Deutsche Eishockey Liga:Harmlose Plänkelei

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Meister München in Oktoberfest-Stimmung: Das 0:4 zum Heim-Auftakt gegen Ingolstadt soll nur eine kleine Affäre gewesen sein - und gegen Schwenningen gefälligst ohne Nachspiel bleiben.

Von Johannes Schnitzler, München

In dieser noch sehr jungen Saison der Deutschen Eishockey Liga gibt es bereits die ersten Opfer. Konrad Abeltshauser zum Beispiel. Der Nationalspieler ist nicht mehr für die Musik-Auswahl in der Kabine des EHC Red Bull München zuständig. "Kony ist raus", sagte Teamkollege Frank Mauer vor dem ersten Spiel, und als wäre dies nicht rüde genug, schickte Mauer noch ein "Gott sei Dank" hinterher. Wie aus dem engsten Mannschaftskreis zu hören war, soll der Tölzer Traditionalist und passionierte Trachtenhutträger Abeltshauser es gewagt haben, hin und wieder bayerisches Liedgut einzustreuen, was vom integrativen Ansatz her sicher gut gemeint, für das ästhetische Empfinden vor allem der nordamerikanischen Fraktion aber offenbar zu unsensibel war. Für die Beschallung der Umkleide sind nun der als Feingeist bekannte Steve Pinizzotto, Oldie Keith Aucoin und "ab und zu" (Mauer) David Leggio zuständig - ein Torwart... Zwiefache waren seitdem jedenfalls nicht mehr zu hören.

Der Meister stemmt sich gegen die Niederlage: Trainer Don Jackson versucht am Sonntag gegen Ingolstadt, seine Spieler zu erreichen - vergeblich. (Foto: Straubmeier/imago)

Auch vom neuen Mitspieler Patrick Hager, in Stuttgart geborener und rasch zugewanderter Ur-Bayer, der zuletzt in der Kölner Diaspora ausharren musste, gab es Spott für Abeltshauser. Ob er froh sei, dass er nun wieder Bairisch reden könne, wurde Nationalstürmer Hager gefragt, und bewies seine Vielseitigkeit, indem er antwortete: Wenn das Fernsehen ihn interviewe, antworte er auf Hochdeutsch - "ich will ja nicht untertitelt werden." Eine Fähigkeit, die er Abeltshauser offenbar nicht zutraut. "Der Kony?", fragte Hager hämisch: "Kann der überhaupt Hochdeutsch?"

Verteidiger Kettemer fällt aus. Der 31-Jährige verpasst womöglich zwölf Pflichtspiele

Nach dem hakeligen 3:2-Sieg in Krefeld und der deutlichen 0:4-Niederlage im ersten Heimspiel gegen Ingolstadt wären erste Verwerfungen in der Mannschaft nicht völlig auszuschließen. Abeltshauser aber konnte am wenigsten für den durchwachsenen Auftakt. Der Nationalverteidiger laboriert an einer Oberkörperverletzung, die seinen Einsatz auf dem Eis derzeit nicht zulässt, ihn andererseits beim Maßkrugstemmen aber gottlob nicht beeinträchtigt. Seite an Seite mit Hager trat Abeltshauser am Dienstag also zum jährlichen Wiesn-Dreikampf an gegen die Fußballer des TSV 1860 München und die Volleyballer des TSV Herrsching. Hager zapfte bei seiner Premiere mit zwei Schlägen "ganz solide" einen 50-Liter-Banzen an, Abeltshauser stemmte einen gefüllten Maßkrug mehr als vier Minuten lang in die Waagrechte und verteidigte so seinen Vorjahressieg in dieser Disziplin souverän gegen Löwen-Kicker Kodjovi Koussou. Nur weil der dänische Neu-Münchner Markus Lauridsen beim Lebkuchenherz-Verzieren nicht den Geschmack der Jury traf, ging der Gesamtsieg an Herrsching. "Aus meiner Sicht ist da geschoben worden", scherzte Hager.

Die Stimmung beim deutschen Meister ist natürlich - Musik hin, Heimniederlage her - nach wie vor prächtig. "Wir wären gerne mit drei Punkten gestartet", sagte Verteidiger Yannic Seidenberg, "aber wir haben die Chancen nicht reingemacht. Daraus müssen wir lernen." Dem Team sei "klar, dass wir nicht einfach durchlaufen". Bei elf von 14 DEL-Trainern steht der EHC ganz oben auf der Favoritenliste, und auch die Mannschaft selbst weiß, was von ihr erwartet wird. "Wir waren jetzt zweimal nacheinander Meister", erinnerte Mauer. "Was wir erreichen wollen, kann man sich denken." Der 29-Jährige weiß aber auch: "Wenn uns die anderen in der Favoritenrolle sehen, ist das in Ordnung, wir brauchen uns nicht zu verstecken. Aber Papier gewinnt keine Spiele." Vor allem, wenn die Liste der Namen auf dem Papier jetzt schon kürzer wird. Für die Partie an diesem Donnerstag gegen Schwenningen (19.30 Uhr, Olympia-Eisstadion) fällt neben Jerome Flaake, Emil Quaas und Abeltshauser auch Florian Kettemer, 31, aus. Der Verteidiger hat sich, wie der Klub am Mittwoch meldete, gegen Ingolstadt eine Verletzung zugezogen, die ihn vermutlich bis Mitte Oktober außer Gefecht setzen wird. Kettemer könnte schlimmstenfalls zwölf Pflichtspiele in der DEL und Champions League verpassen. Der EHC hat daraufhin Maximilian Daubner lizensiert, 19 Jahre jung - und Stürmer.

Noch wird dem Ergebnis gegen Ingolstadt keine schwerwiegende Bedeutung beigemessen. "Wir sollten aus dem 0:4 keine große Affäre machen", sagte Stürmer Dominik Kahun den Eishockey News. Bei einer Niederlage gegen die von Ex-EHC-Coach Pat Cortina betreuten Schwenninger mit den ehemaligen Münchnern Uli Maurer, Tim Bender und Tobias Wörle wäre der Spaß allerdings recht schnell vorbei. Der Ton macht letztlich die Musik, und der würde sicher niemandem gefallen.

© SZ vom 14.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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