Die Zahl der Kinder steigt langsamer an als prognostiziert:Schulbauprogramm gerät ins Stocken

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Das Max-Planck-Gymnasium steht auf der Warteliste des Schulbauprogramms. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Nach den ersten beiden Investitionsrunden muss die Stadt auf die Bremse treten: Die Verschiebung von Projekten soll bis 2025 eine Milliarde Euro einsparen

Von Sonja Niesmann

München wächst, und mit der Einwohnerzahl steigt auch die Schülerzahl. Allerdings nicht ganz so heftig, wie noch vor einigen Jahren angenommen: Laut der jüngsten Modellrechnung, die kürzlich im Bildungsausschuss vorgestellt worden ist, werden es im Schuljahr 2040/41 insgesamt 160 000 Schülerinnen und Schüler an Einrichtungen aller Träger, also nicht nur städtischen und staatlichen, sein. An Realschulen werden es rund 22 000 sein, das sind 550 weniger, als die Prognosen vor vier und auch noch vor zwei Jahren vorausgesagt hatten. Mit rund 55 200 Gymnasiastinnen und Gymnasiasten wird zu diesem Zeitpunkt gerechnet, 500 weniger als noch 2019 prognostiziert. Auch wenn die Kurve also in den kommenden zwei Jahrzehnten etwas abflacht, wird es, so ist einer Information des Referates für Bildung und Sport (RBS) zu entnehmen, keinerlei Abstriche geben an der Schulbauoffensive, diesem höchst ehrgeizigen Programm, für das der Stadrat bislang in drei Runden 96 Projekte - Sanierungen, Erweiterungen, Neubauten - für insgesamt 6,5 Milliarden Euro beschlossen hat.

Am stärksten betroffen ist das dritte, im November 2019 verabschiedete Paket

Allerdings läuft dessen Realisierung nicht so geschmeidig und flott, wie die Stadt und vor allem viele unter Raumnöten, fehlenden Sporthallen oder anderen, kaum mehr zumutbaren Mängeln ächzenden Schulfamilien es gehofft haben. Wegen Corona muss gespart werden, die Schulbau- und Kita-Programme müssen dazu in den Jahren 2020 bis 2025 eine Milliarde Euro an Einsparpotenzial beitragen - durch "Verschiebungen und Streckungen", wie Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD) schon vor einem Jahr angekündigt hat. Erwartbar am stärksten trifft dies das dritte, im November 2019 verabschiedete Programm. Bei der Finanzplanung wurden laut RBS die "jeweils spätest möglichen Termine für die Inbetriebnahme zugrunde gelegt". Ziel war ursprünglich, zwischen 2024 und 2027 den größten Teil erledigt zu haben, nun verschiebt sich der Schwerpunkt auf 2027.

Bei einigen Projekten dauert es sogar noch länger, so soll etwa die neue Realschule an der Forstenrieder Allee, die als Ausweichquartier für die stark sanierungsbedürftige Joseph-von Fraunhofer-Realschule dienen soll, erst 2029 in Betrieb gehen. Auch die neue Grundschule an der Westend-/Zschokkestraße wird voraussichtlich erst 2028 fertig sein; da die ersten Wohnungen im Neubaugebiet auf dem ehemaligen Busbetriebshof aber schon 2027 bezugsfertig sein werden, muss so lange die Grundschule an der Schrobenhauser Straße in Laim die Kinder unterbringen. Von insgesamt 30 Maßnahmen in diesem Paket sind laut einer Auflistung des RBS 27 in einem sehr frühen Stadium, beim sogenannten Nutzerbedarfsprogramm. Allein für den Grundschulneubau am Mariahilfplatz liegt bereits die Ausführungsgenehmigung vor, dieser müsse wegen des neuen Wohngebiets auf dem Paulaner-Areal planmäßig 2023 fertig werden, heißt es. Für das erst 2016 eröffnete und schnell zu klein gewordene Gymnasium an der Knorrstraße im Münchner Norden, eine Eliteschule des Sports, ist immerhin die Projektgenehmigung für die Erweiterung erteilt.

Acht Vorhaben werden später fertig als zunächst geplant

Für das erste, im Februar 2016 beschlossene Paket und das zweite, 2017 verabschiedete Paket meldet das RBS: Mission fast erfüllt. Rund 80 Prozent der Vorhaben seien entweder fertig, schon im Bau oder wenigstens in einem derart fortgeschrittenen Planungsstadium, dass keine Veränderungen oder bösen Überraschungen mehr zu erwarten seien. So konnte zum Beispiel zum neuen Schuljahr die Marieluise-Fleißer-Realschule von der Ludwigsvorstadt in ihr neues Gebäude an der Aschauer Straße in Ramersdorf einziehen. Auch die Grundschule an der Camerloherstraße in Laim, die nun Grundschule an der Von-der-Pfordten-Straße heißt, konnte im September ihre Kinder willkommen heißen. "Gestreckt", wie es Bürgermeisterin Verena Dietl formuliert hat, wurden allerdings acht Vorhaben, darunter die auf dem Gelände der Bayernkaserne: Die beiden Grundschulen werden erst 2023 und 2026 zur Verfügung stehen, ein beziehungsweise zwei Jahre später als vorgesehen. Und auch das Gymnasium auf diesem Gelände steht mit Inbetriebnahme 2025 in der Liste, ein Jahr später als projektiert.

Gedulden müssen sich Klenze-, Max-Planck- und Karlsgymnasium

Bei den Verschiebungen im zweiten Schulbauprogramm hat die Grund- und Mittelschule an der Neuhauser Alfonsstraße den Schwarzen Peter gezogen: Vor 2029 wird das wohl nichts, bis dahin muss sie - so der Plan - Räume einer anderen Grundschule mit nutzen und von 2025 an einen Pavillon im benachbarten Rupprecht-Gymnasium. Dort haben die Arbeiten für die Generalinstandsetzung und Erweiterung begonnen, 2023 sollen sie beendet sein. Gedulden müssen sich dagegen noch Klenze-, Max-Planck-, Karlsgymnasium und weitere. Spätestens 2023 sollten möglichst viele Vorhaben aus dem zweiten Paket umgesetzt sein - aber auch dabei musste die Zeitschiene "teilweise korrigiert" werden. Man habe übrigens, versichert das RBS, bei allen Verschiebungen nicht nur die gesicherte Versorgung aller Schüler sowie den baulichen Zustand der Schulen berücksichtigt, sondern auch die Projekte mit Wohnbauvorhaben in der Stadt abgeglichen.

Über den aktuellen Stand der Schul- und auch der Kita-Bauoffensive will die Verwaltung den Stadtrat im Januar oder Februar 2022 ins Bild setzen und dabei auch einen Ausblick auf die nächsten dringendsten Vorhaben geben. Diese sollten, merkt RBS-Sprecher Andreas Haas an, möglichst noch vor Ende 2022 vom Stadtrat in einer vierten Schulbau-Runde auf den Weg gebracht werden.

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