Schwanthalerhöhe:Für jeden ein Stück vom Kuchen

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Corona-Glückwunsch: Daniel Günthör gratuliert Sibylle Stöhr. (Foto: Robert Haas)

Politische Einmütigkeit unter Sibylle Stöhr (Grüne) - und ausschließlich Ja-Stimmen

Von Andrea Schlaier, Schwanthalerhöhe

"Westend united" nennt sich eine Fußball-Initiative für Kinder in der Schwanthalerhöhe. Mit dem euphemistischen Sportler-Label ließe sich auch die konstituierende Sitzung des neu gewählten Bezirksausschusses (BA) im Viertel dekorieren. Sämtliche Urnengänge in zweieinhalb langen Stunden endeten immer mit 17 Ja- bei 17 abgegebenen Stimmen. "Das gab's hier und vielleicht auch sonst in der Stadt noch nie", strahlte die alte und neue Vorsitzende Sibylle Stöhr, die gerade auch für die Grünen in den Stadtrat eingezogen ist. "Stolz" mache sie die "Einigkeit". Ihre neue Stellvertreterin, die nach 18 Jahren aus dem Stadtrat ausgeschiedene Ulrike Boesser (SPD), gratulierte grinsend zum "albanischen Ergebnis".

Aus zweierlei Gründen hat diese politische Einmütigkeit Nachrichtenwert: Vor sechs Jahren startete der Bezirksausschuss hier vollkommen zerrüttet in eine neue Amtszeit: Trotz 40 Prozent der Stimmen verloren die Sozialdemokraten in ihrem damaligen Stammbezirk den Vorsitz an die forsch aufbegehrenden Grünen, die getragen wurden vom selbstbewusst formierten Jamaika-Bündnis mit CSU und FDP. 2020 dann der Erdrutsch-Verlust von 20 Prozentpunkten für eine schockstarre SPD, 45,9 Prozent-Rekordhoch für die Grünen, und aus dem Stand sind auch die Linken mit zehn Prozent und zwei Sitzen im Spiel. Die von allen Fraktionen gelobten "konstruktiven Vorverhandlungen" unter grüner Führung erwiesen sich nun als bruchfester Stabilisator für eine Friede-Freude-Postenvergabe, von der auch die um einen auf zwei Sitze geschrumpfte CSU profitierte: Ihr Fraktionssprecher, der freie Journalist Uwe Trautmann, ist nun zweiter Stellvertreter von Stöhr.

In der von den Grünen ausgegebenen Losung der "konsensualen Lösung" gab's auch bei der Wahl der Unterausschuss-Vorsitzenden für jeden ein Stück vom Kuchen, also auch die neuen Fraktionen aus "Die Linke & ÖDP" sowie CSU und FDP mit jeweils drei Sitzen. SPD-Fraktionssprecher Willy Mundigl leitet künftig den Unterausschuss Bau, Planen, Wohnungsbau und Gewerbe, der 35 Jahre alte Sozialpädagoge Dominik Lehmann, Fraktionssprecher "Die Linke & ÖDP", das Ressort Soziales, Bildung, Wohnungspolitik. Der 47 Jahre alte Sozialplaner und Grünen-Fraktionssprecher Daniel Günthör führt den Unterausschuss Kultur und Integration, Parteikollegin und Berufsoberschullehrerin Manuela Diebolder die Geschäfte im Ressort "Umwelt und Verkehr". Rechtsanwalt Florian Kraus, ebenfalls Grüne, leitet den Bereich "Budget und Finanzen".

Mit neun Neuen besteht der BA in der Mehrzahl aus unbekannten Gesichtern. Neu ist auch als Vertreter der Linken der Mittelschullehrer Benedikt Glasl, der als Externer mit BA-Mitglied Sarah Seeßlen-Kozumplik zum Beauftragten gegen Rechtsextremismus bestimmt - also nicht gewählt - wurde. Glasl war 2018 in die Schlagzeilen geraten, als der Freistaat ihm die Ausbildung zum Lehrer versagen wollte, weil er sich Jahre zuvor im Sozialistisch-demokratischen Studierendenverband (SDS) engagiert hatte; der Freistaat hat längst eingelenkt, die Einwände zurückgezogen. Trotzdem verweigerte die CSU/FDP-Fraktion Glasl die Unterstützung. Man halte, so Trautmann, nicht nur die rechte, sondern auch die linke politische Seite für extremistisch. Die neue Amtsperiode hat begonnen.

© SZ vom 14.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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