Sport nach den Corona-Lockerungen:Von Sterndeutern und Trockenschwimmern

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Kontakt oder nicht Kontakt - das ist eine der drängenden Fragen, die sich zurzeit im Beachvolleyball stellen. Und wie so viele andere ist auch sie nicht ganz einfach zu beantworten. (Foto: Robert Haas)

Wie sieht kontaktloser Sport im Freien aus - und wo kann man ihn zurzeit ausüben? Wie ist die Lage in Hallen und Bädern? Und wo findet eigentlich noch welche Art von Ligabetrieb statt? Ein aktueller Rundumblick.

Von Stefan Galler, Christoph Leischwitz, Andreas Liebmann, Ralf Tögel und Sebastian Winter, München

Lockerungen sollten am Anfang jedes Sports stehen. Früher verstand man darunter allerdings einen Teil des Aufwärmprogramms - heute die politischen Vorgaben zur Pandemiebekämpfung. Doch wie sieht es nun wirklich aus nach den ersten kleinen Schrittchen aus dem Lockdown? Wir haben uns umgehört

Badminton

Vielleicht sollte man es besser nicht erwähnen, nicht dass das Virus mitliest. Aber, pssst: Aktuell sind die Inzidenzzahlen im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen gut. So niedrig, dass vielleicht sogar Ende des Monats Sporthallen öffnen. Bis dahin könnten sie sich beim TuS Geretsried als Federballer versuchen, draußen ist ja kontaktfreier Sport erlaubt. Aber eigentlich wollen sie endlich Badminton spielen. Der TuS ist Zweitligist, sein Vize-Abteilungsleiter Sascha Gnalian hatte wie alle anderen seit November keinen Schläger in der Hand. Theoretisch hätten sie trainieren dürfen, weil Zweitligisten unter die Ausnahmeregeln für Profi- und Kadersport fallen, doch die städtische Halle war zu. Und auch die Bundesliga hatte ihren Betrieb unterbrochen: Die Vereine hatten das im Herbst mehrheitlich so beschlossen.

Inzwischen steht fest: Es gibt aus den Bundesligen keine Absteiger, der TuS hat wie auch der punktgleiche TSV Neubiberg/Ottobrunn den Ligaverbleib sicher. Mit drei Punkten aus fünf Spielen, was aber keine Rolle mehr spielt. An der Ermittlung eines Aufsteigers in Turnierform hatte nur ein Zweitligist Interesse, deshalb ist die Saison nun beendet. Nur die erste Liga will auf diese Weise noch den Meister ermitteln, falls die Pandemie das bis Sommer zulässt - allerdings freiwillig und ohne den TSV Neuhausen-Nymphenburg. Risiko und Aufwand seien zu groß, sagt Manager Philipp Blonck, zumal es ja weiter Reiserestriktionen gibt. Lieber blickten sie mit frischer Kraft Richtung neuer Saison. Auch ihre Halle ist nach wie vor geschlossen. In Geretsried berichtet Gnalian von "zehn bis 20 Prozent Mitgliederschwund", man werde viel Werbung machen müssen. Die Frage ist nur, ab wann. Denn selbst falls die Halle hier wirklich geöffnet würde, weiß ja niemand, für wie lange. Andreas Liebmann

Football

Es gibt noch viele Fragezeichen, doch bei den Munich Cowboys setzen sie erst einmal Ausrufezeichen entgegen. "Wir freuen uns total auf die Spiele im Sommer", sagt Cheftrainer Garren Holley. Der Football-Bundesligist geht davon aus, dass die nächste Saison durchgezogen wird, sie soll Stand jetzt mit einem Heimspiel am 5. Juni im Dantestadion gegen die Frankfurt Universe starten. Deshalb haben die Spieler begonnen, ohne Kontakt zu trainieren, deshalb werden auch die US-amerikanischen Spieler wie Abwehrchef A.J. Smith bald planungsgemäß eingeflogen, um bei der Vorbereitung dabei zu sein.

