Handball:Panther beim Zahnarzt

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Kein Durchkommen: Hier scheitert Yannick Engelmann an der Abwehr des Dessau-Roßlauer HV. (Foto: Günther Reger)

Zweitligist TuS Fürstenfeldbruck wirkt gegen den überragenden Torhüter des Dessau-Roßlauer HV ratlos und ergibt sich früh in die 20:32-Niederlage.

Von Ralf Tögel, Fürstenfeldbruck

Noch bevor der erste Ball durch die Wittelsbacher Halle geflogen war, krachte und schepperte es schon ordentlich. Eine große Trommel hatte sich verselbstständigt und war mit Getöse die Tribünentreppe hinunter aufs Spielfeld gehüpft. Die Trommel, das muss man in diesen Zeiten erläutern, wurde freilich nicht von einem Zuschauer bedient, sondern von Brucker Ordnern. So kommt trotz gähnend leerer Tribünen etwas Stimmung in die Bude. Was schon dem ehemaligen Nationalspieler Timm Schneider beim Gastspiel des ehemaligen deutschen Serienmeisters Gummersbach positiv aufgefallen war. Was er als Grund für die Niederlage des Favoriten aber nicht gelten ließ.

An diesem Samstagabend waren vor der Halle noch eine Handvoll Fans verteilt, die an den Glasfronten rote Bengalos zündeten, eine hübsche Einleitung des Zweitliga-Handballspiels des TuS Fürstenfeldbruck gegen die Gäste vom Dessau-Roßlauer HV. Das war es aber schon mit Paukenschlägen und Feuerwerk vonseiten der Gastgeber, die Panther gingen 20:32 unter und zieren weiterhin das Tabellenende.

Der überragende Philip Ambrosius kriecht den Brucker Schützen mit jeder Parade tiefer in die Köpfe

Die Brucker Handballer leben bekanntlich von ihren Emotionen, so gelingt es wie zuletzt gegen Gummersbach, immer wieder den Nachteil der Amateurtruppe gegen die professionelle Konkurrenz wettzumachen. Gegen Dessau-Roßlau gelang das nur in der Anfangsphase: Die Panther führten schnell 2:0, die Gäste hatten Probleme, gegen die aggressive Abwehr überhaupt zu Abschlüssen zu kommen. Aber die Brucker wussten diesen Vorteil nicht zu nutzen, was maßgeblich am gegnerischen Torwart Philip Ambrosius lag.

Schon im Hinspiel hatte der knapp zwei Meter große Schlussmann den Sachsen-Anhaltinern mit einem gehaltenen Siebenmeter kurz vor Schluss den Sieg gerettet, dieses Mal ließ er es erst gar nicht so weit kommen. Egal ob frei vom Kreis, aus dem Rückraum, von Außen, nach Durchbrüchen oder per Konter, der 27-Jährige war meist zur Stelle. Und mit jeder Parade kroch er den Brucker Schützen tiefer in die Köpfe, mancher Akteur ließ es trotz guter Wurfposition bisweilen lieber bleiben, das Duell mit Ambrosius zu suchen.

Das war der Schlüssel zum Sieg, freute sich Dessaus Trainer Uwe Jungandreas. Mit reichlich Respekt sei er nach Fürstenfeldbruck gereist, erzählte der ehemalige Bundesliga-Coach des SC Magdeburg, weshalb er sich mit viel Videostudium einen Matchplan zurecht gelegt habe: "Wir wollten sie mit unserer Abwehr zu Würfen aus dem Rückraum und von Außen zwingen und alles andere verhindern." Damit meinte der 59-jährige Trainerfuchs vor allem das Brucker Tempospiel und Durchbrüche aus dem Rückraum. Und der Dessauer Matchplan ging auf, der TuS konnte die Partie nur bis zum 4:4 offen halten, dann zogen die Gäste bis zur Pause auf 13:8 davon.

Trainer Martin Wild will nicht auf sein Team einhauen: "Es gibt solche Tage, an denen nichts funktioniert."

Die berechtigte Hoffnung auf die Wende zerstob schnell, denn der TuS hatte auch im zweiten Durchgang nichts zuzulegen. Ganz im Gegenteil, wie Trainer Martin Wild nach der Partie sichtlich bedient analysierte: "Heute hat kein einziger Spieler seine Topleistung gebracht, es war ein Abend, an dem nichts funktioniert hat." Phasenweise hatte Wild ohnmächtig an der Seitenlinie mitverfolgen müssen, wie die gegnerische Abwehr inklusive Torhüter seinen Spielern einen Zahn nach dem anderen zog, er muss sich wie beim Zahnarzt vorgekommen sein.

Selbst Falk Kolodziej, der mit sechs Treffern noch bester Werfer der Brucker war, wurde mehrmals geblockt und setzte entnervt einen Siebenmeter neben das Tor. "Wir haben Stück für Stück unser Selbstvertrauen verloren", beobachtete Wild, zudem hatten die Gäste in dem ehemaligen tschechischen Nationalspieler Jakub Hrstka, der elf Treffer erzielte, neben Ambrosius den überragenden Akteur in ihren Reihen.

Wild wollte trotz der Pleite nur bemängeln, dass sich sein Team nicht an den Matchplan gehalten habe: "Es wurde viel zu früh abgeschlossen, dazu noch mit vielen Halbchancen." Ärgerlich fand er auch das zu frühe Aufgeben: "Wir haben Mitte der zweiten Halbzeit die Köpfe hängen lassen." Immerhin erleichtere die kollektive Fehlleistung die Aufarbeitung: "Es gibt solche Tage, an denen nichts funktioniert. Das kann man nur abhaken und sich aufs nächste Spiel konzentrieren." Das folgt schon am kommenden Donnerstag, dann reist der TuS zum bayerischen Derby nach Rimpar.

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