Basketball:Examenszeit

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Der FC Bayern München gastiert zum letzten großen Test vor den Playoffs in Ulm und will den Schwaben deren erste Niederlage beibringen.

Von Joachim Mölter

Im Mai beginnen in Bayern die Abiturprüfungen der Gymnasiasten und in Deutschland die Playoffs der Basketball-Profis, Sasa Djordjevic hat dieses zufällige zeitliche Zusammentreffen in dieser Woche in einen gedanklichen Zusammenhang gebracht, ungewollt vermutlich, aber durchaus passend: Der Trainer des FC Bayern München durchläuft mit seinen Basketballern ja auch einen Reifeprozess; er bereitet seine Schüler ebenfalls auf eine Prüfung vor, die sie dann nach Möglichkeit im Juni erfolgreich mit einem Meistertitel ablegen sollen. Insofern kommt ihm die Begegnung beim Tabellenführer Ratiopharm Ulm an diesem Samstag (18 Uhr) gerade recht. "So nah an den Playoffs ist das ein großartiges Examen", sagt Djordjevic.

Aus Münchner Sicht kann man das Gastspiel in Ulm tatsächlich als letzte große Leistungsüberprüfung betrachten, bevor es ernst wird im Mai. Djordjevic kann sehen, was seine Klasse schon alles kann, und er hat danach noch Zeit, um gegebenenfalls etwas zu korrigieren oder Lerninhalte aufzufrischen. Aber schon jetzt ist der Münchner Danilo Barthel sicher: "Beide Mannschaften wollen ein Ausrufezeichen setzen im Hinblick auf die Playoffs." Die ganze Branche blickt auf das Spitzenspiel zwischen dem Tabellenersten und dem Tabellendritten. Der FC Bayern hat sämtliche Bundesliga-Spiele im Jahr 2017 gewonnen, die Ulmer sogar alle seit Saisonbeginn - 27 Partien am Stück. "Die zwei längsten Serien treffen aufeinander, das wird interessant", stellt Barthel fest und verspricht: "Wir sind hoch motiviert, dass wir diejenigen sind, die die Ulmer Serie beenden."

Dieser Optimismus ist nicht unbegründet: Zwar haben Barthel und die Bayern das Hinspiel an Weihnachten in heimischer Halle 79:87 verloren, danach aber die Schwaben zweimal in der Eurocup-Zwischenrunde bezwungen, erst 68:57 in Ulm und dann 101:98 nach Verlängerung. Reggie Redding warnt zwar diesbezüglich vor zu viel Selbstsicherheit: "Die Ulmer waren eine andere Mannschaft im Eurocup. In der Bundesliga sind sie selbstbewusster", sagt er, räumt aber ein: "Wir wissen, dass wir sie schlagen können."

Und sie wissen auch wie: "Wir müssen versuchen, sie früh aus ihrem Spiel zu nehmen", sagt Redding. "Wir müssen im ersten Viertel in der Defensive sehr physisch auftreten, auf ihre Schützen aufpassen und auf den Rebound", präzisiert Barthel; dieses Rezept habe beim Auswärtssieg im Eurocup ja funktioniert: "Da hatten sie gegen uns Schwierigkeiten, ihre offenen Würfe zu treffen."

Wenn der Ulmer Angriff erst einmal in Schwung kommt, ist er nur schwer aufzuhalten, das weiß auch der Trainer Djordjevic. "Sie haben einen beeindruckenden Lauf bis jetzt und spielen momentan den besten Basketball in der Liga", sagt der Serbe: "Wir haben Respekt, aber keine Angst." Respekt hat er vor allem vor Ulms Allrounder Raymar Morgan, Djordjevics Meinung zufolge "der beste Spieler in der Bundesliga" und ausweislich der Liga-Statistik der erfolgreichste Punktesammler mit durchschnittlich 19,2 pro Partie. Morgans Nebenmann Chris Babb steht dem nur wenig nach, der Distanzspezialist kommt auf 15,7 und ist damit die Nummer fünf des Rankings. "Die beiden sind schwer zu stoppen", weiß Redding, "aber wir müssen es ihnen schwer machen." Auch Barthel mahnt zu konzentrierter Abwehrarbeit: "Die Ulmer sind bekannt dafür, dass sie aus allen Lagen treffen, wenn's bei ihnen erst mal läuft."

Wie man in Ulm gewinnt, weiß Danilo Barthel (links, im Spiel gegen Ludwigsburg) aus eigener Erfahrung. (Foto: Eibner/imago)

In der Korbjägerliste taucht der erste Münchner im Übrigen erst auf Platz 66 auf, das ist der zuletzt etwas geschonte Maxi Kleber mit 9,8 Zählern im Schnitt. Aber das lässt sich auch als Zeichen der Ausgeglichenheit des Kaders interpretieren: Sieben FC-Bayern-Profis kommen in der Bundesliga auf Zahlen zwischen 9,8 und 9,0 Punkten pro Partie - das macht es jedem Gegner schwer, die Mannschaft auszurechnen. Weil den Münchnern ein typischer Korbjäger fehlt, wird gern übersehen, dass sie den zweitbesten Angriff der Liga stellen, hinter Ulm, aber noch vor Meister Brose Bamberg. Mit dem konkurriert der FC Bayern weiterhin um den zweiten Tabellenplatz nach der Hauptrunde, der in den Playoffs mit einem Heimvorteil bis ins Halbfinale belohnt wird. Die Oberfranken gehen mit 48:6 Punkten in dieses Wochenende, die Oberbayern mit 46:6. Bei einem Erfolg in Ulm würden die Münchner den Druck auf den Titelverteidiger aufrechterhalten und in Lauerstellung bleiben, falls dieser sich einen Ausrutscher erlaubt. Eine Niederlage dagegen würde den FC Bayern zumindest nicht zurückwerfen.

© SZ vom 08.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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