Deutsche Eishockey-Liga:Ex-Bulle aus Tölz

Lesezeit: 3 min

Maximilian Kammerer, 19, Sohn des ehemaligen Nationalspielers Axel Kammerer, macht in seiner ersten DEL-Saison für die Düsseldorfer EG auf sich aufmerksam. In München wird nicht nur die Familie genau hinsehen: Das Talent reifte zuvor beim EHC-Schwesterklub in Salzburg

Von Johannes Schnitzler

An sein erstes Tor hat Maximilian Kammerer keine guten Erinnerungen. "Weil es leider nicht gezählt hat", sagt der 19-Jährige. Dafür fand er sein zweites Tor vor zwei Wochen umso schöner. Weil es der Ausgleich zum 1:1 in Ingolstadt war. Weil seine Mannschaft das Spiel gewann (und er sogar noch die Vorlage zum entscheidenden 4:2 gab). Weil seine Familie - Vater Axel, Mutter Walli, Schwester Julia - im Stadion war. Vor allem aber: Weil der Treffer zählte. Und so steht dieses 1:1, eigentlich ja schon sein zweites Tor, nun offiziell in den Annalen als das erste Tor von Maximilian Kammerer in der Deutschen Eishockey Liga (DEL). "Ich kann mich nicht beschweren", sagt er.

Bis auf den nicht anerkannten Treffer läuft gerade ziemlich viel ziemlich rund für den Stürmer aus Bad Tölz. Vor der Saison wechselte Kammerer aus dem Nachwuchs von Red Bull Salzburg zur Düsseldorfer EG, die ihn an Kooperationspartner Bad Nauheim ausleihen wollte; Kammerer sollte in der zweiten Liga Spielpraxis sammeln. Doch dann verletzten sich einige Profis, und Kammerer nutzte seine Chance. Bisher stand er in allen zwölf Saisonspielen für die DEG auf dem Eis. Erst in der vierten Reihe. Mittlerweile in der ersten.

Neben Leon Draisaitl (Edmonton/Bakersfield) und dem Münchner Dominik Kahun, beide Jahrgang 1995, zählt Kammerer, Jahrgang 1996, zu den größten Talenten hierzulande. Vor seinem Lehrjahr in Salzburg ließ er sich ein Jahr in Kanada ausbilden. Die Experten loben seine Technik, sein taktisches Verständnis, seine Fähigkeit, ein Spiel zu lesen. "Es ist selten, dass ein so junger Spieler auf allen drei Positionen im Sturm spielen kann", sagt DEG-Coach Christof Kreutzer. Am vergangenen Wochenende bereitete Kammerer im rheinischen Derby gegen die Kölner Haie mit einem frechen Rückhandpass die Führung für die DEG vor, seine dritte Torvorlage in dieser Saison. Düsseldorf gewann 2:1. Defizite? "Körperlich muss ich zulegen", sagt Kammerer, der bei 1,85 Meter schmale 77 Kilo wiegt. Und die Abwehrarbeit, "da muss er noch was reißen", sagt Kreutzer. "Wenn man im Nachwuchs immer einer der Besten ist und offensiv stark, dann wird die Defensive oft ein bisschen vernachlässigt. Aber Maxi ist lernbereit." Und er hat gleich zwei väterliche Ratgeber an seiner Seite: den Kanadier Rob Collins, 37, der an diesem Freitag gegen den EHC München sein 500. DEL-Spiel bestreitet, und Rekordtorschütze Daniel Kreutzer, der am Freitag 36 wird; Kreutzer hat in 1004 DEL-Spielen 259 Mal getroffen. Selten gab es eine Reihe mit größerer statistischer Unwucht. Aber: Es läuft. Keine Beschwerden.

Für den Tölzer Kammerer schließen sich gerade ein paar Kreise. Er ist in Düsseldorf geboren, Vater Axel, ehemaliger Nationalspieler, stand damals bei den Ratinger Löwen unter Vertrag. Als Axel Kammerer Co-Trainer von Hans Zach bei den Kassel Huskies war, machte ein gewisser Daniel Kreutzer dort seine ersten DEL-Spiele, Klaus Kathan - damals das größte Tölzer Talent - nahm den kleinen Maxi immer mit auf die Ehrenrunde. Später in Köln spielten Vater und Sohn nach dem Vormittagstraining der Profis oft allein in der riesigen Arena. Heute trainiert Axel Kammerer, 51, die Tölzer Löwen, Kathan, 38, gibt seine Erfahrung aus mehr als 900 DEL-Spielen an den Tölzer Nachwuchs weiter, Kreutzer spielt immer noch - und aus dem kleinen Maxi ist der Profi Maximilian Kammerer geworden. Sein Vertrag läuft bis 2018.

Wenn die DEG an diesem Freitag beim EHC München antritt (am Sonntag gastiert der EHC dann in Düsseldorf ), scheint Kammerers nächster Treffer programmiert. Die Familie wird wieder im Stadion sein: Mutter, Schwester, Opa. Nur Papa Axel hat keine Zeit. Er muss mit den Tölzer Löwen in der Oberliga nach Sonthofen, wo einst Andreas Volland spielte, ein früherer Teamkollege. Auch Volland hat einen Sohn, Kevin, ein talentierter Eishockeyspieler, der sich aber für den Fußball entschied. "Keine schlechte Entscheidung", sagt Maximilian Kammerer. Er hätte es ja beinahe genauso gemacht, der Schulwechsel auf das Münchner Theodolinden-Sportgymnasium stand im Raum. Für welchen der beiden Großklubs er sich entschieden hätte? 1860? Maximilian Kammerer lacht. "Nein, 1860 wäre wohl nicht infrage gekommen" - Vater Axel ist glühender Anhänger des FC Bayern und hatte als Jugendlicher sogar ein Angebot des Rekordmeisters. Mit zwölf Jahren konnte er noch nicht einmal richtig Schlittschuhlaufen. Bis er sich für Eishockey entschied und als 19-Jähriger in die erste Liga wechselte. Wie sein Sohn. Der Vater nach Rosenheim. Der Sohn nach Düsseldorf.

Der EHC Red Bull München hatte kein Angebot abgegeben. Maximilian Kammerer wird sich nicht beschweren.

© SZ vom 23.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: