Schwanthalerhöhe:Frieden an der Tafel

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Begehrte Anlaufstelle: Das Projekt "Das Westend tafelt" verteilt derzeit im Gemeindesaal der Auferstehungskirche Mittagsessen an Bedürftige. (Foto: Florian Peljak)

Erste Essensausgabe-Stationen öffnen wieder - und eine Initiative im Westend legt Differenzen mit Verbänden bei

Von Andrea Schlaier, Schwanthalerhöhe

In Zeiten kaum zu überblickender Ausnahmeregelungen wird auch das Helfen zum Problem. Das wissen alle, die versuchen den Armen in der Stadt, die die Wucht der Corona-Pandemie besonders hart trifft, mit Essen zu versorgen. Die Münchner Tafel gehört dazu, Wohlfahrtseinrichtungen, darunter die Caritas - und die Initiative "Das Westend tafelt", ein Verbund aus Ehrenamtlichen und dem Bezirksausschuss. Die Helfer verteilen seit Karfreitag Tag für Tag eine warme Mittagsspeise an Bedürftige, mittlerweile jeweils 300 Portionen. Wegen des immensen Andrangs wurde die Verteilstation vom Kulturraum Köşk an der Schrenkstraße in den nahen Pfarrsaal der Auferstehungskirche verlegt. Anlass der Hilfsaktion, die durch Spenden getragen ist, war die Schließung der dezentralen Ausgabestellen der Münchner Tafeln am 20. März, darunter auch jene an der Schrenkstraße.

Als "Das Westend tafelt" vor wenigen Tagen in einem Brandbrief Kritik an der Münchner Tafel und den Wohlfahrtsverbänden übte, weil diese auch nach Wochen die dezentralen Ausgabestellen nicht wieder aufgemacht hätten, kam vorübergehend Sand ins Getriebe des Helferapparats. Man verstehe das Argument der Tafel, dass sie ihre Ehrenamtlichen damit schützen wolle, die oftmals aufgrund ihres Alters zur Risikogruppe zählten. Aber die seit Schließung der dezentralen Stationen eingerichtete zentrale Verteilstation an der Großmarkthalle sei für viele Betroffene nur schwerlich zu erreichen. Helfer im Clinch? Der Brief bot Anlass für den Tafel-Vorstand und Matthias Weinzierl von der Westend-Initiative sich auszutauschen. Im Anschluss bekunden beide Seiten ihre gegenseitige Wertschätzung.

Und auch Sozialreferentin Dorothee Schiwy meldet sich zu Wort: Nur dadurch, dass die Münchner Tafel mit knapp 30 Ausgabestellen und 20 000 Klienten pro Woche wegen der Pandemie ihr Angebot zentralisiert und mit eigenem Sicherheitskonzept versehen habe, sei es überhaupt möglich gewesen, die Vergabe aufrecht zu erhalten, "im Gegensatz zu den meisten anderen Tafeln in Deutschland", so Schiwy. Allen Beteiligten sei bewusst, dass die Zentralisierung mit "erheblichen Einschränkungen" verbunden sei. Deshalb hätten Sozialreferat und Wohlfahrtsverbände Überbrückungsangebote geschaffen, etwa den kostenlosen Einkaufsservice über die Sozialbürgerhäuser und Alten- und Servicezentren. Die Tafel selbst, darauf weist deren Sprecherin Angela Zacher hin, ermögliche es auch, dass Nachbarn oder Freiwillige die Lebensmittel für die Bedürftigen abholten. In der Woche von Montag, 11. Mai, an würden zudem die ersten dezentralen Stationen wieder geöffnet in Haidhausen, Milbertshofen und im Hasenbergl; eine Woche später in Ramersdorf, beim Kreativ-Quartier Neuhausen und in Berg am Laim (Tafelgäste-Hotline: 0172/813 39 56).

Eine Sprecherin der Caritas verweist darauf, dass ihr Haus seit Schließung der dezentralen Tische die 4000 Berechtigten ihrer acht Tafeln mit Einkaufsgutscheinen versorge und Einkaufshilfen organisiere. Seit 26. April gibt es außerdem täglich eine warme Mahlzeit an der zentralen Ausgabestelle Schwanthalerstraße 46. "Wir lösen uns erst auf, wenn die andern wieder anfangen", sagt Tafel-Vorstand Weinzierl. Eine Abordnung der Münchner Tafel sei bereits im Saal der Auferstehungskirche gewesen, um die deutlich weitläufigere Ausgabe als die an der Schrenkstraße zu inspizieren - und habe wenig später 60 Kisten Süßigkeiten für die Ausgabe im Westend geschickt. "Zwischen uns herrscht absoluter Friede", sagt Weinzierl.

© SZ vom 11.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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