Ligabetrieb ohne Zuschauer ist im deutschen Football allerdings schwer vorstellbar, und die Cowboys würden jegliche Stadion-Restriktionen besonders hart treffen: Erstmals seit vielen Jahren dürfte der Verein selbst das Catering im Dante übernehmen, dies war bisher immer an einen Gaststätten-Pachtvertrag gekoppelt. Für Amateurklubs bedeutet der Verkauf von Bier und Burgern eine deutliche Aufstockung des Etats. Es gibt aber auch ungeklärte Fragen, die nichts mit Corona zu tun haben. Etwa, wie stark die Teams aus Stuttgart und Frankfurt in der Achter-Division sein werden. Beide Städte haben angekündigt, an der neuen europäischen Liga teilnehmen zu wollen, die Cowboys-Rivalen Ingolstadt Dukes meldeten deshalb gleich in Liga drei, die Saarland Hurricanes rückten nach. Christoph Leischwitz

Handball

Es gab ja schon ein paar Fakten zum Handball: Der Betrieb bei den Amateuren ist längst storniert, die dritten Ligen wurden dem Profisport zugeordnet. Trainingsbetrieb unter geltenden Hygienemaßnahmen war also möglich, die Saison aber ausgesetzt. Nun gibt es Planungssicherheit für die Drittlisten: Der Deutsche Handballbund (DHB) hat die Saison beendet - für die Vereine, die das wollen. Es wird keine Absteiger geben, dafür eine Aufstiegsrunde - und eine Spielrunde für Mannschaften, die am Ball bleiben wollen. Beides ist freiwillig, Anmeldung genügt. Die Aufstiegswilligen müssen aber einen Lizenzantrag nachweisen. Klingt einfach, hat aber Tücken, wie die betroffenen Vereine aus der Region erklären. Denn weder bei den Frauen des HCD Gröbenzell noch der HSG Würm-Mitte gibt es Profis, mancher Arbeitgeber sieht es gar nicht gerne, wenn sich die Handballerinnen dem Infektionsrisiko aussetzen.

Beim HCD gibt es eine Tendenz zur Teilnahme, sagt Sportdirektor Hendrik Pleines. Problematisch sind die DHB-Vorgaben, die neben einem Hygienekonzept auch Tests vor jedem Spiel verlangen. Ohne Zuschauereinnahmen eine finanzielle Belastung. Bis zum 21. März bleibt Zeit, sagt HSG-Vorstand Benedikt Waterloo. Die Aufstiegsrunde sei keine Option, die Spielrunde eventuell. Es gelte vielmehr, die Weichen für kommende Saison zu stellen. Der Kern der Mannschaft habe Bereitschaft signalisiert, aber es muss ein Trainer gefunden werden. Denn Stefanie Mittasch sei aus beruflichen und persönlichen Gründen zurück in ihre Heimat Pegnitz gezogen, derzeit bereitet Armin Putzke das Team interimsmäßig vor - auf was auch immer komme.

Der HCD ist da schon weiter, sagt Pleines, die Mannschaft bleibe weitgehend zusammen und ist seit knapp zwei Wochen im Trainingsbetrieb. Die Aufstiegsrunde? "Zu 99 Prozent nicht darstellbar." Offen auch, ob es in den Jugend-Bundesligen weitergeht. Die A-Junorinnen der HSG und die männlichen Kollegen vom TSV Allach müssen sich gedulden, der DHB will am 15. März entscheiden. Ralf Tögel

Ringen

Seit Oktober stehen im Ringen die Ampeln auf dunkelrot: Zunächst wurden alle Ligen unterhalb der Bundesliga abgesagt, dann auch die höchste Kampfklasse. Für einen Verein wie den SC Isaria Unterföhring bedeutet das langfristige Verbot von Kontaktsportarten einen dramatischen Mitgliederschwund, von 460 auf 378 sei die Zahl im letzten Dreivierteljahr gesunken, sagt der Vorsitzende Georg Daimer. Das liege vor allem daran, dass man den Nachwuchs mit Online-Trainings kaum bei der Stange halten könne. "Die Bambini brauchen jemanden, der klare Ansagen macht. Das funktioniert eigentlich nur in der Halle." Für die Leistungssportler im Verein hat man vereinsübergreifend eine gute Lösung gefunden: Isaria-Cheftrainer Fabio Aiello und Matthias Baumeister, Coach von Johannis Nürnberg, haben sich zusammengetan und bieten viermal wöchentlich digitale Übungen an - mit großer Resonanz: Zahlreiche Athleten verschiedenster bayerischer Vereine beteiligen sich an den Trainings. "Es gibt allen einen positiven Schub und zeigt, dass man in Krisenzeiten das Konkurrenzdenken der Vereine auch mal beiseite schieben kann", sagt Daimer. Für die 16 Föhringer Kaderringer laufen auch die Einheiten auf der Matte immer mehr an, maximal vier Ringer und ein Trainer dürfen gemeinsam üben. Und Talent Felix Kirchhoff, 16, kann sogar auf internationalem Niveau ringen, noch bis diesen Sonntag weilt er mit dem DRB-Bundeskader bei einem Lehrgang in Ungarn. Stefan Galler

