München:Spätfolge eines starken Auftakts

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MSC-Hockeyspieler analysieren Abstieg aus der ersten Bundesliga

Von Carolin Ranz, München

Die Hockeyspieler des Münchner SC sanken enttäuscht und entkräftet zu Boden, als am Sonntag die 70 Minuten Spielzeit abgelaufen waren. Es gab nicht den erhofften Jubel wie tags zuvor, als die Spieler ihre Schläger vor Freude in die Luft warfen und den 2:1- Sieg über Krefeld feierten. Einen Sieg, der zum Erstliga-Verbleib hätte reichen können, wäre da nicht der Punktgewinn von Blau-Weiss Berlin beim Tabellenzweiten UHC Hamburg gewesen.

Drei Punkte lagen die Münchner vor dem letzten Spiel am Sonntag also vor Berlin und dem Abstiegsplatz. Nur einen Zähler hätte der Aufsteiger noch zum sicheren Klassenerhalt benötigt. Doch der MSC hat in der gesamten Saison keinen einzigen Punkt an einem Sonntag geholt. "Wenn man diese Statistik im Kopf hat, wird es für das Team nicht leichter zu punkten", sagte Trainer Benjamin Lang. Punktlos blieben die Münchner gegen Mühlheim, 0:6. Die Höhe der Niederlage war völlig belanglos, "weil wir von vorneherein das schlechtere Torverhältnis hatten", sagte Lang. Deshalb hatte er bereits zehn Minuten vor Schluss beim Stand von 0:3 seinen Torhüter für einen zusätzlichen Feldspieler herausgenommen. Doch die Niederlage war nicht zu verhindern, der MSC musste auf Schützenhilfe von Alster gegen Berlin hoffen.

Harter Aufprall: Der Münchner SC um Kapitän Felix Greffenius schien den Klassenerhalt fast sicher zu haben - bis zum letzten Spiel. (Foto: Claus Schunk)

Immer wieder linste Lang während der Partie auf sein Handy, die Spieler erkundigten sich beim Publikum nach dem Zwischenstand. Der Ticker zeigte ein 3:2 für Alster, doch Spiel- und Endstand im Internet waren vertauscht. Diese Nachricht bekam der Trainer schon während der Partie. Nach der Schlusssirene klar: Der MSC hat den Klassenerhalt verpasst, punktgleich mit Berlin muss er wegen des schlechteren Torverhältnisses in Liga zwei. "Wir haben das nicht heute verloren", resümierte Sportdirektor Stefan Kermas, sondern in Spielen wie gegen Absteiger Düsseldorf: "Wenn man da nur einen Punkt aus zwei Spielen holt, macht die ganze Geschichte leider Sinn. So traurig es ist", sagte er.

Sein Weggang stand längst fest, aber gerne hätte Hockeytrainer Benjamin Lang sich mit dem Klassenerhalt verabschiedet. Nachfolger wird Stefan Kermas. (Foto: Claus Schunk)

Als Tabellenletzter mit nur vier Punkten hatte der MSC überwintert, nach dieser enttäuschenden Hinrunde setzten sich die Münchner dann zum Ziel, bis zum letzten Wochenende der Saison noch "handlungsfähig zu sein", so Kermas. Das gelang durch zwölf Punkte in der Rückrunde, der MSC stand sogar auf einem Nichtabstiegsplatz - vor diesem finalen Wochenende.

Erklärungsversuche ziehen nach einem Abstieg meist den Konjunktiv nach sich. Hätten sie aus der Rückrunde doch wenigstens einen Punkt mehr geholt. Oder ihre Strategie ein paar Spiele früher schon verändert und auf Konter ausgelegt. Fakt ist: "Die gewünschte Lernkurve", wie Kermas das nennt, war zu spät zu erkennen. Und der Sportdirektor sieht ausgerechnet das erfolgreiche erste Saisonwochenende als Auslöser: der Sieg gegen Alster und eine starke Leistung gegen den UHC Hamburg. "Da war bei allen im Verein in den Köpfen drin, dass wir super mitspielen können. Diese typische Aufsteigerhaltung haben wir erst jetzt, in den letzten Spielen an den Tag gelegt - und damit waren wir offensichtlich erfolgreicher." Ob ein schlechter Saisonstart womöglich vorteilhafter gewesen wäre? Nun ja, auch so ein Konjunktiv.

"Der Mannschaft kann man keinen Vorwurf machen", darin sind sich Trainer und Sportdirektor einig. Bis zum Schluss kämpfte sie "mit Leidenschaft und voller Herzblut", sagte Lang. Kapitän Felix Greffenius etwa erboste sich 90 Sekunden vor dem Ende noch so lange über das nicht gegebene 1:5, dass er nach einer gelben Karte die Partie auf der Bank beenden musste.

Nach dem Spiel versuchte Lang sein Team zu trösten, doch auch ihn selbst überkamen die Emotionen. Nur zu gern hätte er seinen Abschied mit dem Klassenerhalt gefeiert. Es war sein letztes Spiel als MSC-Trainer, das hatte er schon vor der Rückrunde erklärt. Sein Referendariat lasse ihm nicht genug Zeit für den Klub. Seinen Humor hat er nach der Niederlage am Sonntag aber nicht ganz verloren. Auf die Frage, wie es für ihn nun weitergehe, antwortete er schmunzelnd: "Erst mal in den Urlaub. In die nächste Krise − nach Griechenland." Um die Krise in München wird sich Sportdirektor Kermas kümmern, der in der kommenden Saison Langs Aufgaben übernimmt. Was mit dem Kader passiert, "wird sich erst in den nächsten Wochen zeigen", sagte Kermas. Wenn die erste Enttäuschung bewältigt ist.

© SZ vom 30.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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