Aktionswoche:Bio-Bauern fordern Belohnung

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So ein Kuhkopf ist eine gewichtige Sache. Nun ist ein Freizeit-Rodler einem zu nahe gekommen. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Weil sie mit der ökologischen Bewirtschaftung Folgekosten für die Natur einsparen, soll die Politik auf die Mehrwertsteuer bei Öko-Produkten verzichten. Ist das gerechtfertigt?

Von Armin Greune, Andechs

Bio-Landwirte und Naturschutzverbände Hand in Hand? In dieser Woche wollen die Landesvereinigung für den ökologischen Landbau (LVÖ) und der Bund Naturschutz (BN) in Bayern gemeinsam Druck auf politische Entscheidungsträger ausüben. Ihre Aktion "Bio für alle" zieht durch Bayern, die konkreten Ziele lauten: den Anteil der Bio-Kost in öffentlichen Kantinen auf 50 Prozent anheben und den Mehrwertsteuersatz für ökologische Lebensmittel auf null Prozent senken. Außerdem tritt das Bündnis der Gentechnik entgegen.

Dass die Initiatoren der Aktionswoche die Molkerei Scheitz zum Start der politischen Offensive gewählt haben, ist natürlich kein Zufall. "Andechser Natur" ist zu Europas Marktführer in der Branche herangewachsen, in Erling wird die Milch von 670 Öko-Landwirten vom Allgäu bis zum Chiemgau verarbeitet. Und mit dem Projekt "Klimabauer" honoriert Geschäftsführerin Barbara Scheitz im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie jede Tonne CO2-Reduktion bei ihren Zulieferern mit zehn Euro. Zum Auftakt der "Bio für Alle"-Kampagne sind an diesem sengend heißen Sonntagmittag zwar einige Bürgermeister oder Stellvertreter aus den Landkreisgemeinden erschienen, doch - Wahlkampf hin, Wahlkampf her - kein einziger Vertreter der Landespolitik oder Staatsregierung. Schade, denn auch sie hätten auf dem Öko-Gipfel am Fuß des Heiligen Bergs erfahren können, "warum der Biobauer belohnt werden muss", wie es Scheitz auf den Punkt brachte.

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Den wissenschaftlichen Beleg lieferte Professor Kurt-Jürgen Hülsbergen, seit 20 Jahren Lehrstuhlinhaber für Ökolandbau in Weihenstephan. Für seine Studie über Umwelt- und Klimaauswirkungen von konventioneller oder ökologischer Landwirtschaft führte er an je 40 Betrieben zehn Jahre lang Feldexperimente durch. Er verglich Bodenentwicklung, Stickstoff- und CO2-Bilanzen und berechnete die damit verbundenen gesamtgesellschaftlichen Kosten.

Das Ergebnis: Mit der Umstellung auf Bio ließen sich pro Hektar 750 Euro an negativen Auswirkungen für Umwelt, Klima, Boden und Grundwasser einsparen. Würde sich der Öko-Flächenanteil bundesweit von derzeit zwölf auf - wie in Bayern für 2030 anvisiert - 30 Prozent erhöhen, stiege der gesamtgesellschaftliche Jahresgewinn auf vier Milliarden Euro, legte Hülsbergen dar. Da stellte sich nicht nur für Scheitz die Frage, warum Verbraucher, die ja zudem Tierwohl und Nachhaltigkeit in ihre Kaufentscheidungen einbeziehen, nicht finanziell belohnt werden. Stattdessen müssen sie aufgrund der aufwendigeren Produktion und geringerer Erträge für Öko-Qualität tiefer in die Tasche greifen, was vielen in Inflationszeiten immer schwerer fällt. Die Molkereichefin fordert daher "Mut zur Kostenwahrheit und Steuer-Gerechtigkeit", wie sie die Politik durch einen auf Null reduzierten Mehrwertsteuersatz für Bioprodukte steuern könne.

Molkereichefin Barbara Scheitz mit Thomas Lang, Kurt-Jürgen Hülsbergen und Richard Mergner (von links). (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Auch der bayerische BN-Vorsitzende Richard Mergner will dies erreichen, warnt aber zugleich vor "Bio, das beim Discounter verramscht wird" und plädierte für maximale Transparenz in Produktion und Lieferketten. Thomas Lang, Chef von "Bioland" Bayern und LVÖ-Vorsitzender, findet in der Mehrwertsteuerreduktion auch "ungeheure symbolische Bedeutung". Die gelte ebenso für die Festsetzung einer 50-prozentigen Bio-Quote bei der Außer-Haus-Verpflegung in Schulen, Krankenhäusern, Heimen, Mensen und öffentlichen Kantinen.

Eindringlich warnt Lang auch davor, mit neuen EU-Regelungen die Kennzeichnungspflicht für Gen-Lebensmittel zu unterlaufen. Ihren Protest dagegen brachte das Bio-Für-Alle-Bündnis am Montag vor dem Europäischen Patentamt in München zum Ausdruck. Weitere Kundgebungen während der Aktionswoche gibt es in Augsburg, Freising und Bamberg. Vielleicht lässt sich ja da auch mal ein Landespolitiker blicken.

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