Radeln und Joggen gehen immer - bei vielen anderen sportlichen Aktivitäten wird es komplizierter, sogar im Freien. (Foto: Lackovic/imago)

Schwimmen

Am Montag könnten sich die Weichen in eine für die Riemerlinger Haie positive Richtung stellen: "Da habe ich einen Termin beim Bürgermeister und hoffe, dass wir dann für unsere 20 Leistungsschwimmer unser Hallenbad wieder öffnen dürfen", sagt Steffen Lenz, Schwimmabteilungsleiter des TSV Hohenbrunn-Riemerling. Zuletzt transportierte man die Sportler fünfmal die Woche zum Trainieren ins Ebersberger Hallenbad, doch das wurde nun wegen dringender Sanierungsarbeiten geschlossen. "Wenn wir in unserer Heimatgemeinde nicht ins Wasser dürfen, habe ich keinen Plan B", sagt Lenz. Dann wären die Topathleten, zu denen in Gregor Bechtold und Jette Lenz, Tochter des Abteilungsleiters, zwei Mitglieder des Bundeskaders gehören, genauso zur Untätigkeit verdammt wie die vielen Breitensportler im TSV. "Man muss es so hart sagen: Durch den Lockdown haben wir einen ganzen Jahrgang verloren", sagt Lenz über die ausgesetzte Nachwuchsförderung. Sollte der Deal mit der Gemeinde klappen, hätte das zwei positive Nebenaspekte: Erstens könnte dann im Falle weiterer Öffnungen von Schwimmbädern der Normalbetrieb, also auch das Breitensporttraining, reibungslos wieder in Gang gesetzt werden. Und man könnte dann rasch wieder Schwimmkurse anbieten, deren Erlöse für den Verein überlebenswichtig sind. "Es ist sowieso wichtig, dass bald Kurse angeboten werden, sonst ertrinken im kommenden Sommer in den Baggerseen noch mehr Kinder als im vorigen", sagt Lenz. Stefan Galler

Tennis

Seit 8. März darf Tennis im Freien gespielt werden, Einzel sowie Doppel mit eigenem Hausstand und einer weiteren Person. Das wirft angesichts der Witterung die Frage auf, wo man derzeit bitte draußen Tennis spielen kann? "Jetzt ist mit Sicherheit erst ein Bruchteil der Freiluft-Tennisanlagen offen", weiß Achim Fessler, Sprecher des Bayerischen Tennis-Verbandes (BTV). Das gelte für kommerzielle Anbieter wie für Vereine. Und in der Halle ist Tennis nach wie vor verboten. Immerhin teilt etwa der TC Kail in Neuperlach auf seiner Homepage mit, dass die Freiluftsaison eröffnet sei, an der Tennis-Base in Oberhaching wird derzeit ein Hartplatz im Freien an Externe vermietet. Auch beim TC Allach können Freiplätze gebucht werden.

Der BTV hat einen Stufenplan mit vier Öffnungsschritten erstellt, derzeit greift Schritt drei von vier. Demnach ist bis Inzidenzwert 50 Gruppentraining mit bis zu zehn Personen erlaubt. Liegt der Wert darüber, ist Training mit maximal fünf Personen aus zwei Haushalten möglich. In der Halle ist kontaktfreies Spiel nach den aktuellen Bestimmungen frühestens vom 22.März an denkbar, was aber auch an der Entwicklung der Inzidenzzahlen hängt. Und dann auch nur mit Selbst- oder Schnelltest.

