Dritte Liga:"Es tut sauweh"

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Unbelohnter Held: Luca Marseiler rackerte auch gegen die Löwen (rechts: Merveille Biankadi) ohne Ende. Zu einem Punkt reichte es für Haching abermals nicht. (Foto: kolbert-press/Ulrich Gamel/Imago)

Unterhachings Luca Marseiler lässt sich im Abstiegskampf nicht hängen, auch wenn die Lage immer aussichtsloser wird

Von Christoph Leischwitz, Unterhaching

Leicht schwankend und ausgepowert verließ Luca Marseiler am Freitagabend in der 85. Minute das Spielfeld, kurz zuvor hatte er noch einen Schlag auf den Kopf bekommen in einem intensiv geführten Derby beim TSV 1860 München. Das wirkte dann schon ein wenig sinnbildlich für die SpVgg Unterhaching in diesen Tagen: kämpfen, kämpfen, kämpfen, auf die Mütze kriegen, Wunden lecken; ein paar Tage später wieder kämpfen, kämpfen, kämpfen. Mit dem 1:3 vom Freitag hat sich die Mannschaft historisch schlechte sieben Niederlagen in Serie eingefangen, der Klassenverbleib wird immer unwahrscheinlicher.

Der 24-jährige Flügelspieler war am Freitag auch wieder einer der Agilsten auf dem Platz: Marseiler nimmt Tempo auf, dribbelt, wirft sich in die Zweikämpfe bis zur Schmerzgrenze, aber wofür? Er selbst schildert das so: "Dann gehst du wieder in ein Eins-gegen-eins, schlägst wieder eine Flanke rein, wieder kein Ertrag - das ist schon sehr ernüchternd. Aber ich gebe Gas. Jetzt erst recht", sagt er. Soll ihnen ja keiner vorwerfen, sie würden sich nicht reinhängen. Sich immer wieder rankämpfen und zurückfallen, das hat Marseiler auch schon für sich selbst zweimal erlebt: im März 2017 zog er sich einen Kreuzbandriss zu, im Sommer 2019 fiel er wegen eines Knochenödems aus, die Komplikationen zogen sich fast ein halbes Jahr hin; beide Male schien er gerade auf dem Sprung zu höheren Aufgaben zu sein, auch die zweite Liga war kein Tabuthema mehr.

Es sah so aus, als ob gegen 1860 etwas gehen würde. "Und dann: zwei so dumme Tore"

"Die Niederlage sitzt schon noch tief", sagt der Münchner nach dem 1:3 im Grünwalder Stadion, "erstens weil es gegen die Löwen war, zweitens weil wir ein gutes Spiel gemacht haben." Die Aussage von Kapitän Markus Schwabl nach dem Spiel, er wolle jetzt gerade am liebsten in den Zaun beißen, darf laut Marseiler als stellvertretende Aussage für alle Spieler gelten. Denn eigentlich war es diesmal ja so: "Du merkst es ja auf dem Platz: Heute geht was", so Marseiler. Man habe gut reingefunden, Chancen gehabt, die entscheidenden Zweikämpfe im Mittelfeld gewonnen. "Und dann: zwei so dumme Tore."

An mangelndem Einsatz liegt es erwiesenermaßen nicht. Dann also an mangelnder Qualität? "Wir schaffen es nicht, dass alle elf an einem Tag eine gute Leistung zeigen", findet jedenfalls der Flügelstürmer. So gesehen stehen möglicherweise jedes Mal ein paar unerfahrene Spieler zu viel auf dem Platz, bei denen die Anhäufung von Fehlern eben noch ein bisschen wahrscheinlicher ist. Gegen Sechzig allerdings widerfuhren Fehler auch einem 30-jährigen mit viel Drittliga-Erfahrung: Zumindest beim 2:1 durch Sascha Mölders (66.) sah Torwart Jo Coppens unglücklich aus, weil er davor den Luft-Zweikampf verlor. Und beim 1:0 der Löwen (35.) rumpelte Coppens gleich mit mehreren Mitspielern zusammen, ehe Dennis Erdmann abstauben konnte. Ganz sicher weiß Marseiler, der ja schon zu den Erfahrenen gehört, dass Erfahrung fehlt: Abwehrchef Marc Endres beendete vor vier Wochen wegen einer Knöchelverletzung seine Karriere, Mittelfeldspieler Dominik Stahl trainiert und trainiert, wird aber nicht fit, Angreifer Stephan Hain erlebt einen gesundheitlichen Rückschlag nach dem anderen. So fehlt in jedem Mannschaftsteil Routine. Und ihr Fehlen "tut schon sauweh", sagt Marseiler.

Marseiler identifiziert sich mit Haching, für die Regionalliga gilt sein Vertrag jedoch nicht

Jetzt ist es auch kein Tabuthema mehr, wie es im Falle eines Abstiegs in den Amateurfußball weitergeht: Marseiler sagt, dass er "durch und durch ein Vorstädter" sei, dass er dem Verein viel zu verdanken habe. Aber auch, dass sein Vertrag, immerhin vorzeitig bis 2023 verlängert, nicht für die Regionalliga gilt. Das dürfte auch für einige Arbeitspapiere der Kollegen gelten. Deshalb fühlt sich Marseiler nur noch mehr in der Pflicht, Gas zu geben.

Die Fans sehen schon schwarz und fordern öffentlich den Rauswurf des Trainers Arie van Lent, doch es gebe noch Zuversicht. "So düster wie es von der Tabelle her aussieht, geht es nicht zu", sagt Marseiler über die Stimmung in der Kabine. "Wir verstehen uns sehr gut. Und es kann uns auch niemand den Willen absprechen." Keiner komme mit gesenktem Kopf zum Training, "das habe ich auch schon anders erlebt". Am Sonntag empfängt Unterhaching den Halleschen FC. Sie haben sich schon jetzt, wieder einmal, viel vorgenommen.

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