeher besonders anschaulich Entwicklungen im Werk von Fritz Winter aufzeigen. Er ist in der aktuellen Schau einerseits mit einer Druckgrafik aus dem Jahr 1950 und mit einer Reihe von Gemälden aus den frühen Fünfzigerjahren vertreten und andererseits noch einmal mit den bereits im Krankenbett entstandenen Filzstiftzeichnungen aus dem Jahr 1975. Auch von Fietz werden frühe und späte Papierarbeiten präsentiert, die eine erstaunliche Bandbreite sichtbar machen, zugleich aber aufzeigen, dass auch dieser Künstler zum Ende seines Lebens noch einmal mit großer Vitalität die Formensprache früherer Jahre aufgriff. Ein großes Blatt an der Stirnseite des Galerieraums aus dem Jahr 1990 leuchtet geradezu mit Geigers großformatiger Serigrafie "Rot zu Gelb" um die Wette.

Nicht zuletzt aber macht auch diese Ausstellung die herausragende Stellung von Rupprecht Geiger und seinen völlig eigenständigen Weg sichtbar. Zu Lebzeiten dürfte der 1976 gestorbene Fritz Winter der exponierteste und auch erfolgreichste unter den Zen-Künstlern, ja überhaupt unter den Künstlern der deutschen Nachkriegsepoche, gewesen sein. Geiger aber hat ihn um mehr als 30 Jahre überlebt und bis zuletzt mit großer Konsequenz sein Lebensthema verfolgt: Sein wichtigstes künstlerisches Anliegen war die bedingungslose Ausbreitung von Farbenergie. Mit Hilfe fluoreszierender Pigmente, die er mit der Spritzpistole auftrug, schuf er die Bilder, die nun auch in Dießen wie kleine Sonnen, Kraftwerke und Lichtorte strahlen.

Diese Sammlung zeigt unter anderem Arbeiten von Fritz Winter, Rupprecht Geiger, Theodor Werner und einen Wandteppich von Woty Werner. (Foto: Nila Thiel)

Neben den unterschiedlichen Positionen der Künstler, die sich um den Kern von ZEN 49 zusammengefunden hatten, bietet die Ausstellung auch einige interessante "Randerscheinungen": So ist etwa eine Collage von Hilla von Rebay, der frühen Förderin der Gruppe, zu sehen und einer der Webteppiche mit abstrakten Motiven von Woty Werner, der Frau von Theodor Werner. Und schließlich lassen sich anhand von zwei frühen Blättern von Willi Baumeister und Karl Hartung, aber auch anhand der viel später entstandenen Lithografie "Kirschblüte" von Rolf Cavael die Wege zur Abstraktion nachvollziehen.

Bis 29. März, Samstag 14-18, Sonntag 11-18 Uhr.

© SZ vom 21.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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