Türkgücü München:Der Weg des Kapitäns

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Entgegengestemmt: Die Türkgücü-Verteidiger Aaron Berzel (li.) und Azur Velagic (re.) stemmen sich dem Kopfball des Kaiserslauterers Marvin Pourie entgegen. Am Ende behielten die Münchner klar und deutlich die Oberhand. (Foto: Imago)

Der Aufsteiger feiert mit einem 3:0-Erfolg gegen den früheren deutschen Meister Kaiserslautern den ersten Sieg im Profifußball. Sercan Sararer erweist sich erneut als entscheidender Faktor.

Von Christian Bernhard, München

Alexander Schmidt grinste kurz, ehe er antwortete. Er wusste, dass eine Steigerung in der Leistungsbewertung seines Kapitäns Sercan Sararer wohl unausweichlich sein würde - und kam dieser auch nach. Der Trainer von Türkgücü München hatte Sararer zum Auftakt der Drittliga-Saison vor einer Woche ein "Bombenspiel" beim 2:2 gegen den FC Bayern II attestiert. Am Sonntag, nach der nächsten Glanzleistung seines Offensivspielers, erklärte er lächelnd, Serarer habe diesmal ein "Bomben-Bomben-Extrem-Bomben-Spiel" abgeliefert. Die Laune der Münchner nach dem 3:0-Heimsieg gegen den 1. FC Kaiserslautern war entsprechend gut, Schmidt betonte, "solch einen Traditionsverein" mit 3:0 zu besiegen, sei eine "super Sache". Der erste Türkgücü-Sieg im Profifußball ging aufgrund der Corona-Situation ohne Zuschauer über die Bühne. Markus Merk, ehemaliger Weltklasse-Schiedsrichter und jetzt FCK-Aufsichtsratsmitglied, saß auf der Tribüne und musste am Ende feststellen, dass die Roten Teufel nun Tabellenletzter sind, während Türkgücü auf Rang zwei liegt.

Türkgücü begann mit dem spielerischen Selbstverständnis, das die Mannschaft bereits zum Auftakt gegen Bayern II gezeigt hatte. Die Gastgeber bestimmten die Partie, schon nach wenigen Minuten waren phasenweise alle 20 Feldspieler in der FCK-Hälfte. Der bestimmende Faktor war von Beginn an Sararer, der meist über links wirbelte, aber auch immer wieder mit seinen Offensivkollegen Tom Boere und Petar Sliskovic die Positionen tauschte und dem FCK so kaum Anhaltspunkte gab. Die Belohnung für den guten Start gab es bereits in Minute sieben: Nach einem Pass in die Tiefe über rechts behielt Sararer den Kopf oben und legte den Ball flach ins Zentrum, wo Sliskovic keine Mühe hatte, aus kurzer Distanz abzuschließen.

Der FCK fand in der Anfangsphase offensiv schlicht und einfach nicht statt. Das änderte sich rund um die 20. Minute. Erst köpfte Marvin Pourie, der in der Schlussphase Gelb-Rot sehen sollte, aus sechs Metern knapp am Tor vorbei; nur eine Minute später schlenzte der Ex-Löwe Tim Rieder, an dem auch Türkgücü im Sommer interessiert gewesen war, einen Aufsetzer aus 18 Metern wieder nur knapp neben den Kasten. Lautern machte in dieser Phase immer wieder Dampf über die rechte Abwehrseite der Münchner, die nach etwa einer halben Stunde wieder höher und früher anliefen und so weit in der FCK-Hälfte Ballgewinne provozierten. "Türkgücü war sehr griffig und hat aggressiv verteidigt", lobte Lauterns Trainer Boris Schommers.

Für den zweiten Jubelmoment sorgte erneut das Duo Sararer-Sliskovic. Wieder bediente der Kapitän seinen Stürmer, diesmal unter Druck von der linken Seite. Sliskovic vollende die Vorlage mit einem platzierten Flachschuss ins linke Ecke zum 2:0 (38.). "Bei beiden Toren spielt Sercan überragende Pässe", frohlockte der Doppeltorschütze bei Magenta Sport. "Dieses Auge, dieser Pass in den Lauf, das hat schon was", sagte Schmidt über Serarer. Was sein Kapitän derzeit an "Spielfreude, Spielwitz und Assist-Qualitäten" zeige, sei "herausragend". Zu Beginn der zweiten Hälfte ließ Türkgücü die Gästen spielen, gefährlich wurden diese aber nicht. Anders die Münchner: Sararer - wer sonst? - zog vom linken Strafraumeck ab und traf aus kurzer Distanz den Arm von Kevin Kraus. Schmidt sagte hinterher, er hätte den Elfmeter nicht gegeben, Schiedsrichter Florian Exner gab ihn aber - und Boere verwandelte sicher ins rechte untere Eck (55.). "Mit dem 3:0 war das Spiel entschieden", unterstrich Schommers, der froh sein konnte, dass Sliskovic (68.) und der dynamische und auffällige Benedikt Kirsch (76.) weitere Großchancen nicht nutzten.

Schmidt unterstrich, dass es ob des guten Starts im Verein "keinesfalls Euphorie" gebe, schloss aber nicht aus, dass bis zum 5. Oktober weitere Zugänge kommen könnten ("Wir werden weiter die Augen offen halten."). Flügelspieler Boubacar Barry, der vergangene Woche als 21. Zugang von Werder Bremen geholt worden war, stand gegen Lautern wie angekündigt noch nicht im Kader. Sliskovic erklärte, das Team müsse ruhig und "auf unserem Weg bleiben". Dieser scheint der richtige zu sein. Der Angreifer betonte jedenfalls, es überrasche ihn nicht, "dass wir so gut sind."

Am Montag geht der Blick erst einmal vom Fußballfeld in den Gerichtssaal, im Landgericht München I findet eine mündliche Verhandlung statt. Es geht um den Widerspruch des Bayerischen Fußball-Verbandes (BFV) gegen eine von Türkgücü erwirkte einstweilige Verfügung, die zur Aussetzung der DFB-Pokal-Erstrundenpartie zwischen Schweinfurt 05 und dem FC Schalke 04 geführt hatte.

© SZ vom 28.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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