3. Liga:Einstellungsprobleme im Niemandsland

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Einen Schritt zu spät: Sebastian Maier (Zweiter von rechts, im Duell mit Sechzigs Stephan Salger) vergab die große Chance zum Anschlusstreffer. (Foto: Sven Leifer/foto2press/Imago)

Türkgücü verliert gegen 1860 München 0:2, Geschäftsführer Max Kothny beklagt einen "Leistungsverfall". Die Auflösungserscheinungen in der Mannschaft sind unübersehbar.

Von Christoph Leischwitz, München

Es lief die 61. Spielminute, und es war das erste und einzige Mal an diesem Nachmittag, dass sich Türkgücü München den Gegner einmal zurechtlegen konnte. Sebastian Maier, ein ehemaliger Spieler von 1860 München, stand nun frei vor Löwen-Keeper Marco Hiller und konnte noch in Ruhe Anlauf nehmen. Hiller blieb ruhig stehen und blockte den Ball zur Seite ab. In der Phase nach der Pause hatte Türkgücü in diesem Drittliga-Derby im Olympiastadion kurz an das Türkgücü aus der Hinrunde erinnert, und in dieser Szene hätte das Spiel noch einmal kippen können, unmittelbar nach der Führung der Sechziger durch Richard Neudecker (59.). Das war's aber auch schon. Der eine oder andere Spieler stemmte sich zwar noch gegen die Niederlage, doch insgesamt machte Türkgücü spätestens nach dem 0:2 den Eindruck, als habe man die Saison bereits abgehakt.

Das ist in gewisser Weise verständlich. Der Aufsteiger kann die Aufstiegsplätze nicht mehr erreichen, er kann auch kaum noch in Abstiegsgefahr geraten. Außerdem fehlten mehrere wichtige Spieler. Die Abhängigkeit von Spielmacher Sercan Sararer fiel bei der Niederlage am Samstag besonders ins Auge: Da war niemand, der in der Offensive die Bälle halten und verteilen konnte, längere Ballbesitzphasen Türkgücüs waren höchst selten. Die Mannschaft wirkte auch taktisch überfordert. Hatte man sich in den vergangenen Wochen, als es offensiv nicht mehr so gut lief wie in der Hinrunde, dann immer noch auf seine stabile Defensive verlassen können, so war auch dies angesichts der Vielzahl der Sechzig-Chancen diesmal nicht möglich. Was Trainer Serdar Dayat aber nicht davon abhielt, anschließend von einem guten Spiel seiner Mannschaft zu sprechen.

Berzel, Bouziane, Kirsch, Laukart oder Zant: Alles Spieler, die nicht mehr im Kader auftauchen - verletzt ist keiner von ihnen

Dass man gedanklich mit der laufenden Spielzeit schon abgeschlossen hat, wird offensichtlich von der Vereinsführung vorgelebt. Vor dem Spiel hatte Geschäftsführer Max Kothny gesagt, dass er den "Leistungsverfall" seit dem Rauswurf von Trainer Alex Schmidt Anfang Februar nicht dem aktuellen Coach, sondern eher einigen Spielern anrechne: "Da sind manche Sachen einstellungstechnisch nicht ganz rund gelaufen." Als es noch um den Aufstieg ging, wurde etwa Sararer sehr wohl beim Spitzenspiel in Ingolstadt aufgestellt, obwohl er angeschlagen war. Der 31-Jährige sei aktuell wegen Wadenproblemen aber auch für das nächste Derby am Mittwoch bei der SpVgg Unterhaching "sehr fraglich".

Vor allem die Nichtnominierung von Aaron Berzel bleibt ein Rätsel, der ehemalige Sechziger war absoluter Leistungsträger in der Vorrunde, Berzel stand erneut nicht einmal im Kader. Dayat bereute auch nach dem 0:2 gegen Sechzig nicht, dass Berzel nicht einmal als Option von der Bank hätte kommen können. "Es fehlte nichts", sagte er. Dabei hatte er selbst eingeräumt, dass nach einer frühen Auswechslung von Kilian Fischer wegen Kreislaufproblemen die Stabilität verloren gegangen sei. Der Vertrag von Abwehrspieler Stefan Stangl wurde bereits aufgelöst.

Neben Berzel taucht zurzeit auch Mounir Bouziane nicht im Kader auf, oder Benedikt Kirsch, Alexander Laukart, Michael Zant. Sie alle fehlen schon lange, sodass es an der von Kothny beklagten mangelnden Einstellung nicht liegen kann. Vielmehr bekommen diese Akteure gar keine Chance mehr, das Gegenteil zu beweisen. Es wirkt fast, als hätte der Verein sie einfach vergessen.

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