Der Start des Wettspielbetriebs wurde vorsorglich um vier Wochen auf 1. Juni verlegt. Auch ist die Ranglisten- und LK-Wertung bis 28. März ausgesetzt, weswegen bis dahin keine Turniere mit entsprechender Wertung auf Vereinsebene stattfinden. Die bayerischen Jugend-Hallenmeisterschaften, die vom 19. bis 21. März in Nürnberg hätten stattfinden sollen, sind ebenso abgesagt wie der Rudi Berger Cup für den Nachwuchs im Rahmen der BMW Open. Das Profiturnier selbst soll in München wie geplant Ende April bis Anfang Mai stattfinden. Sebastian Winter

Turnen

Für die Turnerinnen des TSV Unterhaching beginnt die neue Saison in der dritten Bundesliga so, wie die alte aufhörte: mit Absagen. Die Wettkampftage für Mai und Juni sind bereits storniert, bleiben Oktober und November. Bei den Männern sieht es etwas anders aus, weil deren neue Saison erst im Herbst starten soll, das gilt für Exquisa Oberbayern in der zweiten Liga ebenso wie für den TSV Unterföhring und den USC München in der dritten. Letztere hatten in der Vorsaison gar keine Wettkämpfe, das Exquisa-Team, zu dem der TSV Unterhaching zählt, immerhin zwei. Das Team lag auf Aufstiegskurs, als die Runde annulliert wurde. "Den hatten sich die Jungs schwer vorgenommen", sagt Hachings Abteilungsleiter Oskar Paulicks. "Dann war's vorbei."

Seither durften Zweitligaturner trainieren, Drittliga-Turnerinnen nicht - mit Ausnahme weniger, die einen Kaderstatus haben. "Das Gros bleibt der Halle fern, es ist eine Katastrophe", sagt Paulicks. Andererseits, ergänzt sein Sohn Jakob, einer der Routiniers im Team, seien sie trotzdem privilegiert, weil eben doch einige weiter üben durften, während der Blumenladen um die Ecke geschlossen hatte. Die jüngsten Lockerungen jedenfalls änderten laut Oskar Paulicks erst einmal gar nichts, und ob die neue Saison bei den Männern wirklich stattfindet wie geplant, sei auch fraglich. "Es kann genauso wieder passieren", fürchtet er. "Das bleibt ein Blick in die Glaskugel." Andreas Liebmann

(Beach-)Volleyball

Der Spielbetrieb im Volleyball ist klar geregelt: Erste und zweite Liga (mit Herrsching, Grafing, Lohhof und Planegg) bringen ihre Saison zu Ende, alle anderen mussten ihre Spielzeit im Februar beenden - wegen des Amateursportverbots hatten sie ohnehin seit November keine Spiele mehr. Wann die Teams unterhalb erster und zweiter Liga wieder in die Halle dürfen, steht in den Sternen. Deutsche Jugendmeisterschaften wie die U20-DM männlich in Grafing und die U16-DM weiblich beim Turnerbund München sollen wie geplant im Juni stattfinden.

Für die Beachvolleyballer sieht es besser aus - und komplizierter. Die Freiluftsaison der besten bayerischen Teams soll wie geplant am 1. Mai starten, so viele hochkarätige Turniere wie möglich umfassen und am 21./22 August mit der bayerischen Meisterschaft enden; der Austragungsort ist noch nicht fix. Generell hat der Bayerische Landessport-Verband Beachvolleyball als kontaktlosen Sport eingestuft, das heißt, theoretisch könnte man derzeit je nach Inzidenzwert zumindest Zwei gegen Zwei im Sand spielen (bei einem Wert über 50 aus maximal zwei Haushalten). Allerdings gibt es je nach Kommune Vorbehalte gegen die Einordnung als kontaktlos - ob man aufs Feld darf, sollte also im Einzelfall geprüft werden. Auch die kommerziellen Anbieter wollen öffnen, allerdings schreibt beispielsweise das Alpaka Beach in Alling, Landkreis Fürstenfeldbruck, auf seiner Seite: "Beachvolleyball ist als Kontaktsport noch nicht erlaubt." Sebastian Winter

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