Jazz:Geschmeidiger Organismus

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Gewinner des Jungen Münchner Jazzpreises: das Shuteen Erdenebaatar Quartett. Dazu gehören (von links oben im Uhrzeigersinn) Shuteen Erbenebaatar, Bastien Rieser, Valentin Renner und Nils Kugelmann. (Foto: Ralf Dombrowski)

Im zehnten Jahr seines Bestehens geht der Junge Münchner Jazzpreis an das Shuteen Erdenebaatar Quartett.

Von Ralf Dombrowski

Alle sind zufrieden. Der Kulturreferent Anton Biebl betont in einer kurzen Festrede, dass er gleich mehrere Anlässe am gleichen Abend für seine Präsenz vor Ort habe sausen lassen. Barbara Schulte von der Kulturstiftung der Bayerischen Versicherungskammer gibt dem Wettbewerb ein paar jazzend unterstützende Worte aus Sponsorenperspektive hinzu, die Kollegen des Bayerischen Rundfunks und des Jazzclubs Unterfahrt halten sich wohlwollend fördernd im Hintergrund. Lediglich Andreas Heuck, der als treibende Kraft hinter dem Wettbewerb und dem eigens dafür gegründeten Verein mucjazz alljährlich die Preisgelder einsammelt, meint zwischendurch in einer Ansage, dass durchaus noch ein paar spendable Mitglieder willkommen seien.

Unterm Strich aber ist der Junge Münchner Jazzpreis als unabhängiges Unterfangen privater Kulturförderung ein großer Erfolg und kann stolz sein Zehnjähriges feiern. Und als hätte er das noch zusätzlich durch die Qualität der Finalisten und Finalistinnen beweisen müssen, konkurrierten in der ausverkauften Unterfahrt drei Ensembles um die Gunst von Jury und Publikum, die jedes für sich bereits durch gestalterischen Eigensinn aus dem Rahmen der akustischen Gewohnheiten fielen.

Das Münchner Quartett EXP der Bassistin Anna Emmersberger zum Beispiel entwickelte eine hintergründig humorvolle Deutung kompositorischer Komplexität, die sich nicht nur in sonderbar kontrastreichen Songtiteln, sondern auch Stücken wiederfand, die ungern etwas so stehen ließen, wie es den Anschein haben könnte. Im Kern stilistischer Modern Fusion, spielten die Songs mit Textfragmenten, Klangintarsien und Motivrelativierungen, deuteten Hörsicherheiten an, nahmen sie aber gerne wieder zurück. Es war ein Konzept vorsichtiger Dekonstruktion, das in seiner Feinheit allerdings angesichts der Wucht der Konkurrenten und Konkurrentinnen ein wenig verblasste.

Der Solistenpreis geht an den Trompeter Jakob Bänsch

Der Pforzheimer Trompeter Jakob Bänsch etwa ergatterte sich souverän den Solistenpreis und für sein Quartett den zweiten Platz des Finales. Seine Musik knüpfte konzeptuell elegant und selbstbewusst an den Gestaltungsmaximen der jazzenden Moderne an, melodisch klar ornamentierend, harmonisch transparent gefächert, vor allem aber interpretatorisch so kraftvoll souverän in der Nachfolge klassischer Meister seines Fachs, dass man sich eine glanzvolle Karriere des gerade mal 19-jährigen Newcomers gut vorstellen kann. Noch einen drauf setzten allerdings die Pianistin Shuteen Erdenebaatar und ihr Quartett, nicht nur weil der für den erkrankten Moritz Renner eingesprungene Trompeter Bastien Rieser zu den Jungkollegen auf internationalem Niveau gehört, sondern auch weil die Band als Ganzes einen geschmeidigen Organismus des Zusammenspiels bildete, der ebenso energisch wie differenziert harmonierte.

Das lag zum einen an der aus der Mongolei nach München gezogenen Bandleaderin, deren gestalterische und pianistische Welt vor allem im postromantisch vielfarbigen Beziehungsgefüge der Klangfeinheiten brillierte. Es hing aber auch an Bassist Nils Kugelmann und Schlagzeuger Valentin Renner, die als Paradeteam des heimischen Powerjazz aus den Vollen des Teamgeistes schöpfen konnten. Mit dieser Mischung landete das Shuteen Erdenebaatar Quartett auf Platz eins in der Gunst der Jury und auch des erstmals vergebenen Publikumspreises. Und es wies damit auch die Richtung des Wettbewerbs. Denn dem Jungen Münchner Jazzpreis wurde aus Anlass seines Jubiläums viel Zukunft gewünscht. Angesichts der Klasse, die die Finalisten und Finalistinnen haben, muss man sich sich künstlerisch um ihn jedenfalls keine Sorgen machen.

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