Fußball-WM:Virtuelles Kicken mit echtem Jubel

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Während alle Welt nach Südafrika schaut, treffen in Ebersberg aus ganz Deutschland Fans eines Internetspiels aufeinander. Sie kicken mit Maus und Tastatur.

Michael Bremmer

Die Stimmung der Fans: überglücklich! Die Stimmung im Team: euphorisch! Das Selbstvertrauen: sehr groß! Besser könnte es nicht aussehen für die deutsche Nationalmannschaft, auf dem Weg zur Weltmeisterschaft in Südafrika. Zuletzt gab es einen souveränen 6:0-Sieg gegen die Elfenbeinküste, mit sehenswerten Treffern von Rezzo Lützelberger, Dragutin "Rübe" Mrden, Boris Köpp und Marbert Camerarius. Und der deutsche Nationalcoach heißt nicht Löw, sondern Schafmuetzel.

Warum in die Ferne schweifen? In Ebersberg wird die Fußball-WM virtuell im Internet gespielt. (Foto: ag.dpa)

Die Spiele sind auch nicht in einem Stadion zu verfolgen oder im Fernsehen. Gekickt wird virtuell, im Internet. "Hattrick" heißt das angeblich weltweit größte Online-Fußball-Managerspiel, mit nahezu einer Million Teilnehmern. Alleine in Deutschland gibt es

84648 virtuelle Fußballklubs. Die Spielergebnisse werden mit Hilfe von Logarithmen errechnet. Die Gegner allerdings sind echt: fußballverrückte Menschen. Einige hundert von ihnen werden Ende Juni in Ebersberg anzutreffen sein. Ganz real.

Während alle Fußballfans nach Südafrika blicken, ist die Hattrick-Welt zu Gast in Ebersberg. Seit 2003 gibt es diese Zusammenkünfte - und nach Treffen in Jena, Göttingen, Berlin, Marburg, Buxtehude, Nürnberg und Herne haben Hattrick-Manager aus München das nunmehr achte Meeting in die Kreisstadt geholt.

"Die wechselnden Standorte geben - neben dem festen Kern von zirka 75 Managern, der überall hinfährt - auch unterschiedlichen Managern aus der jeweiligen Region mal die Möglichkeit, das Treffen zu besuchen", erklärt Yannick Hower, einer der Organisatoren. Und da es "in München selbst nicht so einfach ist, eine bezahlbare und breit angelegte Location mit Fußballplatz und Übernachtungsmöglichkeiten zu finden", sei man auf Ebersberg gekommen.

Virtuelle Spielfreuden, echte Spieler - was auf so einem Hattrick-Treffen passiert, kann sich der Laie nicht so leicht vorstellen. Das Spiel, so die Hilfestellung von Yannick Hower, biete "neben der vielfältigen Managertätigkeit auch einen breite Community und für viele auch ein Kommunikationsmedium". Daher sei es interessant, "hin und wieder die virtuelle Welt zu verlassen und die Manager auch persönlich kennenzulernen". In Ebersberg soll es daher auch wieder ein richtiges - also kein virtuelles - Fußball-Kleinfeldturnier geben. Und am Abend wollen sich die Fußballmanager gemeinsam vor den Laptop setzen und Hattrick-Spiele anschauen.

Online-Fußballspiele sind mit dem Gekicke der Bundesliga nicht vergleichbar. Bei Hattrick haben alle Spieler Phantasienamen. Als Manager kann man einzelne Mannschaftsteile trainieren, Spieler kaufen und verkaufen und somit "das Team auf deinen Träumen basierend aufbauen", heißt es auf der Hattrick-Internetseite. Es gibt Freundschaftsspiele und eigene Ligen - mit Punktspielen am Wochenende. Die Partie kann man am Computer miterleben - mit einem Live-Ticker, der alles Erwähnenswerte wie Aufstellung, Verletzungen, Tore und Platzverweise mitteilt. In Echtzeit. Verteilt auf 90 Minuten.

Auch die WM-Spiele werden beim Hattrick-Treffen gezeigt, immerhin stehen die Spiele des Achtelfinales an, wenn die virtuellen Fußballmanager in Ebersberg sind. Aber wer will schon richtige Zweikämpfe sehen, wenn man gleichzeitig die packenden Duelle von FC Undercover Gilching, Flamengo Alteiselfing oder Boarshill Rockdogs verfolgen kann? "Die Übertragung der WM-Spiele wird zwar angeboten", sagt auch Organisator Yannick Hower, "aber die letzten Jahre haben gezeigt, dass es darauf letztlich weniger ankommt."

© SZ vom 10.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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