Schwabing:Krise, Spatzl

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Erst sammelte die Stadtverwaltung Spenden für eine Helmut-Dietl-Statue, jetzt lehnt sie sie ab. Die Schwabinger wollen das nicht hinnehmen.

Von Stefan Mühleisen, Schwabing

Kopfschütteln und Verdruss. Mit diesen Worten fasst Karl Eisenrieder seine eigene und auch die Haltung vieler Kunden zusammen, wenn in seinem "Café Münchner Freiheit" die Sache mit der Dietl-Statue zur Sprache kommt. "Es ist eine Sauerei von der Stadt, dass die die Statue nicht wollen, hat kürzlich einer gesagt", erzählt der Juniorchef des Traditionsbetriebs. Täglich, sagt er, werde er darauf angesprochen. Jedes Mal kopfschüttelnd. "Es ist einfach nicht nachvollziehbar, es gibt keinen plausiblen Grund", sagt er und fügt hinzu: "Wir werden nicht aufgeben."

Die Sache mit der abgelehnten Statue zu Ehren des 2015 verstorbenen Autors und Filmregisseurs Helmut Dietl wühlt offenbar die Münchner auf. Nicht nur im Geschäft in Schwabing, auch in anderen Filialen registriert Eisenrieder wütende Reaktionen zur Entscheidung des städtischen Direktoriums, das Skulpturenprojekt zu stoppen. Doch die Initiatoren zeigen sich entschlossen, nicht klein beizugeben. "Wir geben nicht auf", sagt auch der Vorsitzende des Bezirksausschusses (BA), Werner Lederer-Piloty (SPD), und kündigt an: "Die Statue steht noch in diesem Jahr."

Für ihn wie auch für die Familie Eisenrieder ist die Plastik ein Herzensprojekt. Sie soll an der Münchner Freiheit neben der Skulptur von Helmut Fischer platziert werden, der den Monaco Franze so genial verkörpert hat. Dietl und Fischer, Freunde zu Lebzeiten und im Tode als Monumente vereint vor jenem Café, in dem sie so oft zusammensaßen - das ist die Idee, die auch Witwe Tamara Dietl "ganz wunderbar" fand, wie sie im Frühjahr 2018 zur SZ sagte, als die Initiative ins Rollen kam. Jetzt sagt sie: "Das alles ist nicht nachvollziehbar, ich stimme ins Kopfschütteln mit ein." Ihr verstorbener Mann, so fügt sie hinzu, hätte wohl sicher aus all dem eine kuriose Geschichte gemacht.

Der reale Plot lief bisher so ab: Im Frühjahr 2018 übernahm der Bezirksausschuss, namentlich Lederer-Piloty, die Projektleitung. Der Kulturausschuss des Stadtrates lehnte im April zwar eine Realisierung ab. Als Gründe wurden "mehrere erinnerungskulturelle Bezüge" genannt, die es in der Stadt schon gebe, etwa eine Straßenbenennung nach Helmut Dietl in Berg am Laim. Im Beschluss heißt es aber auch: "Das erinnerungskulturelle Engagement im Stadtbezirk Schwabing-Freimann wird vom Kulturreferat begrüßt und auf die Möglichkeit der Projektförderung für Initiativen aus dem Bezirk verwiesen." Durch das BA-Budget gebe es Spielräume, "die eine Realisierung ermöglichen". Der BA verstand das als Ermutigung, stellte 25 000 Euro zur Verfügung; die Familie Eisenrieder sicherte den gleichen Betrag zu.

Mit Spenden kamen so 80 000 Euro zusammen. Das Geld kam auf ein Konto, welches das Direktorium, die zentrale Koordinierungsbehörde des OB-Büros, eigens einrichtete. Das Projekt stockte jedoch, weil die Behörde das Geld nicht an den designierten Schöpfer der Skulptur auszahlen wollte: Der Bildhauer Nikolai Tregor, Urheber etwa der Sophie-Scholl-Büste im LMU-Gebäude, hatte einst die Monaco-Franze-Plastik geschaffen und wünscht sich, auch den Dietl-Auftrag ausführen zu dürfen. Doch die Rede war plötzlich von Unterhaltsforderungen an Tregor - und davon, dass das Geld womöglich gepfändet wird. Die Gefahr bestehe, so hieß es vom Direktorium, dass die Spenden an Gläubiger flössen. Daraufhin ersuchte der BA die Künstlerin Elke Härtel, Entwürfe auszuarbeiten, die sie bald im Gremium vorstellen sollte. Doch dazu kam es nicht: Das Direktorium teilte jetzt mit Verweis auf den erwähnten Stadtratsbeschluss mit, "dass die Landeshauptstadt München der Errichtung der Statue (...) nicht zustimmen kann". Die Spenden würden nun zurückgezahlt.

"Es ist unfassbar", kommentiert dies BA-Chef Lederer-Piloty und äußert sein Unverständnis, dass die Stadtverwaltung das Projekt zunächst unterstützt, selbst ein Spendenkonto eingerichtet habe und dann plötzlich eine Kehrtwende mache. "Der Beschluss des Stadtrates hat uns nicht untersagt, eine Statue zu realisieren. Es gibt kein Verbot. Das Direktorium interpretiert den Beschluss falsch", zeigt er sich überzeugt.

Einer der Entwürfe von Nikolai Tregor. (Foto: Stephan Rumpf)

Er will nun das Projekt ganz ohne städtische Beteiligung abwickeln. Dazu soll zunächst ein Verein ausfindig gemacht werden, der Spenden annehmen und als federführende Organisation firmieren kann. Dabei sieht er Künstler Tregor wieder im Spiel. Schließlich soll das Kunstwerk ja neben der Monaco-Franze-Statue platziert werden, was ohne Zustimmung Tregors wohl nicht möglich sein werde. Laut dem SPD-Politiker hat dessen Rechtsanwalt bescheinigt, dass die Unterhaltsforderungen bereinigt seien. "Helmut Dietl würde sagen: so ein G'schiss", sagt Lederer-Piloty. "Wir hoffen jetzt auf ein deutliches Signal aus dem Stadtrat."

Eine erste Wortmeldung aus dem Rathaus gab es unterdessen bereits. Die CSU-Stadträte Dorothea Wiepcke und Richard Quaas haben einen Antrag mit dem Titel "Dem Wunsch der Bürger entsprechen" gestellt. Die Absicht zur Errichtung einer Skulptur für Helmut Dietl sei durch "zahlreiche nicht unerhebliche Spenden von Privatpersonen und Firmen eindrucksvoll Ausdruck verliehen", heißt es in dem Papier. Die Verwaltung solle Standorte prüfen, "um dieses ergänzende Gedenken zu ermöglichen".

© SZ vom 07.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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